Gestatten, Bestatter! - Bei Uns Liegen Sie Richtig
Er will die wichtigsten Stationen des gemeinsamen Lebens abspielen und mit den gemeinsamen Freunden das Leben von Kalli feiern.
»Wir sind alle traurig, und ich bin fix und fertig, aber jetzt noch eine Trauerfeier, bei der alle nur traurig gucken – das könnte ich nicht verkraften. Man soll sich doch lieber an das Schöne erinnern, das man gemeinsam erlebt hat, oder?«
Marianne Rosenberg, Champagner und draußen ein kaltes Buffet – das ist doch alles kein Problem. Ich hatte es mir anders vorgestellt, irgendwie »tuntiger«, aber ich verstehe ja auch nichts davon. Es ist aber auch nicht meine Aufgabe, zu beurteilen, ob das, was die Trauergäste sich wünschen, schön ist. Ich kann nur mithelfen, dass es so wird, dass sie es schön finden. Aber so, wie Röschen das vorhat, so finde ich es auch schön.
Kalli soll dann eingeäschert und auf einer Wiese ausgestreut werden. Das geht aber hier auf dem Friedhof nicht, und Röschen schaut mich mit großen, enttäuschten Augen an. »Ich dachte, das sei ganz normal, dass die Asche auf der Wiese vom Friedhof verstreut wird.«
Das glauben viele Leute, aber es ist nicht so. Die Urnen werden zwar anonym, aber an doch bekannten Plätzen beigesetzt. Ich zähle Röschen die ganzen mir bekannten Möglichkeiten auf, angefangen von der Ausstreuung der Asche von einem Heißluftballon über dem Elsass bis hin zur Übergabe der Asche an einen rauschenden Bergbach in der Schweiz. Das gefällt ihm zwar alles, aber das sei ja alles so weit weg.
Ich bespreche mit Röschen eine weitere Variante, und wir kommen überein, dass die Asche später in die Niederlande überstellt wird. Bleibt das Problem, wie wir mit dem Vater des Verstorbenen umgehen. Zu der von Röschen geplanten Trauerfeier wird er wohl kaum kommen, und ich muss einen Weg finden, damit auch er Abschied nehmen kann.
Ich hadere mit mir, ob ich den Vater anrufen soll.
Am selben Tag, etwas später
Unser Anwalt hat meine Ansicht bestätigt. Röschen ist Kallis Erbe und steht in der Erbfolge vor dem Vater. Somit ist er in der Reihe der möglichen Bestattungspflichtigen ebenfalls vor dem Vater und damit auch berechtigt, die Bestattung zu bestellen. Wenn die beauftragte Bestattung nicht grob gegen den guten Geschmack verstößt, kann der Vater nichts dagegen unternehmen.
Mit dieser Auffassung werde ich bei der Stadtverwaltung vorstellig. Dort ist Röschen ja, vertreten durch uns, Auftraggeber für die Einäscherung. Man zieht dort zwar immer die Nase hoch, wenn wir »wie immer« mit so »komischen Sachen« kommen, aber letztlich ist man unserer Auffassung. Röschen kann durchstarten. Mit dieser Botschaft und der Rechtssicherheit im Nacken werde ich nun doch den Vater anrufen.
Am nächsten Tag
Im Verlaufe des heutigen Vormittags treffe ich Kallis Vater. Ursprünglich hat er darauf bestanden, dass wir uns in den Räumen des von ihm beauftragten Bestatters Soundso treffen sollen. Das wäre mir sehr unangenehm gewesen, und Herr Soundso wollte das auch nicht. So ist als Treffpunkt ein Café im Ortskern ausgemacht. Am Telefon hat der alte Herr zu mir noch gesagt: »Ich hoffe inständig, dass Sie normal kommen.«
So doof, wie ich bin, hatte ich das so interpretiert, dass er meint, ich solle nicht im schwarzen Anzug und nicht mit Zylinder kommen oder so. Aber Sandy hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass er auch meinen könnte, ich solle meinen Transenfummel zu Hause lassen.
Fünf Minuten vor der Zeit, so wie es meine Art ist, komme ich in das Café, und weil außer einigen älteren Damen nur ein Mann anwesend ist, schaue ich diesen fragend an. Er winkt mich mit seinem Stock zu sich. »So, Sie sind das also, der hier so einen Zirkus veranstaltet«, sind die Worte, mit denen er mich begrüßt.
Es ist ein älterer Herr mit polierter Glatze, er trägt einen dreiteiligen dunklen Anzug und eine randlose Brille.
Insgesamt eine vornehme Erscheinung. Mit den Worten: »Nehmen Sie Platz!«, deutet er auf den freien Stuhl ihm gegenüber. Danach gibt er mir unmissverständlich zu verstehen, dass er seine Anwälte beauftragt hat, um die Sache prüfen zu lassen und dass ich mit zivil- wie strafrechtlichen Folgen zu rechnen habe. »So, und jetzt kommen Sie«, sagt er dann, lehnt sich zurück und verschränkt die Arme vor der Brust, wie ein Lateinlehrer, der einen aufgerufen hat und genau weiß, dass man nichts weiß.
Ich versuche, ihm klarzumachen, dass wir nur ein Dienstleister sind und einen ordnungsgemäßen Auftrag vorliegen haben, den
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