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Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel

Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel

Titel: Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frl. Krise
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Frl. Krise», sagt Gamze und wirft mir einen ängstlichen Blick zu. «Die Wale, Sie wissen schon …»
    Schön, wenn sich die Kinder so um einen sorgen.

Vorsätzliches
    «Wollt ihr eigentlich mal Kinder haben?», frage ich meine Klasse in der letzten Stunde.
    Kurzes Schweigen. Dann rufen alle durcheinander:
    «Ja, wieso?»
    «Aber erst später!»
    «Aber nur zwei!»
    «Nee, lieber nicht!»
    «Nicht solche wie wir!» Nesrin hat das gesagt.
    «Ach! Wie soll ich das denn verstehen?»
    Dabei verstehe ich das natürlich sehr gut. Seit Stunden ärgere ich mich hier schon rum. Null Arbeitshaltung, null Motivation, null, null, null! Dafür jede Menge Rumgezicke und Unlust. Kunst in der ersten und zweiten Stunde ging ja noch, aber in der dritten und vierten Stunde hat mich Frau Schneider dreimal aus meinem Unterricht im achten Schuljahr rausgeholt, weil sich einige aus meiner Klasse komplett danebenbenahmen.
    Ich bin ziemlich abgegessen. Schön, es gibt bald Ferien. Keiner hat mehr richtig Bock, aber muss das so ausufern?
    Nesrin setzt sich gerade hin und holt tief Luft. «Guck mal, Frl. Krise», sagt sie, «wenn ich Kinder kriege, werden die vielleicht wie ich. Das fänd ich nicht gut!»
    «Wie bist du denn?», erkundige ich mich.
    Erkan ruft etwas auf Türkisch in die Klasse.
    «Sprich Deutsch», fahre ich ihn an.
    Gamze übersetzt: «Er hat gesagt: ‹Das muss nicht passieren, meine Mutter ist fett, aber ich bin schlank!›»
    Nesrin funkelt ihn böse an, sie ist nämlich nicht gerade die Dünnste.
    «Nicht fett! Hab ich nicht gesagt! Übergewichtig habe ich gesagt», versucht sich Erkan herauszureden.
    «Du Spast! Wir reden nicht vom Aussehen», faucht Nesrin ihn an. Sie droht ihm mit der Hand und schickt noch einen türkischen Fluch hinterher. Dann wendet sie sich wieder an mich. «Na ja … also, ich … Na, Sie wissen schon, ich und die anderen auch, wir sind nicht so gut in Schule und benehmen uns nicht so gut … also nicht immer! Mein Vater sagt immer: ‹Nesrin, du gehst nicht in die Schule zum Arbeiten, du gehst zum Spielen.› Also, er meint, dass wir Schule nicht ernst nehmen!»
    «Ist das so?», frage ich.
    «Ja … nein … okay. Wir nehmen es nicht totenernst. Und deshalb weiß ich nicht, ob ich Kinder will.»
    «Ich will welche», sagt Erkan. «Zwei. Die schicke ich auf Privatschule!»
    Die anderen wenden sich genervt von ihm ab. Was der so alles faselt, wenn der Tag lang ist.
    «Mein Vater sagt, er schämt sich für uns», berichtet jetzt Leila. «Er ist noch voll anders als wir. Er lebt noch in anderer Welt. Er ist noch in Türkei auf die Welt gekommen, und seine Eltern sind, vallah, voll streng! Sie können sich nicht vorstellen! Mein Opa! Bei dem darf man gar nichts!»
    «Hätten eure Eltern euch denn anders erziehen müssen?»
    Nein! Alle schütteln den Kopf und sind sich einig. Die Eltern trifft keine Schuld. Sie haben alles richtig gemacht. Keiner lässt etwas auf seine Eltern kommen.
    «Eigentlich haben meine Eltern mich gar nich erzogen», sagt Emre. «Ich mach schon ganz lange alles, wie ich will! Ich bin von alleine so geworden.»
    «Ich mache feste Regeln bei mein Kind!» Gamze guckt wild entschlossen. «Da muss sie sich dran halten – oder er! Aber ich bin auch mal nett, ich schimpf nicht immer gleich! Mein Kind soll guten Schulabschluss bekommen.»
    «Das wünschen sich deine Eltern für dich auch», sage ich.
    «Frl. Krise, ich benehm mich jetzt.» Gamze wird ganz weinerlich. «Ich schwöre auf Koran! Nächstes Schuljahr! Sie werden sehen! Ich änder mich voll! Ich will Schulabschluss machen, und mein Vater soll stolz auf mich sein. Und Sie auch!»
    «Ich auch! Ich glätte mir nicht mehr die Haare und schminke mich nicht mehr so doll. In der Zeit lerne ich! Nach den Ferien fange ich gleich an! Am ersten Tag! Ich schwör’s!» Nesrin legt die Hand auf ihr Herz.
    «Vielleicht könnt ihr schon mal ein bisschen zu Übungszwecken dieses Jahr damit anfangen», sage ich. «Das war heute wirklich richtig schlimm mit euch. Und bis zu den Ferien haben wir noch jede Menge Unterri…»
    «Frl. Krise, müssen wir immer Unterricht machen? Können wir nicht mal rausgehen?» Gamze nun wieder!
    «Ja, wir können doch am vorletzten Tag schwimmen gehen, und am letzten Tag machen wir Frühstück, und morgen …» Sie wird direkt kreativ.
    «Ach ja! Morgen habe ich euch ja in Vertretung», fällt mir ein. «Die ersten zwei Stunden. Chemie! Frau Meister ist krank, da machen wir Deutsch.»
    Lautes

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