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Gestatten, Bestatter! - Bei Uns Liegen Sie Richtig

Gestatten, Bestatter! - Bei Uns Liegen Sie Richtig

Titel: Gestatten, Bestatter! - Bei Uns Liegen Sie Richtig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wilhelm
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Frau und dem Kind. Kann der nicht zu Ihnen kommen? Sie haben doch auch Kinder.«
    »Bringen Sie ihn mal her, meine Frau kümmert sich darum. Da werden wir schon eine Lösung finden.«
    Jetzt haben wir also ein Kind mehr – zumindest mal für ein, zwei Tage, bis wir genau wissen, wo die Mutter des Kleinen steckt.

    Freitagvormittag wollten die Herren der Kripo noch einmal in die Wohnung der Olugulades, um mit Klebeband und Plastikröhrchen Proben vom Teppichboden zu nehmen. Ich erfahre, dass Herr Olugulade anscheinend an einer Art asthmatischem Anfall verstorben, also quasi auf dem Klo sitzend erstickt ist. Als eine der möglichen Ursachen vermutet man Fasern vom Bodenbelag, auf dem der Afrikaner genächtigt hatte. Sie erzählen mir noch, dass er zuvor in Duisburg im Ruhrgebiet gewohnt habe. Er sei dort als Student eingeschrieben gewesen, habe aber jetzt hier einen Studienplatz bekommen und sei deshalb kurzerhand umgezogen. Seine Frau, so viel weiß man, ist Krankenschwester und arbeitete vor der Schwangerschaft in einem Duisburger Krankenhaus. Mehr weiß man nicht, vor allem nicht, wo sie jetzt ist. Olugulade habe sie in ein Krankenhaus gebracht, aber keiner weiß, in welches. Und es sei eben auch nicht so wie im Fernsehen, dass man mal eben alle Krankenhäuser abtelefonieren könne. Das versuche man zwar, aber eben nur bei denen, die am ehesten in Frage kommen, nicht bei allen. Was denn jetzt mit dem Kind sei, erkundige ich mich, und die Beamten verweisen mich an das Jugendamt. Dort sagt man mir, dass noch heute jemand bei uns vorbeikommt, also heißt es abwarten.
    Die Kriminalbeamten erlauben mir außerdem, mich um Olugulades angemieteten Kleinlaster samt seinem Inhalt zu kümmern. Wie nett! Obwohl der Junge erst seit einem Tag bei uns ist, muss ich sagen, Daniel ist ein ganz merkwürdiges Kind. Sehr eloquent, sehr gebildet, aber ein kleiner Besserwisser und Klugscheißer. Meine Kinder streiten sich mit ihm, es ist der Streit von durchsozialisierten Geschwisterkindern mit einem Erst- und Einziggeborenen. Ich glaube, dem kann es nur guttun, wenn er ein bisschen bei uns bleibt. Ob er das aber kann, wird sich zeigen. Mir und meiner Frau macht das nichts aus – unser Haus ist groß genug, und einen Mund mehr zu stopfen kann keine große Kunst sein.
    Vom Jugendamt ist doch keiner mehr gekommen – wie denn auch, es ist ja Freitag. Am Montag, da will man jetzt »mal vorbeischauen«. Allerdings hat sich die örtliche Afrikagruppe zu Wort gemeldet. Diese Leute sind kirchlich organisiert, sammeln seit Jahren sehr löblich für Afrika und haben schon einiges gestiftet und gespendet.
    So ein kleines, armes Negerkind käme denen jetzt wohl gerade recht, das säße bestimmt schön leidend in der ersten Reihe und würde die Spendenbereitschaft bei der sonntäglichen Kollekte sicher in die Höhe treiben. Eine Frau Birnbaumer-Nüsselschweif jedenfalls hat ganz aufgeregt angerufen und will das Kind jetzt vor uns retten. »Frau Rüsselschwein«, sage ich zu ihr, »der Junge ist bestens bei uns aufgehoben, und ich denke, dass er gerade genug durchmacht, da sollten wir ihn jetzt nicht noch herumreichen wie einen Wanderpokal.«
    Ich weiß nicht genau, ob es am Wort »Rüsselschwein« liegt oder am Rest von dem, was ich gesagt habe – jedenfalls schnaubt sie nur kurz und legt auf.
    Der Kleinlaster ist jetzt wieder beim Vermieter. Die Papiere lagen im Handschuhfach. Ich habe noch nie einen Laster gesehen, der so chaotisch und ohne Sinn und Verstand beladen worden ist. Zerbrechliches einfach in Eimer gepackt, Schweres auf Leichtes gelegt, nichts richtig befestigt, das meiste in Einkaufstüten und ein randvoller Kühlschrank, aus dem es schon abartig roch und aus dem Tauwasser lief, quer obenauf.
    Jetzt steht der Hausrat, der ein bisschen aussieht wie vom Sperrmüll, in einer unserer Garagen. Wir haben nichts, aber auch gar nichts gefunden, was Daniel in irgendeiner Weise zum Spielen oder Anziehen dienen könnte. Da merkt man, dass die Mutter beim Umziehen nicht hat helfen können – das war afrikanische Männerarbeit.
    Am Abend sitze ich vor dem Kamin und trinke einen Cognac, was ich sonst nie tue, aber heute muss es sein. Das Schicksal von unserem Pflegekind nimmt mich ziemlich mit. Seinen Vater habe ich nicht gekannt, er ist halt gestorben, das tun viele. Aber was wird aus dem Jungen? Was wird aus seiner Mutter? Wenn da alles klargeht, entbindet die in absehbarer Zeit und steht dann mit zwei Kindern in einem fremden Land

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