Georgette Heyer
sagte
Mr. Hendred bissig. «Du hast dich zum ersten Mal in deinem Leben verliebt,
Venetia, und in deinen Augen ist Damerel eine Art Märchenheld!»
Sie brach in helles Gelächter aus. «O
nein, das ist er nicht!» rief sie aus. «Liebster Sir, wie können Sie nur
annehmen, daß ich eine solche Gans bin! Wenn dieses hübsche
Seifenblasenbildchen bedeuten soll, daß eine gräßliche Enttäuschung auf mich
wartet, dann können Sie beruhigt sein!»
«Du zwingst mich, grob heraus zu
reden – und das ist eine sehr widerwärtige Aufgabe für mich! Damerel mag ja
vielleicht die Absicht haben, sein Leben zu ändern, aber alte Gewohnheiten –
der Charakter eines Mannes – sind nicht leicht zu ändern! Ich schätze dich sehr
hoch, Venetia, und es würde mir Verzweiflung und Selbstvorwürfe verursachen,
wenn ich sehen müßte, daß du unglücklich wirst!»
Sie schaute Damerel an. «Nun, mein
lieber Freund?»
«Nun, mein liebes Entzücken?» gab er
mit einem Glitzern in den Augen zurück.
«Glaubst du, daß du mich unglücklich
machen wirst?»
«Nein – aber ich will dir nichts
versprechen!»
«Nein, ich bitte dich, tu das ja
nicht!» sagte sie ernst. «Sobald man verspricht, etwas nicht zu tun, wird es
das Allereinzigste, das man am meisten zu tun wünscht!» Sie wandte sich wieder
dem Onkel zu. «Sie wollen mich warnen, daß er vielleicht weiter Geliebte haben
wird und Orgien veranstalten, und – und – und so weiter, nicht, Sir?»
«Besonders und so weiter!» warf
Damerel ein.
«Na, wie soll ich denn alle die
gräßlichen Sachen kennen, die du machst? Die Sache ist die, Onkel, daß ich
glaube, ich werde es nie wissen.»
«Von meinen Orgien würdest du
wissen!» wandte Damerel ein.
«Ja, aber die würden mir nichts
machen, hie und da. Schließlich wäre es ganz unvernünftig, von dir zu wünschen,
daß du alle deine Gewohnheiten änderst, und ich kann mich ja immer ins Bett zurückziehen,
nicht?»
«Oh, wirst du ihnen nicht präsidieren?»
sagte er sehr enttäuscht. «Doch, Liebster, wenn du es von mir wünschst»,
antwortete sie und lächelte ihn an. «Werden sie mir Spaß machen?»
Er streckte seine Hand aus, und als
sie ihre hineinlegte, hielt er sie sehr fest. «Du sollst eine prachtvolle Orgie
bekommen, mein liebes Entzücken, und sie wird dir bestimmt sehr viel Spaß
machen!»
Zum Glück – da der vielgeprüfte Mr.
Hendred erschreckende Anzeichen zeigte, das Ende des Erträglichen erreicht zu
haben – öffvete sich eben in diesem Augenblick
die Tür, und Imber kam mit dem Teetablett herein. Er setzte es vor Venetia
nieder, die sofort eine Tasse einschenkte, sie ihrem Onkel reichte und sagte:
«Ich weiß, Sie würden es nicht wagen, etwas zu essen, Sir, aber Tee tut Ihnen
doch immer gut, nicht?»
Das konnte er nicht leugnen, und der
Tee übte wirklich eine wohltätige Wirkung auf ihn aus, denn als er seine zweite
Tasse ausgetrunken hatte, hatte er die Heirat so weit als unvermeidlich
akzeptiert, daß er von Damerel zu wissen verlangte, ob er überhaupt eine
Vorstellung habe, wie es um seine Angelegenheiten stehe, wieweit er
verschuldet sei und in welchem Stil er seine Frau zu erhalten gedenke.
Diese unheilschwangeren Fragen
wurden in einem Tonfall lähmender Ironie gestellt, aber Damerels Antwort war
äußerst präzis. «Ich weiß genau, wie es um meine Angelegenheiten steht – wie
hoch meine Schulden sind, und was meine verfügbaren Aktiva eintragen werden.
Ich werde zwar nicht imstande sein, meine Frau luxuriös zu erhalten, bin aber
überzeugt, ihr Komfort bieten zu können. Ich habe das alles mit meinem
Kommissionär durchgesprochen – vor einem Monat. Er erwartet nur meine Anweisungen,
so vorzugehen, wie wir es abgesprochen haben.»
Zwar in die Enge getrieben, aber
trotzdem immer noch voll Angriffslust, ging Mr. Hendred munter wieder los:
«Und eine Apanage?» fragte er.
«Natürlich!» sagte Damerel und zog
die Augenbrauen ungewohnt hochmütig hoch.
Hier betrat Venetia den Ring. «Ich
mag vielleicht nicht viel über Orgien wissen, aber jetzt sprecht ihr von etwas,
das ich wirklich verstehe!» verkündete sie. «Und in einer völlig idiotischen
Art auch noch dazu! Verfügbare Aktiva bedeuten deine Rennpferde und deine Jacht
und die Postpferde, die du über ganz England verstreut hältst, und ich weiß
nicht, was noch alles! Es ist nicht im geringsten nötig, daß du sie loswirst,
und was eine Apanage für mich betrifft, warum zum – nun, zum Teufel auch,
sollst du sie mir aussetzen, wenn
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