Gezähmt von sanfter Hand
sorgenvolles Seufzen kam aus tiefster Seele. »Ja – noch drei Jahre. Bis sie fünfundzwanzig ist.«
»Sind ihre Eltern schon lange tot?«
»Seit sechs Jahren. Sie kamen bei einem Unfall in Glasgow ums Leben, als sie Frachtgut kaufen wollten. Es war ein schrecklicher Schock für uns.«
Richard zog die Brauen hoch. »Für Catriona war es zweifellos ein ganz besonders schwerer Schock. Sie muss damals – wie alt gewesen sein? Siebzehn?«
»Sechzehn. Natürlich wollte Dad sie hier haben – das Tal ist sehr einsam gelegen, kein geeigneter Ort für ein allein stehendes junges Mädchen, wie man meinen sollte.«
»Aber sie wollte nicht kommen?«
Jamie verzog das Gesicht. »Dad setzte ihr die Daumenschrauben an. Und dann kam sie. Notgedrungen.« Er schauderte und trank einen großen Schluck von seinem Port. »Es war grauenhaft. Diese Auseinandersetzungen, diese Kämpfe – dieses Gebrüll! Ich dachte, Dad würde einen Schlaganfall kriegen, so sehr brachte sie ihn auf die Palme! Ich glaube nicht, dass er zuvor erlebt hatte, dass sich jemand so heftig mit ihm anlegte, wie Catriona es tat - ich hätte das nicht gewagt.«
Als er mehr von dem Portwein trank, kam Jamies Akzent allmählich wieder zum Vorschein; wie viele Schotten seines Alters hatte auch er gelernt, ihn zu unterdrücken.
»Sie wollte nicht bleiben – Dad wiederum wollte sie unbedingt hier haben. Er hatte nämlich schon Pläne geschmiedet, um sie zu verheiraten, er hatte schon etliche Bewerber an der Hand. Nach seiner Ansicht brauchte sie jemanden, der sich um ihre Ländereien kümmerte.«
»Ihre Ländereien?«
»Das Tal.« Jamie leerte sein Glas. »Ihr gehört das gesamte verdammte Tal. Aber sie wollte von Dads Plänen partout nichts wissen. Sagte, sie wüsste schon selbst, was sie zu tun hätte, sie hätte ja Die Herrin, die sie führte, und sie würde, das schwor sie beim Grab ihrer Mutter, Der Herrin gehorchen, und nicht Dad. Sie weigerte sich rigoros zu heiraten. Wohlgemerkt, als diese jungen Burschen, die wegen ihrer Ländereien bei Dad um ihre Hand angehalten hatten, sie dann schließlich persönlich kennen lernten, schlugen sie plötzlich einen ganz anderen Ton an. Sämtliche Heiratsanträge lösten sich so fix in nichts auf wie Nebel im Wind.«
Richard runzelte die Stirn, während er sich verwirrt fragte, ob die Vorstellungen der Schotten von weiblichen Reizen tatsächlich so anders waren.
»Natürlich waren alle diese Bewerber scharf darauf, mit ihr ins Bett zu gehen – aber nur so lange, bis sie mit ihr gesprochen hatten.« Um Jamies Lippen zuckte es belustigt, und er wechselte einen verschwörerischen Blick mit Richard. »Sie jagte ihnen eine Heidenangst ein – die Kerle kamen aus Edinburgh und Glasgow oder aus einer der größeren Städte, Gutsherren, die dringend Ländereien brauchten. Sie wussten natürlich nichts von Der Herrin, und Catriona tischte ihnen alle möglichen Märchen auf und redete ihnen ein, wenn sie sie in irgendeiner Weise verstimmten oder ihr Missfallen erregten, würde sie sie in Kröten verwandeln. Oder in Aale. Oder in sonst ein glitschiges Geschöpf.«
Richard grinste. »Und sie haben ihr geglaubt?«
»Ja, nun ja, sicher – wenn sie will, dass man ihr glaubt, kann sie schon sehr überzeugend sein.«
Als Richard sich der Macht entsann, die sie nun schon zweimal ausgeübt hatte, fiel es ihm nicht schwer, dies zu glauben.
»Und diese andere, diese Algaria – Miss O'Rourke –, die war auch da, um sie zu unterstützen. Und deshalb« – Jamie griff nach der Portweinkaraffe – »gab es danach keine weiteren Heiratsanträge mehr. Dad war fuchsteufelswild – Catriona blieb unerschütterlich. Die Kämpfe zwischen den beiden tobten wochenlang.«
»Und?«
»Catriona ging schließlich als Siegerin daraus hervor.« Jamie stellte sein Glas auf dem Tisch ab. »Sie kehrte wieder in ihr Tal zurück, und das war's dann. Dad sprach nie wieder von ihr. Ich hab ja von vornherein nicht geglaubt, dass sie sich jetzt bereit erklären würde, hier zu leben, aber Mary meinte, wir sollten sie wenigstens fragen. Besonders, nachdem wir die Briefe gefunden hatten.«
»Briefe?«
»Keine Heiratsanträge in dem Sinne, sondern vielmehr Kaufangebote für Catrionas Ländereien. Unmengen von Angeboten. Einige stammten von den Gutsherren, denen die Lust, mit ihr ins Bett zu gehen, schließlich vergangen war; andere von Interessenten aus dem ganzen Land, wieder andere von ihren Nachbarn im Tiefland. Alle boten jedoch nur einen erbärmlich
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