Gesammelte Werke 1
rasselndes Getöse. Sef setzte sich auf.
»Ein Panzer«, sagte er nachdenklich. »Erledigen wir ihn? Weit ist es nicht, im achtzehnten Quadrat. Nein, verschieben wir’s auf morgen.«
Maxim traf seine Entscheidung schnell. »Ich nehme ihn mir vor. Geht, ich hole euch ein.«
Sef sah ihn zweifelnd an. »Wirst du das schaffen? Womöglich fliegst du in die Luft.«
»Mak«, warnte Wildschwein. »Überlegen Sie sich das.«
Sef musterte Maxim, und dann grinste er. »Also deshalb brauchst du einen Panzer. Der Junge ist ein Fuchs! Nein, mich legst du nicht aufs Kreuz. Gut, hau ab, das Abendessen heb ich dir auf. Wenn du’s dir anders überlegst, komm. Und denk dran, viele Selbstfahrlafetten sind vermint. Sei vorsichtig, wenn du darin herumkramst. Gehen wir, Wildschwein. Er holt uns ein.«
Wildschwein wollte noch etwas sagen, aber Maxim war schon aufgestanden und lief auf die Schneise zu. Er mochte nicht mehr reden. Er beeilte sich und blickte nicht zurück. Den Granatwerfer hielt er unter dem Arm. Jetzt, da er sich dazu entschlossen hatte, war ihm leichter. Und entscheidend für sein Vorhaben waren sein Können und seine Erfahrung.
14
Gegen Morgen steuerte Maxim den Panzer auf die Chaussee und wendete ihn mit dem Bug nach Süden. Er hätte jetzt losfahren können, kletterte aber noch einmal aus der Kabine hinaus, sprang auf den zermalmten Beton und setzte sich an den Rand des Straßengrabens. Seine beschmierten Hände säuberte er im Gras. Der rostige Koloss tuckerte friedlich neben ihm; die scharfe Raketenspitze war in den trüben Himmel gerichtet.
Maxim hatte die Nacht durchgearbeitet, doch er spürte keine Müdigkeit. Das Fahrzeug war solide gebaut und befand sich in gutem Zustand. Es war nicht vermint und besaß sogar eine Handsteuerung. Sollte sich tatsächlich jemand mit so
einem Gefährt in die Luft gesprengt haben, konnten nur Reaktorverschleiß oder technischer Unverstand die Ursache gewesen sein. Zwar kam der Reaktor nur auf ein Fünftel der normalen Leistung, und das Fahrwerk war schon ziemlich abgenutzt, aber Maxim war zufrieden - gestern hatte er nicht einmal darauf zu hoffen gewagt.
Es war gegen sechs Uhr morgens und bereits hell. Um diese Zeit ließ man die Sträflinge zu karierten Kolonnen antreten, hastig frühstücken und trieb sie dann hinaus zur Arbeit. Maxims Abwesenheit war mittlerweile gewiss bemerkt worden. Gut möglich, dass er jetzt als flüchtig galt und schon verurteilt war. Vielleicht hatte Sef auch eine Ausrede gefunden - Mak hat sich den Fuß verstaucht, ist verwundet oder sonst etwas.
Im Wald wurde es still. Die »Hunde«, deren gegenseitiges Geschrei die ganze Nacht über zu hören gewesen war, hatten sich beruhigt. Sicher waren sie in das unterirdische Gewölbe gekrochen und rieben sich kichernd die Pfoten bei dem Gedanken, wie sie gestern die Zweibeiner erschreckt hatten. Mit diesen »Hunden« würde man sich gründlich befassen müssen; vorerst allerdings war anderes wichtiger. Ob sie die Strahlung wahrnahmen? Merkwürdige Wesen. Als er nachts am Triebwerk herumbastelte, saßen zwei von ihnen geduldig hinter den Sträuchern und beobachteten ihn heimlich. Dann kam ein dritter hinzu und kletterte gar auf einen Baum, um besser sehen zu können. Maxim hatte sich aus der Luke gelehnt und ihm zugewunken, und um ihn zu necken, wiederholte er, so gut er konnte, das viersilbige Wort, das der Chor skandiert hatte. Der auf dem Baum wurde furchtbar wütend, sein Fell sträubte sich, die Augen funkelten, und er stieß kehlige Beleidigungen aus. Die beiden hinter den Sträuchern schockierte das offenbar so sehr, dass sie augenblicklich verschwanden und nicht mehr zurückkehrten. Der »Rohrspatz« aber konnte sich nicht beruhigen und kam noch lange nicht
herunter. Er fauchte und spuckte, gab sich den Anschein, als wollte er angreifen, und bleckte seine weit auseinanderstehenden weißen Zähne. Erst gegen Morgen trollte er sich - er hatte wohl begriffen, dass Maxim nicht beabsichtigte, sich ehrlich mit ihm zu schlagen. Vernunftbegabt im menschlichen Sinne waren die »Hunde« wohl nicht, immerhin aber recht drollig und bestimmt eine organisierte Macht, da sie eine ganze Garnison mit dem Herzogprinzen an der Spitze aus der Festung verdrängt hatten. Wie wenig Informationen man hier doch hatte, immer nur Gerüchte und Legenden. Wie gern hätte sich Maxim jetzt gewaschen; er war voller Rost, zudem leckte der Reaktor, und die Strahlung brannte auf seiner Haut. Sollten Sef und der Einarmige
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