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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Venetia und der Wuestling
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an einen imaginären Degengriff legte, war zuviel für Venetias Ernsthaftigkeit
– sie brach in ein Gelächter aus, das ihn zu dem Ausruf bewog: «Du lachst, aber
ich habe dort gelebt, wo das Leben nicht viel wert ist! Ich versichere dir,
daß ich keine Hemmung hätte, diesen Kerl zu fordern, sollte er dir auch nur den
kleinsten Affront bieten!»
    Worauf Venetia durchaus nicht
überrascht war, als zwei Tage später der Landauer Lady Denny in Undershaw
absetzte. Aber es sickerte bald durch, daß es der Zweck des Besuches Ihrer
Gnaden nicht so sehr war, ihre junge Freundin zu warnen, sich vor einer
Begegnung mit einem notorischen Wüstling zu hüten, als vielmehr einen
gemütlichen Klatsch über ihn zu genießen! Sie hatte doch tatsächlich mit ihm
gesprochen! Ja, mehr als das: Sir John hatte ihn zufällig getroffen und die
Gelegenheit zu dem Versuch ergriffen, ob er Damerels Unterstützung in
irgendeiner Angelegenheit der Pfarre gewinnen konnte. Und da er ihn absolut
zuvorkommend fand, hatte er ihn nach Ebbersley mitgebracht, um die Sache weiter
mit ihm zu diskutieren, und hatte ihn schließlich eingeladen, dort das
Mittagessen einzunehmen.
    «Du kannst dir meine Verblüffung
vorstellen, als die beiden plötzlich hereinkamen! Ich muß gestehen, mein
Liebling, daß ich nicht so ganz erfreut war, denn Clara und Emily saßen gerade
bei mir, und obwohl Clara sich sehr wahrscheinlich, wie ich mir einbilde,
nicht den Kopf verdrehen läßt, ist Emily just in dem Alter, in dem sich die
Mädchen in die untauglichsten Männer verlieben. Aber wie es sich herausstellte,
besteht da nicht die geringste Gefahr – beide Mädchen erklärten, sie hätten
noch nie eine größere Enttäuschung erlebt, denn er sei ziemlich alt und
überhaupt nicht hübsch!»
    «Alt?!» rief Venetia unwillkürlich
aus.
    «Nun ja, so dünkte das die Mädchen»,
erklärte Lady Denny. «Er kann nicht über vierzig sein, nehme ich an, wenn er
überhaupt so alt ist. Ich bin nicht ganz sicher – als er ein Kind war, war er
kaum je in der Priory, mußt du wissen, weil Lady Damerel Yorkshire überhaupt
nicht mochte und nie herkommen wollte, außer wenn sie die Gesellschaften bei
Rennen hatten. Du wirst dich nicht an sie erinnern, meine Liebe, aber sie war
eine sehr eingebildete, unangenehme Frau – und das eine muß ich zugunsten ihres
Sohnes sagen: er scheint überhaupt nicht hochnäsig zu sein – das heißt
natürlich, daß er ja auch nicht den geringsten Anlaß hätte, die Nase
hochzuhalten! Außer daß die Damerels eine sehr alte Familie sind, und von dem
Vater dieses Menschen hieß es, daß er, obwohl zwar immer durchaus höflich, aber
schon sehr standesbewußt war. Davon war bei Damerel allerdings nichts zu merken
– ja, mei ner Meinung nach ist Seine Lordschaft sogar zu wenig distanziert!
Ich will damit nicht sagen, daß mir sein Benehmen eine Abneigung einflößte,
aber er hat eine seltsame, abrupte Art, die vielleicht ein bißchen zu sorglos
ist, um mir zu gefallen! Was die Mädchen betrifft, hielten sie ihn für sehr
gewöhnlich – obwohl ich sagen muß, das hätten sie bestimmt nicht, hätte er sich
etwas netter ihnen gegenüber benommen. Er hat kaum mehr als ein Dutzend Worte
mit ihnen gewechselt – und das Banalste außerdem!»
    «Wie schäbig!» sagte Venetia. «Er
ist – ich meine, das klingt ziemlich widerlich!»
    «Ja, aber ich war dankbar dafür!»
sagte Ihre Gnaden ernst. «Bedenke nur, was für Gefühle ich hätte haben müssen,
wenn er sich als ein Mann von einschmeichelnder Rede erwiesen hätte! Und daß
Sir John erklärt hat, die liebe Clara besitze nicht genug Schönheit, um das
Interesse eines solchen Mannes wie Damerel zu fesseln, ist durchaus nicht
richtig von ihm, abgesehen davon, daß es etwas höchst Unnatürliches ist, so
etwas über die eigene Tochter zu sagen! Es wäre ihm sehr recht geschehen, wenn
Damerel Clara wirklich geködert hätte, wenn er ihn uns schon so aufgehalst hat,
wie er das getan hat! Aber alles, was er sagt, ist, daß Damerel nicht in einem
schlechten Verhältnis mit seinen Nachbarn leben will, und daß es ein großer
Unsinn von mir sei, anzunehmen, daß Damerel so schäbig sei, sich zu irgendeinem
Frauenzimmer in Claras Situation unschicklich zu benehmen. Sehr nett gesagt,
wenn doch jeder Mensch weiß, daß Damerel keine Gewissensbisse hatte, eine Dame
direkt unter der Nase ihres Gatten zu verführen!»
    «Wer war das?» unterbrach Venetia
neugierig. «Was ist aus ihr geworden?»
    «Das weiß ich nicht,

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