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Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter

Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter

Titel: Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: St John Greene
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einer dieser altmodischen Fotokabinen saßen, in denen der Blitz einen immer im ungünstigsten Moment erwischte, wenn man noch gar nicht bereit war.
    Es gab ein laminiertes Foto von Kate und mir mit Reef und Finn, wie wir in Florida einen Delphin hätschelten, und ein vierblättriges Kleeblatt, das Kate mit Tesafilm umhüllt hatte, sodass es ebenfalls laminiert aussah. Neben dem Kleeblatt lag ein dickes schwarzes Haarband, in dem sich ein paar von Kates mausfarbenen Haaren verfangen hatten. Ich hatte um Kates weiche blonde Haare getrauert, als diese nach ihrer Behandlung dunkler und borstiger nachwuchsen. Um einen Haarschopf zu trauern kam mir jetzt trivial vor.
    Das Durchsuchen von Kates persönlicher Habe wühlte mich zwar auf, hatte merkwürdigerweise aber auch eine kathartische Wirkung. Nachdem ich einmal damit angefangen hatte, wollte ich gar nicht mehr aufhören. Ich berührte Dinge, die sie als Letzte berührt hatte, und dieser Gedanke gefiel mir.
    Ich pickte einen von Kates rosa Lieblingslippenstiften heraus, außerdem Wimperntusche und Gesichtspuder. Sie waren alle von Clinique, ihrer Lieblingsmarke. Viel Make-up hatte sie nie benutzt, das hatte sie nicht nötig. Schon ein ganz klein wenig verlieh ihr sehr schnell Glamour. Doch weil Kate eine herrlich mädchenhafte Ader hatte, besaß sie trotzdem ganze Schubladen voll von dem Zeug. Zusammen mit dem Make-up fand ich ein altes Schweizer Armeemesser und einen Bootsschäkel – eine Art Haken –, keine Gegenstände, wie man sie in einer typischen Frauenhandtasche fand, aber Kate war auch keine typische Frau. Und voller Stolz sagte ich mir, dass genau das mir immer so an Kate gefallen hatte.
    Wie sollte es mir je gelingen, noch mal eine Seelengefährtin wie sie zu finden? Kate war einmalig – meine Traumfrau. Sie hatte sich kopfüber ins Leben gestürzt. War mit mir zum Bungee-Springen gegangen, meist von Brücken herunter. Hatte sich im Helikopter hinauf in die Lüfte tragen lassen, war in die Tiefen der Ozeane getaucht und übers Meer gesegelt wie ein Profi. Danach war Kate oft diejenige, die mich zu Bett brachte. Ich hatte mein Glück kaum fassen können. Wenn sie sich zum Ausgehen schick machte, fielen mir jedes Mal die Augen aus dem Kopf. Sie war so schön, dass einem der Mund offen blieb, und wenn sie sich bei mir eingehakt hatte, konnte ich mir ein selbstzufriedenes Lächeln nicht verkneifen.
    Selbst wenn sie in Jogginghosen und ohne eine Spur von Make-up auf dem Sofa lag und ein Buch las, war sie unglaublich attraktiv. Was sie ausstrahlte, fand man in keinem Fläschchen. Und auch die Mutterschaft mit all ihrem Stress und all ihren Belastungen nahm Kate nichts von ihrem Glanz. Sie brachte jeden Raum zum Leuchten, den sie betrat, und ihre Strahlkraft wirkte sich auf jeden Aspekt meines Lebens aus. Sie behielt ihre Figur und ihre sexuelle Energie. Wir waren vernarrt ineinander, küssten und liebkosten uns auch nach so vielen gemeinsamen Jahren noch immer wie ein Teenagerpärchen. Sie war einfach unersetzlich.
    »Finde eine Frau, mit der du zusammenleben kannst, damit die Jungs auch weibliche Einflüsse und Stabilität in ihrem Leben haben .« Als Kate dies niederschrieb und mir diesen Wunsch unterbreitete, fand ich ihren Mut niederschmetternd.
    »Wie soll ich denn je eine andere Seelenverwandte finden«, schluchzte ich. Ich wollte mich nicht mit Kate streiten, doch etwas derart Undenkbarem konnte ich einfach nicht zustimmen. Ich zitterte vor Anspannung, Tränen liefen mir übers Gesicht, und Kate drückte meine Hand, was ihr ungeheuer viel Kraft abverlangte.
    »Du solltest es versuchen«, sagte Kate unter Tränen. »Ich möchte, dass du glücklich bist, Singe. Das ist auch das Beste für die Jungs.«
    »Ich werde mein Bestes geben, bei allem«, versprach ich ihr. Um ihr diesen speziellen Wunsch zu erfüllen, würde ich allerdings Zeit brauchen – viel Zeit, da war ich ganz sicher.
    Ich öffnete Kates Brillenetui und holte die pink-schwarze Designerbrille heraus, die ich für sie ausgesucht hatte, als sie in den letzten Jahren eine zum Autofahren benötigte. Während ich sie hochhielt und hindurchschaute, betrachtete ich Kates durch die Linsen verzerrte Habe. Alles verschwamm, sodass ich blinzelte. Ich war es gewohnt, dass Kates Augen mich durch diese Gläser anschauten, und ich hätte alles darum gegeben, ihre Augen wiederzusehen anstatt dieser unscharfen Fragmente eines zurückgelassenen Lebens.
    Ich setzte mich an den Computer, der auf dem Tisch

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