1598 - Allein unter Zombies
»Und hier soll es Zombies geben?«, fragte ich, wobei mein Gesicht einen skeptischen Ausdruck zeigte.
»Nicht hier, John, sondern in dieser Gegend.«
Kommissar Voltaire warf mir einen Seitenblick zu, bevor er die Fahrertür des Toyota Land Cruiser öffnete und ausstieg.
Er hatte die Wärme des Fahrzeugs verlassen und war in die Kälte getreten, die in den Bergen schon sehr spürbar war. Vor den Lippen des Franzosen stand der Atem wie kleine Nebelwolken.
Ich blieb noch sitzen und schaute dabei gegen die innen leicht beschlagenen Scheiben.
Das Bild dahinter wäre passend für einen Vergleich mit der absoluten Einsamkeit gewesen.
Berge, Täler, erster Schnee, der aber nur noch an schattigen Stellen lag.
Ein breiter Bach schäumte in der Nähe, und ich sah viele unterschiedlich große Steine.
Da stellte sich wieder die Frage, was ich hier tat und ob es vielleicht verrückt gewesen war, dem Ruf des französischen Kollegen zu folgen.
Okay, ich war jetzt da, wobei ich zugeben musste, dass die Wirklichkeit schon ein wenig entfernt lag, weil sich meine Gedanken mehr um die nahe Vergangenheit drehten.
Dabei wollte mir ein Name nicht aus dem Kopf. Loretta, die Vampirin und Köpferin, die sich der Supervampir Will Mallmann an seine Seite geholt hatte. Sie war praktisch der Ersatz für Justine Cavallo geworden, und wenn ich recht darüber nachdachte, war sie noch gefährlicher als die blonde Blutsaugerin, die zusammen mit meiner Freundin Jane Collins in einem Haus lebte. Wir hatten erfahren, dass sich die Köpferin aus Vampirstaub zusammensetzte. Er war so zusammengepresst und mit Blut vermischt worden, dass ein durchaus fester Körper hatte entstehen können.
Das wäre nicht weiter tragisch gewesen, wenn sie nicht in der Lage gewesen wäre, sich blitzschnell aufzulösen. Da wurde sie plötzlich zu Staub, der sich innerhalb kürzester Zeit in eine Wolke verwandelte und sich dann verflüchtigte.
Mallmann, alias Dracula II, hatte mit ihr viel vor.
Es ging ihm unter anderem um die Vernichtung meiner Freunde, und natürlich wollte er auch mir das Leben nehmen.
Beinahe wäre es ihm bei meinem Chef Sir James gelungen, und es war mein Freund und Kollege Suko gewesen, der dies im letzten Augenblick verhindert hatte.
Er war auch in London geblieben, während ich mich in den französischen Pyrenäen herumtrieb, in einer unwirtlichen Gegend zwischen Frankreich und Spanien, jenseits der normalen Passstraßen.
Der französische Kommissar Voltaire hatte mich angerufen und mich um Hilfe gebeten.
Wir kannten uns recht gut, weil wir schon einige Male miteinander gearbeitet hatten. Zuerst war der gute Mann skeptisch gewesen, was übersinnliche Vorgänge betraf. Später hatte er sich eines Besseren belehren lassen und lief nun mit anders geöffneten Augen durch die Gegend.
Angeblich sollte es in dieser schon archaischen Gegend Zombies geben.
Zeugen hatten Menschen gesehen, die längst begraben waren und plötzlich wieder erschienen. Und diese Wiedergänger hatten nach Wärme und warmem Fleisch gelechzt.
Es waren tatsächlich Menschen gestorben.
Als man sie fand, waren von ihnen nur noch Überreste vorhanden gewesen, aber man wusste auch, dass sie nicht von irgendwelchen Tieren angefallen worden waren.
Ein Kollege von Voltaire, der in diesem Gebiet einen Abenteuerurlaub gemacht hatte, war selbst angegriffen worden und hatte im letzten Moment mit seinem Wohnwagen flüchten können.
Ich wäre nicht losgefahren, hätte mich der Kommissar nicht dringend darum gebeten. Außerdem war es für mich wichtig, überall Freunde zu haben. Wir lebten auf der Insel schließlich nicht isoliert vom übrigen Europa.
Wir waren einen Weg gefahren, den man nur mit viel gutem Willen als Straße bezeichnen konnte.
Im Tal war es noch nicht so schlimm gewesen. Je höher wir jedoch gekommen waren, umso einsamer und lebensfeindlicher war es geworden.
Wer hier einen Bergwald erwartete, der hatte Pech. Den gab es nicht.
Stattdessen nur Steine, Felsen und Geröll - und unter uns Nebelstreifen, die sich wie lange Fahnen in den Tälern festgesetzt hatten.
Hinzu kam ein kalter Wind und Temperaturen, die um den Gefrierpunkt lagen.
Einen Vorteil hatten wir allerdings. Es gab keinen Schneefall. Den hatte diese Gegend bereits hinter ich. Auf den Spitzen der Berge lag er als dicke Schicht, die nicht so leicht tauen würde. In unserer Umgebung war er teilweise schon verschwunden oder hielt sich nur noch an schattigen Stellen.
Leider waren die Temperaturen
Weitere Kostenlose Bücher