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Gier

Gier

Titel: Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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Morgens mit einem kleinen Loch im Kopf aufzuwachen?« Er machte eine übertrieben lange Pause. »Hat funktioniert«, sagte er kopfnickend und grinste.
    Stille. Doch dann regte sich Bauer. Er sagte gedämpft: »Sie reden zuviel.«
    Ja, verdammt, fick dich. Sugarfoot steuerte den Customline um die Ecke und fuhr auf einen Parkplatz. Calamity Jane’s war die Kopie eines Western-Bordells, mit einer roten Saloontür, Wildwestdekor und passender Aufschrift. In Sommernächten lungerten die Mädchen auf den schmiedeeisernen Baikonen herum, mit Strapsen im Saloon-Style, Bändern und Korsetts, forderten die Männer zum Hereinkommen auf und verspotteten die Frauen. Eine Anzahl von Tafeln waren neben der Eingangstür angebracht worden: ›Privat-Suite‹, ›Filme für Erwachsene‹, ›Wasserbetten‹. Das Wort ›Aids‹ in ›Sex Aids‹ war übermalt und durch das Wort ›Toys‹ ersetzt worden. Sugarfoot hatte daraufhin die Vision, es mit einem Teddybär zu treiben.
    Sie gingen hinein. Im vorderen Teil befand sich niemand. Wann immer Sugarfoot auf einen Freifick herkam, versuchte er die Gerüche unterzubringen: billiges Parfum, Reinigungsmittel, Räucherstäbchen, nichts Beunruhigendes dabei, aber unter all dem lag ein feiner, aufregender Geruch, von dem er annahm, daß es der Sex selbst war.
    »Bitte, meine Herren?«
    Sie drehten sich um. Eine junge thailändische Frau kam aus einem Zimmer im Korridor. Dann erkannte sie die beiden, ihr professionelles Lächeln verschwand, und sie wirkte ängstlich.
    »Wir möchten Ellie besuchen«, sagte Bauer.
    Sie ging die Treppe hinauf. Zwei Minuten später kam eine gutangezogene Frau mittleren Alters langsam die Treppe herunter. Sie blieb auf der letzten Stufe stehen, erkannte Bauer und wurde blaß.
    »Wir möchten mit dir reden«, sagte Bauer.
    Sie sah die beiden an, nickte kurz und drehte sich um, um wieder nach oben zu gehen. Sie folgten ihr in ein Zimmer. Es war mit einem King-Size-Wasserbett, schrägen Spiegeln und einem Plüschteppich ausgestattet. Eine schmale Tür führte zu einem Badezimmer.
    An Sugarfoot gewandt, sagte Bauer: »Sie sagen nichts, mischen sich nicht ein, sehen nur zu« und stieß die Frau auf das Bett.
    Sugarfoot sah zu, wie er ein Nylonseil aus der Tasche zog. Er fesselte die Frau an den Fuß- und Handgelenken, bog ihre Fersen an ihr Gesäß und legte eine Schlinge um ihren Hals. Wenn sie strampeln würde, oder ihre Beine geringfügig bewegte, würde sich die Schlinge zusammenziehen und sie langsam erwürgen. In dem Moment als Sugarfoot die Methode begriff, begann die Frau zu husten. Sie kämpfte dagegen an, doch das erhöhte nur die Gefahr.
    Bauers Gesicht war ganz dicht über ihr. »Du bist Dreck«, sagte er, »ein Nichts. Du hast jede Woche einen Teil für dich abgezweigt, stimmt’s?«
    Sugarfoot schloß aus den Lauten, die die Frau von sich gab, daß sie zustimmte. Er sah, daß sie vor Angst uriniert hatte.
    »Uns fehlen siebentausend Dollar«, sagte Bauer. »Das wirst du zurückzahlen, mit Zinsen, ja?«
    Wieder gurgelte die Frau.
    »Hier wirst du dafür arbeiten«, fuhr Bauer fort. »Verstanden?«
    Die Frau nickte, bewegte ihre Beine und fiel in Ohnmacht.
    »Machen Sie sie los«, sagte Bauer.
    Sugarfoot ging in die Knie, fummelte an den Knoten, fühlte sich merkwürdig angetörnt und erregt von Bauers Kälte, seinem professionellen Vorgehen. Bauer war verrückt, keine Frage, weiß Gott, er beherrschte sein Handwerk.
    Er hörte, wie ein Wasserhahn im Bad aufgedreht wurde. Bauer wusch sich die Hände.

Elf
    Pedersen kam zwanzig Minuten zu spät. Als er Wyatts Zimmer im Gatehouse betrat, brachte er einen Geruch von chinesischem Essen und Industriegiften mit. Er schüttelte Wyatt die Hand, ging sofort ans Fenster, maß dabei die Grundfläche des Raumes mit seinen Schritten ab. Eine Angewohnheit, dachte Wyatt. Pedersen war fünfunddreißig und hatte sein halbes Leben in kleinen Räumen verbracht – Zellen und billige Zimmer.
    Endlich setzte sich Pedersen auf die Bettkante und schlug ein Bein über das andere. Er trug eine imprägnierte schwarze Wetterjacke, Jeans, dicke Socken und – ein Stilbruch – teure, weiche, knöchelhohe Stiefel. Die John-Deere-Kappe auf seinem Kopf hatte er zurückgeschoben. Wyatt hörte Schlüssel klirren, die an einem Ring von Pedersens Gürtel baumelten. Pedersen hatte den kleinsten Mund, den Wyatt je gesehen hatte und ein plattes Gesicht, das man schnell vergaß, aber er schien härter und konzentrierter zu sein, als Wyatt ihn

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