Gesammelte Werke
der Theorie: wir müssen heute erklären, was wir beschreiben. Wo? (Für einen Fachmann wieder zu wenig scharf!) H. F. Amiel, zitiert von Csokor: «Es gibt keine Ruhe für den Geist als im Absoluten, keine Ruhe für das Gefühl als im Unendlichen, keine Ruhe für die Seele als im Göttlichen!» Daß dieses Buch solchen Antworten genau so entgegengesetzt ist wie dem Materialismus.
Aus einem Buch, das Welterfolg hatte (S. Salminen, Katrina, aus dem Schwedischen bei Inselverlag): Wenn ich mich so ein bißchen daran gewöhnte, könnte ich wohl auch solche Stellen schreiben. Das ist das Entstehen einer Doppelwelt, einer Doppelperson – erzählt. Aber ich will eben nicht. Jeder Begabte kann diese Tradition fortsetzen. Und so habe ich denn lieber das Ungenießbare versucht. Einer muß einmal Knoten in diesen endlosen Faden machen.
Es handelt sich hier vorläufig noch um die Analyse friedlicher Zeiten (so zum Beispiel Leben/Wissen), die pathologischer hat davon aber ihre Grundlage (in der Folge, gegen Mobilisierung zu, wird sich davon auch noch einiges zeigen.)
Es ist sehr anmaßend: ich bitte mich zweimal zu lesen, im Teil und im Ganzen.
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9
Vermächtnis
[Notizen]
Die unnötige Breite. Eine Funktion des Verständnisses.
Ironie ist: einen Klerikalen so darstellen, daß neben ihm auch ein Bolschewik getroffen ist. Einen Trottel so darstellen, daß der Autor plötzlich fühlt: das bin ich ja zum Teil selbst. Diese Art Ironie – die konstruktive Ironie – ist im heutigen Deutschland ziemlich unbekannt. Es ist der Zusammenhang der Dinge, aus dem sie nackt hervorgeht. Man hält Ironie für Spott und Bespötteln.
Mystik: Man kann nur jedem Leser raten: leg dich an einem schönen oder auch an einem windigen Tag in den Wald, dann weißt du alles selbst. Es darf nicht angenommen werden, daß ich nie im Wald gelegen bin.
Am schwersten trifft: das heutige Elend. Aber ich muß mein Werk tun, das ohne Aktualität ist, ich muß es zumindest fortführen, nachdem es vorher begonnen wurde.
Warum das Problem nicht abseitig ist.
Die praktische (politischsoziale) Brauchbarkeit eines solchen Buchs (Avantgarde.)
Auch Wilhelm Meister ist wohlhabend gewesen.
Die Leute verlangen, daß Ulrich etwas tut. Ich habe es aber mit dem Sinn der Tat zu tun. Heutige Verwechslung. Natürlich muß zum Beispiel Bolschewismus geschehn; aber a) nicht durch Bücher b) haben Bücher noch andere Aufgaben ...
(Es muß an wohlhabenden Menschen etwas sein, das sie Thomas Mann bewundern läßt. An meinen Lesern, daß sie einflußlos sind.)
Das Religiöse heute «verdrängt» (das muß irgendein historischer Prozeß sein). Dieses Buch ist religiös unter den Voraussetzungen der Ungläubigen.
Immer: ein geistiges Abenteuer, eine geistige Expedition und Forschungsfahrt. Partiallösungen nur ein Ausdruck dafür. Hier in der Tat in einem anderen Lebenszustand. Aber ich schreibe es nicht deshalb, sondern weil es eine Grunderscheinung unserer Moral berührt. Ein Dichter kann vielleicht nicht sagen: Grunderscheinung; aber es muß eine tiefere sein als die äußere. Dann ist es unabhängig von Entwicklungen.
Man erzählt um des Erzählens willen, um der Bedeutung der Geschichte willen, um der Bedeutung willen: drei Stufen,
Nachwort: Dieses Buch mußte aus Geldmangel vor dem Höhepunkt abgebrochen werden, und es ist ungewiß, ob es weitergeführt wird.
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10
Ich kann nicht weiter
[Abgebrochen]
Ich schreibe von mir selbst, und seit ich Schriftsteller bin, geschieht es zum ersten Mal. Was ich zu sagen habe, steht in der Überschrift. Es ist kältester Ernst. Wer mich persönlich kennt, wird wohl wissen, daß mir diese Sprache schwer fällt.
Was heißt: ich kann nicht weiter? Das heißt: Ich — zwei Personen, Mann und Frau —, scheinbar «der guten Gesellschaft angehörend» — besitze in dem Augenblick wo ich mich entschließe, das zu schreiben, ... M. ... G. in bar, außerdem vielleicht die Möglichkeit, durch Verkauf aller meiner Besitztümer, wenn ich noch die Zeit dazu hätte, ... M. zu gewinnen, und außerdem nichts, denn auf den Ertrag meiner Bücher hat der Verlag seine Hand. Ich glaube, daß man außer unter Selbstmördern nicht viele Existenzen in einem Augenblick gleicher Unsicherheit antreffen wird, und ich werde mich dieser wenig verlockenden Gesellschaft kaum entziehen können. Ich mache hier den einzigen mir möglichen Versuch, mich dagegen zu wehren.
Wie ist es dahin gekommen? Sicher gibt es auch Menschen, die mich fragen werden,
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