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Gérards Heirat

Titel: Gérards Heirat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Theuriet
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allerdings unbestimmt auch von Herrn Gérard gesprochen, aber ich bestätige nichts ... Halten Sie sich ruhig, Herr von Seigneulles, Sie könnten sich sonst an meinem Rasiermesser verletzen ...«
    »Erzählen Sie mir alles!« entgegnete der Chevalier mit finsterer Miene.
    Der boshafte Friseur ließ sich nicht lange bitten. Ohne auf die Grimassen Mariens zu achten, die ihm hinter dem Lehnsessel drohend die Faust zeigte, spann er seine Erzählung bis zu Ende weiter und verweilte insbesondere bei dem von Gérard getanzten Kontertanz, bei seiner Bewunderung für die kleine Regina und dem Auftritt mit den schwarzen Handschuhen, und schloß mit dem siegreichen Dazwischentreten von Marius Laheyrard. Herr von Seigneulles hörte ihm zu, ohne sich zu rühren; die Muskeln seines Gesichts waren schlaff, seine Stirne düster geworden, und die Augen glänzten nur noch trübe. Er schien so verdrießlich zu sein, daß Magdelinat fürchtete, er sei doch zu weit gegangen und die Sache dadurch zu verbessern suchte, daß er hinzufügte, alles in allem sei Regina ein ganz hübsches Mädchen, und mancher möchte an Gérards Stelle sein.
    »Genug!« zürnte der finstere Chevalier, »glauben Sie denn, mein Sohn sei fähig, sich an diese Arbeiterin zu hängen?«
    »Ha, wenn das auch wäre,« erwiderte der Barbier lachend, »solange ein junger Mann mit heiler Haut nach Hause kommt, braucht man sich um das übrige nicht zu kümmern.«
    »Aber er kann das junge Mädchen ins Gerede bringen!« rief Herr von Seigneulles entrüstet.
    »Bah! Regina ist schlau genug! Im übrigen sind dasihre Sachen und kann für Herrn Gérard doch nicht in Betracht kommen.«
    »Herr ... Magdelinat,« sagte der Chevalier so verächtlich, als er konnte, »diese Moral mag bei euch Krämern in der unteren Stadt gelten; aber hier, bei mir, herrscht der Grundsatz, daß man für den Schaden aufkommt, den man stiftet. Die Seigneulles haben stets tadellos gelebt, und mein Sohn wird auf dieses junge Mädchen Rücksicht nehmen. Ich will nicht, daß er auf einen anstößigen Vergleich oder noch Schlimmeres eingeht. – Marie,« fügte er hinzu, während er sich stolz, erhob und sein Kinn abtrocknete, »Marie, sage Baptist, er solle Bruno satteln!«
    Herr von Seigneulles ging hinaus, ohne Magdelinat, der, von Mariens Vorwürfen überhäuft, seine sieben Sachen zusammenpackte, auch nur noch eines Blickes zu würdigen.
    Als Bruno gesattelt war, kam der Chevalier in seinem langen braunen Ueberrock, den breitränderigen Hut auf dem Kopf, in den Hof hinab, bestieg sein altes Pferd und trat seinen täglichen Spazierritt an. Jeden Morgen machte er, nachdem er seinen Anzug vollendet und die Siebenuhrmesse gehört hatte, einen zweistündigen Ritt in die Umgegend. Aufrecht im Sattel sitzend, verlor er nicht einen Zoll breit von seiner stattlichen Größe und ritt so im Schritt durch die Straßen Juvignys. So oft er an einem der gipsenen Muttergottesbilder vorbeikam, welche die Häuser der Weingartner zieren und die am Marienfest mit einer blauen Traube geschmückt werden, versäumte er es nie, Bruno anzuhalten und fromm das Haupt zu entblößen. Er mußte in sehr ernste Gedanken versunken sein, denn an diesem Tag bemerkte er weder die rebumwachsenen Häuser, noch die Madonnenbilder. Er hatte das Haupt gesenkt und grübelte bekümmert über Magdelinats Klatscherei nach.
    »Also ist Gérard der Ansteckung doch nicht entgangen,« dachte er. »Ich habe ihn vergeblich überwachen und fromm erziehen lassen und ihm den Anblick einer leichtfertigen,gottlosen Welt vorenthalten – es hat nichts genutzt! ... Elendes Jahrhundert!« fuhr er fort und versetzte Bruno, der sich die Zerstreuung seines Herrn zu nutze gemacht und begonnen hatte, die jungen Triebe einer Hecke abzugrasen, einen Hieb mit der Reitgerte, »Zeitalter ohne Grundsätze und ohne Ehrfurcht, deine Verderbnis teilt sich selbst den nach den heiligsten Grundsätzen gebildeten Seelen mit! Sich auf einem solchen Balle bloßzustellen! Hat Gérard denn gar kein Schamgefühl? ... Es ist schrecklich, Söhne zu haben! Sobald sie ihre zwanzig Jahre fühlen, gleichen sie jenen Weinen, die zur Zeit der Traubenblüte in Gärung treten und die Flaschen zersprengen, wenn man nicht aufpaßt ... Zum Kuckuck, sind denn die Herzen der jungen Männer stets dieselben?«
    Mein Gott, ja, alle sind gleich! Und wenn Herr von Seigneulles, der einen von Lindenbäumen begrenzten Rain entlang ritt, nur umgeschaut hätte, so würde er gesehen haben, daß in der

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