Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
Vom Netzwerk:
Zweck. Ich muss mich dran gewöhnen. Vielleicht liegen Hunderte Kilometer Weg vor mir, die von Galgen gesäumt sind.
    Als er sich das nächste Mal aus der Luke lehnte und zurückblickte, war der Kontrollposten nicht mehr zu sehen, auch der einsame Galgen war verschwunden. Schön wäre es, jetzt nach Hause zu fahren, träumte Maxim. Immer weiter zu fahren und zu fahren - und dann: zu Hause, Mama, Vater, die Jungs. Ankommen, aufwachen, sich waschen und ihnen dann den Albtraum von der bewohnten Insel erzählen. Er versuchte, sich die Erde vorzustellen, doch es gelang ihm nicht. Da war nur der seltsame Gedanke, dass es dort saubere, heitere Städte gab und viele gute und kluge Menschen, die einander alle vertrauten, kein Rost, kein Gestank, weder Strahlung noch schwarze Uniformen, keine rohen, viehischen Gesichter, unheimliche Legenden, vermischt mit einer noch unheimlicheren Wahrheit. Nichts von alledem. Und plötzlich dachte er, dass all dies ja auch auf der Erde hätte geschehen können, und dann wäre er jetzt so wie alle anderen ringsum - unwissend, betrogen, unterwürfig und ergeben. Du warst doch so erpicht auf eine richtige Aufgabe, dachte er. Bitte sehr, da hast du sie. Sie ist schwer und schmutzig, aber du wirst anderswo kaum eine finden, die so wichtig ist wie diese.
    Vor ihm auf der Chaussee erschien ein Gefährt, das langsam in dieselbe Richtung kroch - nach Süden. Es war ein kleiner Raupenschlepper, der einen Hänger mit metallenem Gitterbalken zog. In der offenen Kabine saß ein Mann im
Sträflingskittel und rauchte Pfeife; er warf einen gleichmütigen Blick auf den Panzer und Maxim und wandte sich ab. Was ist das für ein Trägerbalken?, grübelte Maxim. Diese Konturen … Dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen, dass es sich um ein Bauteil für einen Turm handelte. Es jetzt in den Straßengraben schieben, dachte er, und zweimal drüberrollen. Er starrte immer noch hin. Sein Gesichtsausdruck gefiel dem Sträfling anscheinend gar nicht, denn der bremste jäh und stellte einen Fuß auf die Raupenkette, bereit, nötigenfalls abzuspringen. Maxim drehte sich nach vorn.
    Etwa zehn Minuten später entdeckte er den zweiten Kontrollpunkt. Es war der äußerste, südlichste Posten der karierten Sklaven, die ja vielleicht gar keine Sklaven waren, sondern die freiesten Menschen im Land. Maxim sah zwei mobile Häuschen mit blitzenden Zinkdächern und eine flache, künstliche Anhöhe, auf der ein niedriger Bunker mit schmalen, dunkel erscheinenden Schießscharten stand. Oberhalb des Bunkers waren schon die unteren Segmente eines Turms zu erkennen, und ringsum lagen Eisenträger herum, standen Kranwagen und Traktoren. Den Wald hatte man rechts und links der Chaussee auf einige Hundert Meter gerodet, an einer Stelle dieses offenen Geländes hantierten Menschen in karierter Kleidung. Hinter den Häuschen sah Maxim eine langgezogene Baracke, wie es sie auch im Lager gegeben hatte. Davor trockneten an Wäscheleinen graue Lumpen. Etwas weiter entfernt erhob sich neben der Chaussee ein hölzerner Wachtturm. Auf seiner Plattform patrouillierte ein Posten in grauer Armeeuniform und einem tief ins Gesicht gezogenen Helm. Dort stand auch, auf einem Dreifuß, ein Maschinengewehr. Unter dem Turm lungerten ein paar Soldaten; sie rauchten und schienen fast umzukommen vor Mücken und Langeweile.
    Die passiere ich auch ohne Mühe, dachte Maxim. Ist ja am Ende der Welt, da pfeift man auf alles. Doch er irrte. Die
Soldaten verloren ihr Interesse an den Mücken und musterten den Panzer. Ein hagerer Soldat, der Maxim an irgendjemanden erinnerte, rückte seinen Helm zurecht, trat mitten auf die Fahrbahn und hob den Arm. Das kannst du dir sparen, fuhr es Maxim durch den Kopf, das nützt dir nichts. Ich will hier durch, und ich komme hier durch. Er glitt hinab zu den Hebeln, machte es sich, so gut er konnte, bequem und stellte den Fuß auf das Gaspedal. Der Soldat auf der Chaussee stand noch immer mit erhobenem Arm da. Gleich gebe ich Gas, beschloss Maxim, lasse den Motor kräftig aufheulen, und dann wird er schon zur Seite springen. Falls er aber nicht springt - er verspürte ungewohnte Härte -, was soll’s: Krieg ist Krieg.
    Da aber erkannte er plötzlich den Soldaten. Es war Gai. Abgemagert, hohlwangig, unrasiert, in einem sackigen Armeeoverall.
    »Gai«, murmelte Maxim. »Menschenskind. Was mache ich jetzt?«
    Er nahm den Fuß vom Gaspedal und kuppelte aus; der Panzer rollte langsamer, blieb stehen. Gai senkte den Arm und kam

Weitere Kostenlose Bücher