Gestatten, Bestatter! - Bei Uns Liegen Sie Richtig
sprechen, das geht ja jetzt so gar nicht!«
Kurz dachte ich daran, sie einfach umzuschubsen oder ihr die Tür vor der Nase zuzuschlagen, aber ich war doch zu neugierig und wollte erfahren, was sie mir zu berichten hatte. Auch wollte ich eigentlich an der Tür stehen bleiben und sie dort abfertigen, aber das hätte es mit sich gebracht, dass auch ich hätte stehen bleiben müssen, und dazu bin ich abends um halb zehn zu faul.
»Kommen Sie herein«, sagte ich und führte sie in die Halle, wo ich ihr einen Platz auf dem Sofa anbot.
»Ich und meine Afrika-Gruppe, wir sind der Meinung, dass Sie etwas Unrechtes tun, wenn Sie den armen Mann hier in fremder Erde verscharren.«
»Aha, und was meinen Sie, sollte ich stattdessen tun?«
»Der muss nach Afrika, das ist doch wohl klar!«
»Und Sie und Ihre Afrika-Gruppe bezahlen das?«
»Ich? Ja wo käme ich da denn hin! Niemals!«
»Dann haben Sie auch nichts anzumelden.«
»Sie können doch einen so frommen Nigerianer nicht fern der Heimat beerdigen. Der hat doch auch in Nigeria Familie, und denen verwehren Sie damit einen Besuch des Grabes.«
So einen Blödsinn hatte und habe ich noch nie gehört. Natürlich haben viele Leute das Bestreben, dass ihre Angehörigen in heimatlicher Erde beerdigt werden. Das ist meist dann der Fall, wenn jemand im Ausland verstirbt und seine Angehörigen ins Heimatland zurückkehren. Wer möchte schon einen nahen Verwandten irgendwo auf einem anderen Kontinent beerdigt wissen und nicht ans Grab können. Aber Frau Olugulade war nun mal in Deutschland und wollte sicher auch hierbleiben und ihren Mann in ihrer Nähe wissen.
»Also, Sie können machen, was Sie wollen, der Mann geht nach Nigeria!«, verkündete die Birnbaumer-Nüsselschweif und stand auf. Sie hatte ihr Urteil gesprochen, und ich sollte mich nun fügen. Das wollte ich aber nicht, wozu auch?
»Ach, Frau Birnbaumer-Nüsselschweif. Sie haben sich bis jetzt ständig nur eingemischt, und da ist nie irgendwas dabei herausgekommen. Lassen Sie doch die Familie einfach in Ruhe.«
»Sind Sie der Afrika-Experte oder ich? Also, ich habe jetzt vorhin die nigerianische Botschaft angerufen und den ganzen Fall mal erzählt. Sie werden sich wundern!«
Die Tage vergehen, und ich hatte Gelegenheit, mit Frau Olugulade wegen der bevorstehenden Urnenbeisetzung zu sprechen. Noch drei Tage sind es bis dahin. Nein, eine Feuerbestattung, das sei nicht das, was sie sich vorgestellt habe, aber ihr Mann, das wisse sie, der habe immer gesagt, dass es das Einfachste und Sauberste sei. So will sie denn auch nichts dagegen sagen. Sie ist froh, dass alles organisiert ist, und hat Angst vor dem schweren Tag.
Meine Frau und eine unserer Freundinnen sind jetzt viel bei ihr und versuchen sie ein wenig aufzubauen.
Doch es kommt dann doch ein wenig anders, und die kleinen Fortschritte, die wir bei der trauernden Frau zu beobachten glaubten, wurden gleich wieder zunichtegemacht.
Es ist nachmittags gegen 16 Uhr, da klingelt es bei uns, und vier Afrikaner stehen vor der Tür: Herr Ossomowa, Herr John, Herr Smith und Herr Kalombolawa. Sie kommen aus Freundschaft, sind alte Freunde der Familie Olugulade und »want to bring joy and help. Lot of help«. Sie wollen also Hilfe und Freude bringen, viel Hilfe.
Das ist ja schön, dass sie sich um die Familie bemühen wollen, und kaum habe ich sie in der Besucherecke unter den Ikonen auf dem Sofa plaziert, begehren sie sogleich Daniel zu sehen. Der kommt, guckt interessiert, und Herr Ossomowa streicht ihm über den Kopf, nennt ihn »my son« und redet schnell und eindringlich in einer fremden Sprache auf ihn ein. Die Sprache ist durchsetzt mit englischen Wörtern, und ich glaube auch etwas Französisch herauszuhören, bin aber nicht in der Lage, irgendetwas zu verstehen.
Ich sehe Daniel sofort an, dass er diese Männer noch nie zuvor gesehen hat.
Die Herren Ossomowa, John, Smith und Kalombolawa wollen nicht nur »joy and happiness« bringen, sondern grinsen und strahlen über das ganze Gesicht, und das die ganze Zeit. Sie sprechen alle besser Englisch als Deutsch, können sich aber in unserer Sprache halbwegs verständlich machen. Herr Smith betont, und er lässt dabei seine beneidenswert weißen Zähne aufblitzen, dass er Christ sei, katholischer Christ und an die Mutter Gottes glaube. Herr John bestätigt das und beteuert, Herrn Smith schon sehr lange zu kennen, dass sei ein »good guy«, ein guter Kerl, und vor allem seien sie alle ganz besonders enge Freunde der
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