Gesammelte Werke
der Überlegung nicht. Ein ehrgeiziger junger Mann rechnet immer mit mehr oder minder großer Naivität mit seinen «Vorgängern» ab (seither habe ich auch schon genug junge Leute getroffen, die es mit mir taten), und es ist ein Zeichen, in welche Richtung ihn seine Unbefangenheit dabei führt. ––––––––
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Vermächtnis [III]
[Abgebrochen]
Es war nicht meine Absicht, diesen Band herauszugeben, ich wünschte vielmehr, dem vor zwei Jahren erschienenen ersten Buch des Mann ohne Eigenschaften das ganze zweite Buch folgen zu lassen. Was mich zwingt, davon abzusehen, läßt sich beschönigend als wirtschaftliche Verhältnisse bezeichnen. ––––––– Für die Zeit vom Frühjahr bis zum Spätherbst des kommenden Jahres, die noch nötig wäre, das Ganze in seiner ursprünglich geplanten Gestalt zu vollenden, fehlen ungefähr 5000 Mark und ihretwegen wird mein Buch Fragment bleiben müssen. Denn daß wir jetzt einen Teil von ihm herausgeben, dient wohl dem Versuch, das Unvorhersehbare anzurufen, aber wir knüpfen wenig Hoffnung daran, denn in Fällen wie dem unseren hat das Unvorhersehbare eine fatale Neigung, sich nach der einsehbaren Absatzstatistik zu richten.
Ich selbst bin nicht in der Lage, irgendetwas daran zu ändern, ja das Scheitern des Werks bedeutet für mich persönlich genau das gleiche wie das Scheitern eines Schiffs auf offenem Wasser. Ich habe alles, was es mir gestattete, mich der deutschen Nation als Dichter aufzudrängen, in der Inflation verloren, mein Leben hängt an einem Faden, der jeden Tag abreißen kann –––––––, und ich habe in den letzten Jahren während der Arbeit am Mann ohne Eigenschaften mehr als einen Augenblick erlebt, wie man ihn seinem Todfeind nicht wünschen soll. Vielleicht bewirkt diese offene Darlegung irgend etwas. Noch immer ist Deutschland ein Land, wo nicht gar wenig Geld zur Förderung geistiger Werke aufgewandt wird. Da es zugleich ein Land der chaotischen geistigen Unterscheidungslosigkeit ist, habe ich freilich wenig Hoffnung.
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Ulrichs Nachwort. Schlußwort
[Entwurf]
Einfall entstanden Mitte Jänner 42. Gedacht an weltpolitische Situation. Das große gelb-weiße Problem. Der kommende neue Abschnitt der Kulturgeschichte. Die eventuelle Rolle Chinas. In kleinerem Rahmen die russisch-westliche Auseinandersetzung. Hexners Frage: wie denken Sie es sich in der Wirklichkeit? wird unaufschiebbar. – Auch der Mann ohne Eigenschaften kann daran nicht vorbeisehn. Das wäre aber ein historischer, philosophischer und so weiter Essayband, oder der letzte der Aphorismenbände. Ich habe schon vorher notiert: die Arbeit am Rapial ist gleichbedeutend mit der Liquidierung von Band I.
Außerdem beeinflußt von dem neuen Interesse, das mir Dostojewski einflößt. Den Eindruck flüchtig als Notiz für meinen Stil notiert. Ich möchte einen Aufsatz über seinen Journalismus schreiben. Über seine Auslegung durch Shnadow[?], über den Panslawismus, die Puschkinrede und so weiter. Vor dem augenblicklichen Hintergrund ergibt es Gedanken über Rußland, die auszudenken ich noch nicht einmal versucht habe.
In den Band II/2 ist das nicht aufzunehmen, obwohl es ihn sehr berührt.
Auf diese Art dazu gekommen, irgendwie abzuschließen und (statt oder nach Eine Art Ende) ein Nachwort, Schlußwort, Ulrichs zu schreiben.
Der gealterte Ulrich von heute, der den zweiten Krieg miterlebt, und auf Grund dieser Erfahrungen seine Geschichte, und mein Buch, epilogisiert. Das ermöglicht, die Pläne ca. der Aphorismen mit dem aktuellen Buch zu vereinigen. Es ermöglicht auch, die Geschichte und ihren Wert für die gegenwärtige Wirklichkeit und Zukunft zu betrachten.
Ins Lot zu rücken: die romantische oder gar Pirandellosche Ironie des: die Figur über den Autor.
Die Geschichte der Personen, geschichtlich betrachtet.
Wichtig: die Auseinandersetzung mit Laotse, die Ulrich, aber auch meine Aufgabe, verständlich macht, von Ulrich nachträglich durchgeführt. (Abd’dul Hasan Summun und der Sufismus.) Als eine Geschichte über ihn erzählt, wäre die Geschichte von Agathe und Ulrich eindrucksvoller geworden.
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