Ghostman: Thriller (German Edition)
wurde erschossen. Ein Weißer. Morenos Partner war schwarz. Schon mal ein Foto von einem deiner eigenen Leute im Fernsehen gesehen, direkt aus der Überwachungskamera?«
» Ja.«
» Ich habe zwei gesehen.«
» Wann ist das Ding gelaufen?«
Marcus sah auf die Uhr. Er trug eine Patek Philippe wie ich.
» Vor fast vier Stunden jetzt«, sagte er.
Ich legte meine Hand auf das Geld. » Willst du meinen Rat hören? Warte ab. Vier Stunden sind gar nichts. Vier Stunden nach meinem letzten Raub war ich immer noch außer Atem und hätte niemanden anrufen können. Ich war umzingelt von Vegas Police. Ich wusste nicht, wer tot war, ich wusste nicht, wen sie geschnappt hatten, ich wusste nicht, wer die Kohle hatte. Ich wusste gar nichts. Ich hab nur an eins gedacht: Ich musste abtauchen und den Kopf einziehen, bis Gras über die Sache gewachsen wäre. Und wenn du glaubst, diese Fernseh-Reporter wissen, was passiert ist– dann täuschst du dich. Kann sein, dass Moreno ins Krankenhaus gebracht wurde und noch vor elf Uhr vormittags aus der Notaufnahme ins County-Gefängnis überstellt wird. Vor Mittag hat niemand handfeste Informationen, und du wirst sowieso erst darauf reagieren können, wenn der Staub sich gelegt hat, also wahrscheinlich morgen. Klar, du befürchtest, dieser Schwarze…«
» Ribbons. Jerome Ribbons.«
» Du befürchtest, dieser Ribbons könnte die Fliege machen, aber das wirst du abwarten müssen. Wenn du zu heftig einsteigst, könnte er annehmen, du bist hinter ihm her, weil er das Ding vermasselt hat, und dann taucht er nie mehr auf.«
» Das ist aber keine Sache, die warten kann«, sagte Marcus. » Die Beute, die Ribbons und Moreno da gemacht haben, ist extrem gefährlich. Ich habe achtundvierzig Stunden.«
» Das Geld ist gefährlich?«
» Ja, das Geld. Das Bargeld. Die gottverdammten unmarkierten, folienverschweißten, durchlaufend nummerierten Zentralbanknoten. Von D.C. direkt in die Zentralbankfiliale Philadelphia geliefert, speziell zur Verteilung an die Casinos in South Jersey. Die Scheine, Jack.«
» Was ist das Problem dabei?«
Marcus deutete mit dem Kopf auf das Bündel Zwanziger in meinen Händen.
» Die Bundesbeiladung ist noch dran«, sagte er.
VIER
Bundesbeiladung.
Ein Wort, das kein Mensch hören will.
Besonders ich nicht, und dabei habe ich noch nie etwas damit zu tun gehabt. Es ist die perverse Pointe am Ende einer absurden Geschichte namens Bankensicherheit. Es hat etwas damit zu tun, wie die Federal Reserve, die US -Notenbank, Bargeld transportiert. Wenn die Bundesdruckerei mit einer Partie fertig ist, lassen sie die frisch gedruckten Noten durch eine Maschine laufen, die jeweils tausend Scheine in Banderolen zu einhundert Stück bündelt. Am Ende dieses Prozesses wird das Geld in Zellophan vakuumverpackt, damit man es leichter transportieren kann. Sie drucken jeden Tag eine halbe Milliarde Dollar und geben Millionen nur für die Plastikumhüllung aus, denn eine Druckpartie kann manchmal fünfhundert Tonnen schwer sein. Mit der Vakuumverpackung lässt sich das Volumen jedes Bündels um ein Viertel reduzieren, was die Transporteffizienz ebenfalls steigert. Das verpackte Geld wird auf Lastwagen verladen. Die Lastwagen fahren zur Fed, wo das Geld gescannt wird und die Seriennummern freigegeben werden. Dann wird es per Lastwagen zu einer der zwölf Distrikt-Notenbanken befördert. Jede Bank scannt es noch einmal, verteilt es auf mehrere andere Lastwagen und leitet es an Geldinstitute auf der ganzen Welt weiter. Die Empfängerbanken scannen die Pakete ein drittes Mal, reißen das Zellophan ab und verteilen die Scheine an die Massen. Und damit die Inflation nicht angekurbelt wird, tauscht die Zentralbank alte Scheine gegen neue aus, sodass die im Umlauf befindliche Geldmenge bis auf ein paar Prozentpunkte im Jahr mehr oder weniger gleich bleibt. Die alten Scheine werden von den kleineren Banken eingesammelt, an die größeren geschickt, zur Federal Reserve zurückgebracht und dort geschreddert und verbrannt. Es ist ein großer Kreislauf.
Für Leute wie mich klingt eine Sechzig-Tonnen-Palette mit frischen Hundert-Dollar-Scheinen zu schön, um wahr zu sein. Das liegt daran, dass es in der Tat zu schön ist, um wahr zu sein. Kein Mensch hat je versucht, einen Geldtruck der Federal Reserve auszurauben, denn niemand ist so blöd. Es geht nicht. Der Grund dafür ist, dass es der Regierung scheißegal ist, was mit der Kohle auf dem Transport passiert. Sie beschützen sie mit allem, was
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