Geständnis auf der Hochzeitsreise
sich zu sammeln. „Und darf ich fragen, was Sie zu dieser ungewöhnlichen Stunde hinaustreibt, Miss Ffolliot? Gewiss sollten Sie sich ausruhen, welches Fest Sie vergangene Nacht auch besucht haben mögen.“
Sie lachte. „Ach, der Park ist um so vieles schöner, wenn niemand hier ist. Und erst recht schöner als ein überfüllter Ballsaal. Außerdem …“ Sie deutete auf den Hund, der hechelnd neben dem Phaeton saß. „Der arme Gelert braucht entschieden mehr Auslauf, als er bekommen kann, wenn wir zu später Stunde ausfahren und ständig anhalten müssen, weil die Höflichkeit es verlangt.“
„Ich fühle mit Ihnen, Miss Ffolliot“, erwiderte Darleston. „Dieses verrückte Pferd habe ich aus denselben Gründen so früh hergebracht.“
„Sie ist ein hübsches Ding“, bemerkte Mr. Ffolliot. „Und noch ganz jung. Wie heißt sie?“
„Ja, sie ist erst drei Jahre alt. Ich habe sie letzte Woche gekauft. Ihr Name ist Griselda. Ruhig!“ Letzteres war für die Stute bestimmt, die unablässig hin und her tänzelte. „Sie ist ein wenig ungeduldig.“
„Dann trägt sie den falschen Namen, Mylord!“, meinte Miss Ffolliot lächelnd. „War Griselda nicht sehr sanftmütig?“
„Sie meinen dieses rührselige Geschöpf bei Chaucer?“, fragte Darleston überrascht. Die meisten jungen Damen schwärmten für Byron, aber er war noch nie einer begegnet, die sich mit mittelalterlicher Literatur auskannte!
„Sie kommt auch im Decamerone vor“, erwiderte Miss Ffolliot. „Wie nett, jemanden zu treffen, der sie auch für eine Närrin hält, weil sie sich mit diesem schrecklichen Ehemann arrangiert hat. Sie hätte ihn einfach einen Idioten schimpfen sollen!“
„Richtig, Miss Ffolliot“, stimmte er ihr augenzwinkernd zu. „Ich kann mir gut vorstellen, dass Sie genau das tun würden.“
„Ich würde ihm vermutlich Gelert auf den Hals hetzen“, gab sie zur Antwort.
„Das würde ihn sicher schleunigst zur Besinnung bringen“, bestätigte Darleston lächelnd.
Neugierig betrachtete er den großen Wolfshund. Das Tier besaß bemerkenswert lange Beine und eine breite Brust. Er kannte die Rasse aus Irland, wo er vor Jahren Pferde eingekauft hatte. „Ein Irischer Wolfshund, nicht wahr? Ich habe nie zuvor ein so herrliches Exemplar gesehen.“
Miss Ffolliot lächelte ihm zu. „Das stimmt. Normalerweise muss ich mir gönnerhafte Fragen über seine Abstammung anhören, und ich finde es unerträglich.“
Darleston lachte leise. „Das kann ich mir vorstellen.“ Die ganze Zeit schon vernahm er eine warnende innere Stimme. Bei Almack’s hatte Miss Ffolliot völlig anders auf ihn gewirkt. Er hätte schwören mögen, dass sie keiner Fliege etwas zuleide tun würde. Und hatte sie nicht erwähnt, wie gern sie neue Leute kennen lernte und tanzte? Und jetzt bevorzugte sie den Park um diese frühe Stunde, weil er dann leer war und angenehmer als ein überfüllter Ballsaal?
„Ich glaube, Sie haben neulich Abend nicht die Wahrheit gesagt, Miss Ffolliot. Ich erinnere mich genau, wie Sie behaupteten, Sie würden gern tanzen und neue Leute kennen lernen.“
Wieder hörte er ihr betörendes Lachen. „Himmel! Gewiss erwarten Sie nicht von einer jungen Dame, einen Gentleman, der ihr gerade erst vorgestellt wurde, darüber aufzuklären, wie sehr sie es hasst, Fremden zu begegnen. Geschweige denn, dass sie keine Bälle mag, wenn der betreffende Herr gerade mit ihr tanzt. Das wäre doch ungezogen. Außerdem war dieser Tanz, ich sagte es bereits, sehr amüsant.“
„Sie schmeicheln mir, Miss Ffolliot.“
„Nicht im Geringsten, Mylord. Sie tanzen ausgezeichnet!“, fügte sie freundlich hinzu.
Griselda wurde in der kühlen Luft immer unruhiger. „Ich darf mein ungeduldiges Pferd nicht länger warten lassen. Sir, stets Ihr gehorsamer Diener. Miss Ffolliot!“ Sie winkten ihm zum Abschied, er zog den Hut, dann ritt er davon. Er ertappte sich bei dem Gedanken, dass er Miss Ffolliot gern wiedersehen würde. Sie war eine sehr erfrischende, wenn auch etwas widersprüchliche junge Dame.
2. KAPITEL
Sich in dem Glauben zu wiegen, dass im Park an jenem Morgen niemand von der guten Gesellschaft unterwegs sein würde, war ein wenig zu optimistisch von Lord Darleston gewesen. Zumindest zwei Personen hatten ihn ausreiten sehen und auch seine Unterhaltung mit den Ffolliots verfolgt. Es war unvermeidlich, dass der Klatsch, der auf diese Episode folgte, auch Lady Daventry zu Ohren kam, die sich ernsthaft zu sorgen begann. So sehr, dass sie
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