Giftiges Wasser
in einer Sauna.
»Peter und Bob, ihr helft Simon beim Ausladen. Danach erklärt er euch den Umgang mit den Scheinwerfern.« Jean wandte sich zur Kamerafrau. »Chelsea, wenn du einen der beiden für den Akku brauchst, sagst du’s.«
Während sich das Team an die Arbeit machte, suchte Jean nach einem Platz für das Interview. Dann sprach sie mit Mister Carmichael. Justus notierte, dass er in Flagstaff geboren war und seit dreißig Jahren in Sedona lebte. Er war Witwer und hatte vier weitere Busse laufen.
Jean postierte Carmichael neben dem Ortsschild, um das zufällig einige Kakteen gruppiert waren. Justus hielt sich in sicherer Entfernung. »Wird prima aussehen«, urteilte Chelsea. »Stacheln machen sich immer gut. Gibt dem Film einen kritischen Touch.« Sie lachten.
»Brauchen wir Licht?«, fragte die Reporterin.
Chelsea blinzelte in die Kamera. »Versuchen wir’s so, oder willst du ihn im Gegenlicht?«
»Um Gottes willen, viel zu romantisch! Einsteigen will ich mit klaren Bildern. Simon, bist du so weit?« Der Tonmann nickte.
»Super, nicht?« Peter stieß Justus, ausgerechnet an der falschen Schulter, und Justus musste erneut die Zähne zusammenbeißen.
»Das sind eben Profis«, flüsterte Bob wieder mit Kennermiene, »ich hab’s euch ja gesagt.«
»Ruhe jetzt, wir fangen an.« Jean wollte zwei Varianten drehen, einmal Mister Carmichael allein und dann ein Interview, bei dem auch sie im Bild war. Sie begann mit Letzterem. »Kamera läuft«, sagte Chelsea und Justus drückte auf die Stoppuhr.
Der Chauffeur, der zuerst etwas verklemmt antwortete, taute rasch auf und erzählte wieder so wie am Vorabend im Bus, was er von dem Spektakel, den Musikern, den Künstlern und Touristen hielt. Justus notierte einige Stichworte. Bald war Carmichael kaum noch zu bremsen. Wie ein Wasserfall erzählte er – von der Stadtverwaltung und vom Bürgermeister, vom Verkehr in den Sommermonaten und der Idee einer Umgehungsstraße, die aber an Umweltschützern gescheitert war.
Nach zwanzig Minuten war alles vorbei. Chelsea nahm die Kassette aus der Kamera und beschriftete sie mit ›Carmichael/Eins‹. Justus gab seinen Notizen dieselbe Kennzeichnung. Inzwischen stand die Sonne ziemlich hoch. Die roten Felsen ragten wie Feuerzungen in den blauen Himmel. Carmichael schlug vor, die Gruppe zum Schnebly Hill zu fahren. »Da oben hat man eine Wahnsinnsaussicht auf die Stadt und die Umgebung«, lockte er.
Jean war sofort einverstanden, wollte allerdings mal kurz ins Radio hören, um auf dem neuesten Stand in der Erpressergeschichte zu sein.
»Interessiert uns auch«, sagte Peter ungefragt. Diesmal war er es, der einen missbilligenden Blick von Bob erntete.
Der Sender rauschte kurz und wurde dann klar. »… noch nicht identifiziert werden«, sagte eine dunkle Männerstimme. »Bestätigt wurde von der Polizei, dass auch bei der Sedona Tribune ein Erpresserbrief gleichen Inhalts eingegangen ist. Ein Sprecher der Stadtverwaltung hat inzwischen Maßnahmen zur Sicherstellung der Trinkwasserversorgung angekündigt. Details wurden allerdings nicht genannt. An die Bevölkerung erging der Appell, den Anordnungen der Behörden Folge zu leisten. Vorerst gibt es keinerlei Anzeichen für eine Verseuchung des Wassers. Dennoch sind für den Ernstfall zur Versorgung der Bevölkerung Wasserwagen an zentralen Plätzen der Stadt aufgefahren. Wir informieren Sie in unserem Vormittagsprogramm mit Live-Einschaltungen über die weiteren Ermittlungen.«
Justus’ Blick fiel auf die Schreibplatte. Während Peter und Bob über die Landschaft staunten, notierte er kurz die wenigen Fakten, die sie bisher über die Erpressung wussten: ein Mann, ein Anruf, ein Brief. Einen großen Kringel machte er um die Sedona Tribune und einen Pfeil zu zwei Namen: Ruth und Chosmo.
Ein Pressechef verweigert die Aussage
Nach dem kurzen Ausflug an den Schnebly Hill brachte sie Mister Carmichael zum Rathaus. Schon von der Redaktion aus hatte Jean einen Termin mit Mister van Well, dem Pressechef der Stadt, ausgemacht. Er entpuppte sich als unsympathischer Angeber, der sich mächtig wichtig nahm und so tat, als müsse er den Erpresser höchstpersönlich und ganz allein fangen.
»Aus aktuellen und hochbrisanten Gründen«, imitierte Jean Mister van Wells nasalen Tonfall während der Fahrt, »müsste er das Interview absagen.« Aber Jean hatte sich nicht abwimmeln lassen. Im Gegenteil: Sie wiederholte einige ihrer kräftigsten Argumente und imponierte dadurch nicht nur den
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