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Gestatten, Bestatter! - Bei Uns Liegen Sie Richtig

Gestatten, Bestatter! - Bei Uns Liegen Sie Richtig

Titel: Gestatten, Bestatter! - Bei Uns Liegen Sie Richtig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wilhelm
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hat, und waren ganz angetan von der Idee, dass Daniel bis auf weiteres mit unseren Kindern in die Schule geht. Der Schulleiter hatte überhaupt keine Probleme damit und nahm diesen Vorschlag sofort an. Dann wollten die beiden Damen einzeln mit Daniel, mit meiner Frau und mit mir sprechen, dann noch mal mit meiner Frau und mir zusammen. Sie hatten etliche Fragebögen, fragten nach Einkommens- und Wohnverhältnissen, Ernährungsgewohnheiten und den sanitären Bedingungen. Dann machten wir einen Rundgang durch die Wohnräume, und damit war auch schon alles erledigt. Es gibt von Seiten der beiden keinerlei Bedenken, dass Daniel bis auf weiteres als Pflegekind bei uns bleiben kann. Morgen schon sollen wir ein entsprechendes Schreiben bekommen, und eine Überprüfung der Verhältnisse kann jederzeit unangekündigt, spätestens aber in vier Wochen erfolgen.

    Für 14 Uhr hatte sich die Birnbaumer-Nüsselschweif angekündigt. Sie habe mir Wichtiges zu berichten.
    Die Frau wollte es überhaupt nicht glauben, dass Daniel jetzt bei uns bleibt. Übers Wochenende habe sie bereits ein Kinderzimmer bei sich eingerichtet und bei den übrigen Mitgliedern der Afrikagruppe Spielzeug und Kleidung für das Kind gesammelt. »Das kann ich jetzt gar nicht ab«, sagt sie und zückt ihr Mobiltelefon, um mit ihrem Mann zu sprechen – und vor allem, um dann noch Dr. Raps anzurufen. Sie ist entrüstet. Während sie telefoniert, habe ich die Gelegenheit, sie mir näher anzuschauen. Sie ist eigentlich eine exakte Kopie von Heidi Klum, nur rund 15 Zentimeter größer und 100 Pfund schwerer und auch sonst ganz anders. Sie ist nicht schön, aber auch nicht unhässlich. Dann stiefelt sie auch schon mit dem Telefon nach draußen in die Halle.
    In der Zwischenzeit klingelt mein Telefon. Es ist die Klinik in Bonn, diesmal eine Schwester Barbara, die eine etwas unangenehm hohe Stimme hat, aber sonst sehr sympathisch klingt. Das Kind sei geboren, ein Junge, 3420 Gramm, 55 Zentimeter. Ich kenne Frau Olugulade zwar nicht, freue mich aber wie ein Schneekönig. Da wäre aber noch was, sagt Schwester Barbara: »Jemand hat hier heute Mittag angerufen und wollte mit der Frau sprechen, von einem afrikanischen Verein war die Dame.«
    »Von der Afrikagruppe?«, frage ich. »Eine Frau Birnbaumer-Nüsselschweif?«
    »Afrikagruppe stimmt, an den genauen Namen kann ich mich nicht mehr erinnern, aber das, was Sie da gesagt haben, kommt schon hin.«
    »Ja, und was wollte sie?«
    »Die wollte der Frau Olugulade erzählen, dass ihr Mann gestorben ist und dass sie ein Schreiben per Fax haben möchte, damit sie auf das andere Kind aufpassen darf.«
    Während mein Blutdruck bedrohlich ansteigt, beschwöre ich die Schwester, Frau Olugulade abzuschirmen.
    »Machen Sie sich keine Gedanken«, sagt die Schwester, »wir haben der Frau jetzt was gegeben, die braucht jetzt sehr viel Ruhe.«
    »Und sie hat keine Ahnung, was passiert ist?«
    »Nein, nicht die geringste. Der verstorbene Mann scheint sowieso ein bisschen sehr afrikanisch gewesen zu sein, wenn Sie wissen, was ich meine.«
    Ich weiß zwar nicht genau, was sie meint, aber mir soll das im Moment recht sein. Ich sage Schwester Barbara noch, dass ich morgen kommen möchte und einen Pfarrer von hier mitbringe. Das findet sie gut, der Krankenhauspfarrer sei schon fast 80 und auch nicht bei bester Gesundheit.
    Die Nüsselschwein kommt wieder herein, und ich beende mein Gespräch, um mich ihr zuzuwenden. »Was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht, in der Klinik anzurufen?«
    »Es kann ja wohl nicht sein, dass man der Frau einfach ihr Kind wegnimmt«, wehrt sie sich.
    »Ja, wer will das denn?«, frage ich. »Ich habe selbst Kinder, ich brauche weiß Gott kein weiteres Pflegekind mehr, nicht mit aller Gewalt. Kein Mensch will der Frau ihr Kind wegnehmen. Wir kümmern uns um den Kleinen, weil der hier fremd ist, niemanden hat und Kinder irgendjemanden brauchen. Sobald die Frau dazu in der Lage ist, kann Daniel doch wieder zu ihr.«
    »Bis dahin aber ist er hier untergebracht«, sagt Heidi Klums fette Schwester und zeigt angewidert im Raum herum, »in diesem … diesem Etablissement!«
    »Sie haben recht, Frau Birnbaumer-Nüsselschweif, das ist hier ein Bestattungshaus, und unsere Kinder müssen sich jede Nacht das Bett mit einer kalten Leiche teilen und nachmittags mit Totenschädeln Fußball spielen. Und zu essen gibt es bei uns nur Leichenmaden und frische Innereien.«
    »Sagen Sie mal, wollen Sie mich jetzt zu meinem

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