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Girls Game

Girls Game

Titel: Girls Game Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Bitzer
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seit meinem sechsten Lebensjahr in mir gefühlt habe, die mich schon damals wissentlich ausmachte, die ich schon immer bin. Zumindest zu einem grossen Teil. Und deshalb ist das hier auch kein „echter Epilog“.
    Denn das dicke Ende kommt noch.
    Denn ich bin heute auch… Marlene.
    Ich habe Sie eine kleine Weile beschwindelt. Mich selbst ein bisschen länger: rund 30 Jahre lang. Meine Entdeckungsreise in das unbekannte Land der Frauen begann tatsächlich schon viel früher als dieses Buch. Viel, viel früher.
    Haargenau kann ich mich an die Szene im damals noch kleinen Maler-Geschäft meiner Eltern erinnern. An den Kunden, der dem kleinen blonden Wuschelkopf versonnen und ganz nebenbei durch die langen, weichen Haare strich und den Eltern ein folgenschweres schwäbisches Kompliment zunuschelte:
    „Dees isch aber a schees Mädle!“
    Habe natürlich nur ich gehört.
    Und es mir ganz tief drinnen eingemeisselt.
    Ich fühle noch wie heute den schlagartigen Anflug peinlicher Berührtheit, den überrumpelt-wortlosen Widerspruch des Sechsjährigen, der mit plötzlich roten Bäckchen zum „Ja, aber ich bin doch gar kein Mädchen!“ ausholt. Und mittendrin kein Wort mehr formen kann. Weil sich – wieder ganz tief da drinnen – eine bislang ungestellte, mächtige Frage erhoben hat. „Vielleicht ja doch?“
    Natürlich wusste ich damals darauf keine Antwort. Zumindest keine, die ich verstanden hätte. Weil ich mich die meiste Zeit selber nicht verstand. Fast fünfzehn Jahre lang nagende Zweifel über Jungenstreiche, die ich einfach nur dämlich fand. Mehr als nur einmal schmerzhafte Prügel für den klaren Aussenseiter, der komplizierte Rollenspiele jedem Räuber-und Gendarm-Geplänkel vorzog und sowieso lieber drinnen aus bunten Baukästen Phantasiewelten zauberte, als draussen im Matsch zu wühlen.
    Ziemlich bescheidene Zeit, in der mich fast nur der gelegentliche Besuch von Mutters Kleiderschränken aufmunterte, deren faszinierend seidig weiche Bestandteile ich wohl bald besser kannte als sie selbst. Und trotzdem keine Sekunde verstehen konnte, was mich um alles in der Welt daran so „anmachte“? Schon das Wort selbst kannte ich noch nicht. Fühlte mich verdammt wie Robinson. Ohne Freitag. Ich war garantiert der Einzige, dem es so ging – allein auf einer Insel der unverstandenen Reaktionen und noch schlimmeren Ängste. In meiner Phantasie erschienen mir Robinsons gefürchtete Menschenfresser wie verständnisvolle Weihnachtsmänner. Nie hätte ich mich getraut, irgend jemanden einzuweihen. Das, was ich empfand, konnte einfach niemand verstehen. Das war -sicher. Alles andere nicht. Eine recht schwierige Zeit.



Keine Chance, den permanent spürbaren Frust irgendwie loszuwerden. Aber dann, die erste Freundin. Sehr süss, aber leider völlig unsensibel und trotz dezenter Verkleidungs-Hinweise zur Faschingszeit nahezu reaktionslos. Sie weiss natürlich, wen ich meine, falls sie dies hier je lesen sollte. Keine Bange, war nicht so schlimm damals, wurde durch vielerlei „andere“ Vorzüge mehr als ausgeglichen, blieb aber immer noch… unbefriedigend. Zumindest, was meine unvorstellbare Wunschwelt anbetraf.
    Dann kam Susanne. Und eroberte mit mir mein unbekanntes Terrain im Sturm. Plötzlich hatte ich ein Ventil, das den jahrelang verdrängten Druck an fastjedem folgenden Wochenende spielerisch entweichen liess. Aus anfänglich noch etwas unbeholfenen Testreihen mit diversen Make-ups, falschen Wimpern und noch mehr Lippenstiften entwickelte sich stückweise immer mehr. Bis zu jenem denkwürdigen Tag, an dem das Ergebnis im Spiegel so perfekt war, dass mein Verstand zum ersten Mal auf „Mädchen“ umschaltete. Der Effekt war dramatisch. Unglaublich.
    Ich fühlte mich so gut wie niemals zuvor. Und Susanne weigerte sich zum ersten Mal, das Produkt unserer vermeintlich gemeinsamen Leidenschaft zu fotografieren. Kein Wunder – ich hatte in meiner Begeisterung völlig übersehen, dass sie wohl zum ersten Mal eine ernsthafte Konkurrentin in mir sah. Verrückte Vorstellung! Ich selbst als Konkurrentin um meine eigene Gunst! „Verwirrend“ ist wohl noch untertrieben.
    Aber davon bekamen ich und meine Macho-Gene damals nicht genügend mit. Und so war es nach etlichen Jahren mit mir und Susanne – die sich zurecht vernachlässigt fühlte – recht plötzlich vorbei. Meine, ganz allein meine Schuld, ich gestehe. Und danke ihr hiermit einfach mal aus ganzem Herzen. Sie war es, die mich gesund gepflegt hat. Ohne sie wäre

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