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Gestatten, Bestatter! - Bei Uns Liegen Sie Richtig

Gestatten, Bestatter! - Bei Uns Liegen Sie Richtig

Titel: Gestatten, Bestatter! - Bei Uns Liegen Sie Richtig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wilhelm
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nicht das richtige Wort, eher könnte man sagen, dass er dem ganzen Rummel, den junge Leute oft so machen, eher skeptisch gegenüberstand und sich lieber mit Büchern beschäftigte und viel mit seinem Fotoapparat in der Natur unterwegs war. Wenn die anderen sich samstags verabredeten, zog er lieber durch den Wald und knipste Spechte und Eichhörnchen. Manchmal haben wir uns sogar Sorgen gemacht und uns gefragt, ob mit ihm was nicht stimmt, aber im Grunde war uns das so lieber. Er hat ja keinem was getan und niemandem geschadet, und ihm hat es ja an und für sich auch nicht geschadet.«
    »Auf der Arbeit bei der Stadtverwaltung war er damit aber ein Außenseiter, da heißt es ja jeden Tag ›hoch die Tassen‹ und es gibt ja immer was zu feiern. Mal hat einer Geburtstag, mal wird jemand Vater, und dann wird einer versetzt und am nächsten Tag muss ein Neuer seinen Einstand geben. Die saufen da wie die Löcher, das ist fürchterlich. Auch nach Feierabend gibt es für viele nichts anderes, als noch eben mit den Kollegen auf ein Bier in die Pinte zu gehen.«
    »Ja, und da hat Jens nie mitgemacht. Gut, seinen Einstand hat er gegeben, und wenn für einen Geburtstag oder so gesammelt wurde, gab er auch immer was, aber diese Feierei, nee, das war nicht sein Ding. Und so kam es, dass es nicht lange dauerte, bis die anderen anfingen, ihn zu mobben. Was die mit Jens gemacht haben, das war unter aller Kanone! Die haben ihn bei jeder Gelegenheit aufgezogen, haben ihn lächerlich gemacht und ständig über ihn gewitzelt. Das mag sich nicht so schlimm anhören, aber wenn das den ganzen Tag so geht, dann kann einen das schon mürbe machen.«
    »Dann haben die angefangen, ihn auch vor den Bürgern lächerlich zu machen. ›Dafür ist Kollege Nichtraucher zuständig‹ oder ›Gehen Sie mal zu Herrn Muttersohn‹ haben die gesagt und sich schimmelig gelacht. Dass die ihm die Luft aus den Autoreifen gelassen haben, das war nur der Auftakt für eine ganze Serie von üblen Streichen. An seinem Bürostuhl haben sie eine Rolle abgemacht, ihm Kaffee mit fauligem Blumenwasser gebracht, und einen Tag haben sie Jens in der Herrentoilette in einer der Kabinen eingesperrt. Drei Stunden war er da drin, und erst dann ist der Hausmeister gekommen und hat ihn befreit.«
    »So ist das viele Monate gegangen, und Jens ist daran kaputtgegangen. Sie glauben nicht, wie gerne der zur Arbeit gegangen ist, am Anfang wenigstens, aber dann … Erst wurde er krank, richtig krank, Bauchschmerzen, Magenprobleme, Durchfälle, alles nur psychosomatisch wegen seiner Kollegen. Dann hat er mit dem Personalrat gesprochen, und ein Vorgesetzter hat ein Rundschreiben gemacht. Aber das hat die Sache nur verschlimmert. Schließlich musste Jens sogar zum Psychotherapeuten, so haben die den fertiggemacht. Und wir glauben, dass er uns die wirklich schlimmen Sachen noch gar nicht erzählt hat. Ganze Wochen lang soll die ganze Abteilung ihn vollkommen ignoriert haben, die haben einfach so getan, als sei er Luft. So was kann einen Menschen fertigmachen.«
    »Unentwegt hat das Telefon in seinem Zimmer geklingelt, und immer wenn er dranging, wurde schnell aufgelegt. Immer wieder bekam er über das Intranet der Stadtverwaltung Mails, in denen ihm damit gedroht wurde, man würde sein ›Geheimnis‹ verraten. Wir haben keine Ahnung, was das für ein Geheimnis hätte sein sollen, auch Jens wusste das nicht. Aber man kommt ja dann doch ins Grübeln und fängt an zu überlegen, was da gewesen sein könnte, was die anderen da wissen könnten … Aber uns ist nichts eingefallen.«
    »Tja, und dann war auf einmal wieder alles in Ordnung, die Kollegen taten so, als würden sie Jens voll integrieren, waren ein paar Tage freundlich und nett zu ihm, nur um ihn dann, als er wieder Vertrauen gefasst hatte, wieder auflaufen zu lassen. Bei einem Ausflug, an dem er extra teilnahm, um seinen guten Willen zu zeigen, ließen sie ihn einfach an einer Autobahnraststätte stehen und lachten sich kaputt. Wir mussten dann 150 Kilometer fahren, um ihn da abzuholen.«

    Und noch an viele Beispiele mehr errinnerten sie sich. So ging das wohl die ganze Zeit, und Jens ist daran kaputtgegangen …

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