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Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel

Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel

Titel: Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frl. Krise
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schiefgegangen. Der fällt im Augenblick aus allen Haltesystemen – bei Aynur sehe ich es nicht ganz so negativ.
    Diese Zeugnisse aber auch!
    Was schrieb Azzize noch? «Ich will ’ne Fernbedienung fürs Leben.»
    Ich stelle mir vor, ich habe sie, die Fernbedienung. Bei den meisten Kindern aus meiner Klasse würde ich auf «Pause» drücken, sie könnten dann in aller Ruhe nachreifen. Zwei müssten ein ganzes Stück zurück, sie hätten sozusagen erst mal auf Probe als Schüler gelebt und dürften noch mal anfangen, aber jetzt richtig. Bei einem würde ich auf den Vorwärtsknopf drücken: Raus mit ihm aus der Schule, schon morgen, der würde das schaffen.
    Vielleicht besser, dass es dieses Ding nicht gibt.

Die fabelhafte Welt der Wale
    Proportional zum Näherkommen der Sommerferien entfernt sich der gemeine Schüler vom Wissenserwerb. Die Noten sind ausgewürfelt, die Zeugniskonferenz ist schon Geschichte, und manche besonders emsige Klassenlehrer haben bereits ihre Zeugnisse ausgedruckt, darunter auch Karl. (Ich habe den besten Co-Lehrer der Welt!) Die Schüler, die das natürlich wissen, fragen sich ernsthaft, weshalb sie überhaupt noch in die Schule kommen müssen. Vallah, voll sinnlos das!
    Meine Bio-Gruppe ist regelrecht entrüstet, als ich mich anschicke, an der unübersichtlichen und voll langweiligen Photosynthese weiterzuarbeiten.
    «Tschüüüüsch! Was Unterricht? Frl. Krise! Mach mal nich so! Echt jetzt! Nie machen wir mal was Schöööööönes!»
    Die Ärmsten! Von Mitleid gerührt, verspreche ich, wenigstens morgen was «Schönes» zu machen, nämlich zwei Stunden Kunst anstatt Deutsch. Schließlich ist Kunst jetzt dreimal nacheinander ausgefallen, und wir wollen unbedingt unsere großen Bilder dieses Schuljahr noch fertig malen. Mit einer halbgaren Sache im nächsten Jahr anfangen? Abooo – das geht gar nicht! Darauf hat keiner Lust, nicht mal ich.
    Alle freuen sich, vallah, morgen, voll hollywood! Kunst!
    Aber heute! Was ist heute ?
    Ich lasse mich nicht überreden.
    Natürlich geraten wir wieder vom Hölzchen aufs Stöckchen, das lässt sich in Bio irgendwie nicht vermeiden. Schon sind wir von den «atmenden Pflanzen» bei den atmenden Tieren gelandet. Bei den Tieren im Wasser, genauer gesagt.
    «Was Lungen? Wie ein Mensch? Wale sind doch Fische», sagt Gamze im Brustton der Überzeugung. Himmel, das ist doch Grundschulwissen! Aber Gamze hat’s nicht so mit den Naturwissenschaften. (Das Biologischste, das sie heute leistete, war, dass sie sich einen ihrer künstlichen Fingernägel abriss und empört zu mir nach vorne kam, um mir zu zeigen, wie «komig» jetzt der lädierte echte Nagel aussieht: «Soll ich mir da jetzt Nagellack draufmachen oder nicht?»)
    Musti belehrt sie, dass Wale Säugetiere sind und immer wieder an die Wasseroberfläche kommen müssen, um zu atmen.
    Gamze ist ungläubig. «Frl. Krise, aber die schwimmen doch hinten, oder? Nicht vorne?»
    Wir sind verwirrt. Wale? Hinten? Wo hinten?
    «Na hinten! Wenn ich ins Wasser gehe, also wenn ich Meer bin, dann gehe ich immer vorne, und der Wal geht hinten.»
    Alle nicken ernsthaft, nur ich kichere ein bisschen vor mich hin, weil ich mir vorstelle, wie Herr Wal zuerst mit Badehose am Strand liegt und dann an der vorne planschenden Gamze vorbei nach hinten ins Tiefe schwimmt.
    «Du gehst Meer? Kannst du denn schwimmen?», fragt Musti
    Gamze klärt ihn darüber auf, dass sie eine exzellente Schwimmerin mit Seepferdchen und so sei, die ihn ganz bestimmt in Grund und Boden schwimmen könne.
    «Kannst du überhaupt schwimmen?», fragt sie zurück.
    Musti schüttelt den Kopf. «Nö. Aber ich kann ja auch überall stehen !»
    Musti ist mindestens 1,90 Meter groß, und er scheint zu glauben, dass er damit vor dem Ertrinken gefeit sei.
    «Na ja, es soll ja Meere geben, die tiefer sind als eins neunzig», werfe ich ein.
    «Genau!» Gamze wirft ihm einen triumphierenden Blick zu! «Sonst könnte der Wal ja nicht schwimmen! Der ist doch voll dick!»
    Auf diesem Niveau plätschert die Stunde vor sich hin. Photosynthese … ach!
    Als wir später über den Hof in ein anderes Schulgebäude pilgern und dabei über unsere Ferienpläne sprechen, fragt mich Fuat: «Gehen Sie wieder Frankreich, Frl. Krise?»
    Ich nicke.
    «Können Sie eigentlich schwimmen?» Gamze, die mir wie üblich nichts zutraut, will das wissen.
    «Natürlich», sage ich, «sonst würde ich mich doch gar nicht ins Wasser wagen.»
    «Aber gehen Sie bloß nicht so weit nach hinten,

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