Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gildenhaus Thendara

Gildenhaus Thendara

Titel: Gildenhaus Thendara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
Vom Netzwerk:
„Ich habe einmal… einen anderen Namen getragen, und meine Familie war in den Kilghardbergen nicht unbekannt. Meine Mutter behauptete…” - ihre Stimme klang flach und unbe
rührt - „… es sei Hasturblut in meinen Adern, was wahrscheinlich bedeutet, daß ich bei einem Fest gezeugt worden und nicht die Tochter meines Vaters bin. Ich war für eine vorteilhafte Heirat oder als Leronis für den Türm bestimmt. Meines Vaters Landgut wurde eines Tages von Räubern angegriffen. Sie erschlugen viele von den geschworenen Männern meines Vaters, und mich nahmen sie zusammen mit dem Vieh als Spielzeug mit. Du wirst dir vorstellen können, welche Verwendung sie für mich fanden”, berichtete sie, immer noch mit dieser unbeteiligten Stimme. „Ich war noch keine vierzehn Jahre alt, und glücklicherweise habe ich viel vergessen” „Oh, Camilla!” Magda schlang die Arme um den hageren Körper der Älteren.
„Zu guter Letzt wurde ich ausgelöst und gerettet” Camilla hielt sich steif in Magdas Armen. „Ich glaube, den meisten Kummer machte es meiner Familie, daß ich für eine gute Partie nicht mehr taugte. Und eine Leronis muß…” - sie suchte offensichtlich nach Worten - „… unberührt sein. Ich war nicht einmal alt genug, um zu wissen, daß ich von einem dieser - Tiere, die mich gestohlen hatten, schwanger war. An mehr erinnere ich mich nicht; mein Geist verdunkelte sich. Man hat mir gesagt, ich hätte versucht, mir das Leben zu nehmen” Ihr Blick war nach innen auf alte Schrecken gerichtet. Nach einer Weile gab sie sich einen Ruck, und ihre Stimme füllte sich wieder mit Leben.
„Meine Familie interessierte es nicht mehr, was aus mir wurde. Ich war geheilt, aber ich wußte, ich konnte die Berührung eines Mannes nicht mehr ohne Entsetzen ertragen. Leonie, die Lady von Arilinn, gab die Genehmigung dazu, daß ich emmasca gemacht wurde, und so geschah es. Viele Jahre habe ich als Mann unter Männern gelebt und mich geweigert, auch nur vor mir selbst zuzugeben, daß ich eine Frau bin. Doch dann kam ich ins Gildenhaus, und dort gewann ich die Überzeugung, Weiblichkeit sei
- möglich für mich.” Sie lächelte auf Magda nieder. „Das ist ein halbes Menschenalter her. Manchmal erinnere ich mich jahrelang nicht an das alte Leben oder das, was ich damals war. Wir sollten uns schlafen legen. Nur wenn ich müde bin, rede ich solchen morbiden Unsinn”
Magda hatte es vor Grausen die Sprache verschlagen, nicht allein wegen Camillas Geschichte, sondern auch wegen der eisigen Ruhe, mit der sie sie erzählt hatte. Wieder lächelte Camilla ihr zu und sagte: „Kindra, meine Eidesmutter, sagte einmal zu mir, jede Frau,
die zu uns ins Gildenhaus kommt, habe ihre eigene Geschichte, und jede Geschichte sei eine Tragödie, die man nicht glauben würde, sähe man sie im Theater von Schauspielern dargestellt. Als ich Keithas Wunden sah auch ich bin einmal wie ein Tier geschlagen worden und trage Narben wie die ihren an meinem Körper. Deshalb ist mir alles ins Gedächtnis zurückgerufen worden und quält mich von neuem”
Magda protestierte: „Das trifft doch sicher nicht auf alle Entsagenden zu! Nicht alle können eine Tragödie erlebt haben. Bestimmt kommen einige Frauen hierher, weil ihnen das Leben gefällt und sie es für sich gewählt haben - Jaelle erzählte mir, sie sei im Gildenhaus aufgewachsen, als Pflegetochter Kindras… ”
„Frage Jaelle irgendwann einmal nach dem Tod ihrer Mutter”, sagte Camilla. „Sie wurde in Shainsa geboren, aber es ist ihre Geschichte, nicht meine, und ich habe nicht das Recht, sie zu erzählen.”
Magda lachte verlegen. „Meine Geschichte ist keine Tragödie.” Sie bemühte sich, leichthin zu sprechen. „Sie ist eher eine Komödie - oder eine Farce!”
„Ah, Schwester”, erwiderte Camilla, „das ist ja das Schreckliche an allen unseren Geschichten, daß manche Männer, wenn sie sie hörten, sie für beinahe komisch halten würden” Aber ihre Stimme verriet nichts von Belustigung. „Geh du ins Bett. Ich gebe heute keinen Unterricht im Schwertkampf” Sie streckte die Arme aus und umarmte die Jüngere schnell und herzlich. „Leg dich schlafen, chiya.”
Magda wäre lieber geblieben; sie wollte nicht allein sein. Aber sie stieg gehorsam in ihr Zimmer hinauf und legte sich ins Bett. Eine oder zwei Stunden später wachte sie auf und konnte nicht wieder einschlafen. Sie ging in die Küche und suchte sich kaltes Essen zusammen. Danach wußte sie nichts Rechtes mit sich anzufangen,

Weitere Kostenlose Bücher