Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gier

Gier

Titel: Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
Vom Netzwerk:
klingelte wieder. Wyatt wartete, und als es ein drittes Mal klingelte, nahm er den Hörer ab, sprach aber nicht. Rossiter sagte ohne Einleitung: »Rob Hobba möchte, daß du ihn anrufst« und las eine Nummer in Melbourne vor. Wyatt wählte sie, ließ es zweimal klingeln, hängte auf und wählte erneut.
    Hobba meldete sich sofort. »Ja?«
    »Ich rufe wegen Ihrer Anzeige in der Trading Post an«, sagte Wyatt. »Ich brauche mehr Einzelheiten.«
    »Es handelt sich um ein Haus im Westen«, sagte Hobba, »Eins-A-Zustand, großzügig angelegt, unkompliziert abzuwickeln. Wie auch immer, ich muß innerhalb der nächsten Tage verkaufen. Gibt es eine Möglichkeit, daß Sie kommen und es sich ansehen?«
    Wyatt dachte darüber nach. Er hatte zweimal mit Hobba gearbeitet, ein Banküberfall, die Entführung eines Geldtransporters, und beide waren traumhaft gelaufen. Hobba war gut; er würde keinen Kontakt aufnehmen, bevor er sich nicht sicher war, daß der Job machbar war. Und es war ein leichter Job, von dem er sprach, ein Safe, aber es mußte bald geschehen.
    »Morgen früh würde es mir passen«, sagte Wyatt. »Ich komme nach Melbourne und rufe Sie wieder an, wenn ich da bin.«
    Sie hängten auf, und Wyatt schüttete den Scotch weg, den er sich eingegossen hatte. Er würde nicht mehr trinken, bis der Job vorbei war. Schon fühlte er sich ruhiger und besser beieinander. Er stellte keine Mutmaßungen an, worum es gehen mochte, sondern ging ins Bett und schlief traumlos.

Sechs
    Diesmal nahm Wyatt den Zug nach Melbourne. Er wollte sich nicht mit einem Wagen belasten. Sollte sich herausstellen, daß der Job länger dauern würde, konnte er sich einen mieten.
    Er stieg Flinders Street aus, spazierte auf der Little Collins zum Gatehouse und trug sich unter dem Namen Lake ein. Das Zimmer, das sie ihm gaben, hatte Ausblick auf den Luftschacht einer Klimaanlage, aber es war komfortabel. Wyatt mochte das Gatehouse. Es lag zentral, war preiswert und altmodisch, ein Hotel für pleite gegangene Farmer und ihre Familien, die vom Land nach Melbourne kamen. Im Gatehouse begegnete man keinen Bullen, die in der Lobby oder in der Bar Gesichter musterten.
    Jetzt lehnte er seine lange Gestalt gegen das Fenster und betrachtete Robert Hobba mit eiskaltem Interesse. »Dreihunderttausend Dollar?« fragte er.
    Hobba nickte. »In bar.«
    »Wo?«
    »Ein Safe in einem Büro.«
    Wyatt runzelte die Stirn. »Fahrstühle, Türen, Kameras, Sicherheitspatrouillen, Nachtwächter …«
    »Nur das Büro«, sagte Hobba. »Es befindet sich in einem Wohnhaus.«
    Wyatt beobachtete ihn, fragte sich, was diesen Job von anderen unterschied, bei denen ihm jemand mit einem Plan und einem Jucken in den Fingerspitzen gegenübersaß. Auf den ersten Blick wirkte Hobba nicht vertrauenserweckend. Er saß auf der Kante seines Bettes, schmale Schultern, gewölbter Bauch, massive Oberschenkel. In einem grauen, aufgedunsenen Gesicht saßen hervorspringende Lippen. Er leckte sie, wenn er nervös war.
    Er leckte sie jetzt. »Ein umgebautes Haus in South Yarra«, sagte er. »Quiller Place. Bin gestern vorbeigegangen. Ein Stockwerk, ruhige Straße. Eine Anwaltskanzlei. Kinderleicht.«
    Wyatt schwieg, mit Bedacht Druck auf Hobba ausübend. Dann sagte er: »Erzähl mir, was eine vorstädtische Anwaltskanzlei mit Dreihunderttausend im Safe macht.«
    Hobba befeuchtete wieder die Lippen und starrte an die Decke. »Mal sehen, ob ich es zusammenkriege. Wenn man ein Einkaufszentrum bauen will oder so was, beantragt man eine Baugenehmigung. Wenn man Pech hat, kommen Nachbarn daher und erheben Einwände. Wenn man vor Gericht geht, kann das mehrere Monate dauern. Wenn man endlich dabei ist, den Grundstein zu legen, kommt ein anderer Scheißer und legt Beschwerde ein. Deine Kosten steigen, jeder ist angepißt. Um solche Auseinandersetzungen zu vermeiden, findet man die Gegner ab.«
    Er runzelte die Stirn, sah dann auf Wyatt und lächelte zufrieden.
    »Also?« sagte Wyatt.
    »Dieser Anwalt, Finn, handelt solche Sachen aus.«
    »Und sich selbst dreihunderttausend Dollar ein? Das ist ein Honorar«, sagte Wyatt.
    »Er kriegt nur Prozente«, sagte Hobba. »Am Freitag findet so ein Deal statt, und er spielt für ein paar Stunden die Bank. Wir haben nur den einen Schuß frei.«
    Wyatt hatte sich nicht vom Fenster wegbewegt. Er lehnte am Rahmen mit verschränkten Armen, versuchte Hobba und seine Geschichte einzuschätzen. Er sagte: »Wieso weißt du das alles?«
    Es war elf Uhr dreißig. Hobba war um elf Uhr

Weitere Kostenlose Bücher