Gesetz der Lust
starrte seinem Freund nach und rieb sich das Kinn. Alex wusste noch immer, wie man zuschlagen musste.
Er wartete und hoffte, dass Lynx einfach in den Wagen steigen und abfahren würde. Stattdessen nahm sein Freund einen dicken Umschlag vom Beifahrersitz und kam damit zurück.
“Lies das und weine, du störrischer Hund.” Alex warf den Umschlag auf die Veranda, wandte sich um und ging zum Wagen. Er öffnete die Tür, stieg ein und ließ das Fenster herunter. “Und versuche, nachts zu schlafen, wenn du daran denkst, womit diese Schlächter davonkommen!”
Marcs Hals war ganz eng. Er musste es Alex erklären. Es war gar nicht so, dass er nicht wollte. Er hatte keine andere Wahl. Auf einer Mission wäre er nutzlos.
“Alex.” Lynx zögerte, ehe er den Wagen startete. “Alex”, sagte Marc noch einmal. “Ich … ich kann nicht.”
Etwas in seinem Ton musste seinen Partner erreicht haben, denn Alex blickte auf seine aufgeschürften Fingerknöchel und schwieg. Als er endlich sprach, klang seine Stimme sanft.
“Sag mir zum Teufel, was hier eigentlich los ist. Warum hast du dich in den letzten zwei Jahren geweigert, eine Mission zu übernehmen?”
Marcs ganzer Körper spannte sich an. “Das ist doch nichts Besonderes. Ich war beinahe die Hälfte meines ganzen verdammten Lebens in dem Geschäft. Die Hälfte meines Lebens habe ich die Kriege anderer Leute gekämpft. Ich wollte aufhören.” Es war keine völlige Lüge, doch die Wahrheit war es auch nicht. Aber es musste genügen. “Pass auf dich auf”, murmelte Marc und schämte sich des Gefühls, das in ihm aufstieg. “Sei kein Dummkopf, wenn du dort bist.”
“Darauf gebe ich dir mein Wort.” Alex’ leuchtend grüne Augen blitzten. “Aber eines musst du mir versprechen. Wenn ich versage, Kumpel, dann musst du kommen und mich rausholen.”
“Hau ab.”
“Versprichst du es mir?”
“Wirst du abhauen, wenn ich es dir verspreche?”
“Okay.”
“Also gut. Ich verspreche es dir, Kumpel.”
Alex wollte die Stimmung ausnutzen. “Aber ich könnte ein wenig Gesellschaft gebrauchen.”
“Hau ab!”
Marc sah dem Wagen nach. Alex würde wiederkommen.
Er setzte sich auf die Stufen der Veranda. Der Umschlag lag hinter ihm, doch er beachtete ihn nicht.
Es dauerte vier Tage, bis er den Mut fand, ihn zu öffnen. Nach weiteren drei Tagen kam die Nachricht, dass Lynx tot war.
1. KAPITEL
D as Gefühl, dass jemand sie beobachtete, weckte Victoria Jones auf. Sekundenlang lag sie ganz still, mit geschlossenen Augen, und ihr Herz schlug heftig.
Das einzige Geräusch im Zimmer war das Knistern des Feuers. Sie fühlte die Hitze, und durch die geschlossenen Augenlider sah sie das Flackern der Flammen. Sie hörte nichts, doch sie wusste, dass jemand im Zimmer war.
Um ihre Angst zu betäuben, zählte sie bis hundertzwanzig, dann öffnete sie die Augen. Es war dämmrig im Zimmer, doch das Feuer erhellte ein Paar Beine in Stiefeln am anderen Ende des Zimmers. Torys Augen erkannten eng anliegende Jeans und lange Beine. Der große schlanke Körper des Mannes war im Dunkeln.
Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie sich aufsetzte. Sie hatte gar nicht einschlafen wollen, und jetzt war sie benommen und erschöpft. Ihr Haar war zerzaust und hing lose auf die Schultern herunter. Sie stellte die Füße auf den Boden und suchte nach ihren Schuhen, während sie gleichzeitig versuchte, die Haarsträhnen wieder in einem Knoten festzustecken.
Trotz der ungewöhnlichen Situation, in der sie sich befand, vergaß sie nicht ihr gutes Benehmen. “Entschuldigung, ich muss wohl eingeschlafen sein”, sagte sie und warf dem Mann am anderen Ende des Zimmers einen vorsichtigen Blick zu.
“Was ist passiert? Konnten Sie Ihr Hotel nicht finden?” Die Stimme des Mannes war tief und ein wenig rau. Tory hatte nie zuvor eine so männliche Stimme gehört.
“Es tut mir leid, ich leide noch unter der Zeitverschiebung. Ich wusste gar nicht …” Tory zog ihre Jacke zurecht.
“Wenn man bedenkt, dass ich überhaupt nicht weiß, wer Sie sind, und dass ich mich auch nicht daran erinnern kann, dass wir eine Verabredung hatten …”
“Ich bin Victoria Jones”, sagte Tory leise und errötete.
“Sehr nett.” Marc verriet ihr nicht, dass er das bereits herausgefunden hatte, als er den Führerschein in ihrer Tasche kontrolliert hatte. “Irgendwie habe ich das Gefühl, dass wir zusammen Tee trinken sollten, während Sie versuchen, mir eine Enzyklopädie zu verkaufen oder was immer Sie
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