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Gesammelte Werke

Titel: Gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W. Theodor Adorno
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herkömmlichen Kategorien wissenschaftlicher Methode dar, umreißt den Begriff der Metaphysik, bringt ein Kapitel über religionsphilosophische Richtungen, referiert Thesen zum Problem der Willensfreiheit und kulminiert in einem Abschnitt über Skepsis. Diese wird im Sinn stetigen Fortschritts der Erkenntnis durch Selbstkorrektur friedlich ausgelegt. Der zweite Teil, »Society« überschrieben, wird beherrscht vom Begriff des Individuums. Dessen Konflikte mit der Gesellschaft sind nicht verschwiegen, aber der Begriff Individuum selber bleibt ungemindert in Kraft. Insgesamt sucht das Buch eigener Stellungnahme sich zu enthalten: es läßt vor dem Studenten als virtuellem Beobachter die philosophischen Argumentationsreihen wie auf einer Leinwand abrollen – mit der Tendenz, durch Präsentation von Argument und Gegenargument Extreme zu harmonisieren und eben jenem mittleren gesunden Menschenverstand Rechnung zu tragen, den die philosophische Gesinnung aufzuheben sich vornimmt. Jedoch es bleibt zu bezweifeln, ob selbst bei strikt tendenzloser Beschränkung auf das Prinzip bloßer Wiedergabe auch nur diesem Gerechtigkeit widerführe. Die elementare Methode, die sich den Lernenden als voraussetzungslos vorstellt, steht jedenfalls in deutlichem Gegensatz zu der Auffassung des Buches selber, daß Philosophie nur auf der Stufe vorgeschrittener geistiger Erfahrung gelehrt werden könne. Doch hat das Buch vor üblichen Textbüchern fraglos den Vorzug, daß es Philosophie nicht in Gestalt systematisch oder historisch verdinglichter ›Resultate‹ übermittelt, sondern den Begriff in seiner wie immer auch bescheidenen Bewegung demonstriert.
     
    Ca. 1939
     
     

 
    Maximilian Beck, Psychologie. Wesen und Wirklichkeit der Seele. Leiden: A.W. Sijthoff 1938.
     
    Wenn der Gegensatz von neuer Ontologie und neuem Positivismus der Kritik weniger starr sich darstellt, als die beiden Schulen es Wort haben wollen; wenn manche Erfahrung darüber belehrt, wie leicht heutzutage Nominalisten und Realisten sich verständigen können, und den Verdacht aufdrängt, im Entscheidenden stimmten sie überein, dann läßt ohne viel Kritik und Erfahrung eines jedenfalls sich behaupten: die neueste Metaphysik ist durchwegs des Angriffs würdig, der sie als Geschwätz in die Dachkammern des Geistes verscheuchen möchte. Zum Beleg seien einige Passagen aus der »Psychologie« von Beck angeführt, einem Nachkömmling der phänomenologischen Schule. Wie in ähnlichen Fällen ist vorweg zuzugestehen, daß die Zitate aus dem Zusammenhang gerissen sind, der freilich zur Rechtfertigung nie und nimmer ausreichte. Der Glaube an einen Zusammenhang, in dem alles zum Besten sich wende, ist längst zur Ausrede geworden, der Verantwortung für das bestimmt Geprägte sich zu entziehen. Die Wahrheit ist das Ganze, aber ihre Elemente sind nicht die Kalauer.
    »An den Anfang dieses Buches die erstaunliche Feststellung: Das Wesen des Seelischen selbst in seiner ureigensten Reinheit, in seiner völligen Unvergleichlichkeit hat man wissenschaftlich überhaupt noch gar nicht gesehen« (1).
    »Jeder kennt seelische Phänomene« (1).
    »... was Bewußtsein denn eigentlich sei. Die verblüffend einfache Antwort lautet: Es ist das, was alle Theorien, denen Bewußtsein ein Problem ist, völlig übersehen, wenn sie durch die tiefsinnigsten und großzügigsten metaphysischen Theorien es zu lösen versuchen: nämlich es selbst!« (4)
    »Die Seelenhaltung des Annehmens müßte übersetzt werden mit ›Akzeptieren‹« (157).
    Aus der Begründung der »absoluten Wahrheit des Satzes ›Jeder ist seines Schicksals Schmied‹«: »... wie sind die allernormalsten Fälle zu erklären, wie etwa dieser: Sehe ich nicht, höre ich nicht den die Axt schwingenden Mörder in meinem Rücken – ahnungslos froh und zuversichtlich kann ich sein« (226).
    »Es gibt eine Blindheit, die nur Scheuklappe des im Beschränktesten umso wacheren Bewußtseins ist« (227).
    »Seine Dialektik mag klappern – jene Intuition aber tönt fest und sicher, als tiefer Orgelpunkt konstant begleitend das Klappern im hinfälligen Diskant« (247).
    »Das Rind frißt die Blumen. Der Mensch lebt seine Seele. Beide sehen die Wirklichkeit nicht, die da ist« (253).
    »Irreal also ist das Leid. Denn Leid scheint, was in Wahrheit Freude ist. Und nur Erkenntnishaltungen, die im Allgemeinen, Schematischen, Abstrakten stecken bleiben und nicht bis in die Tiefe und Breite besonderer Konkretheit jeweiligen seelischen Lebens

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