GK206 - Der schwarze Golem
Recht auf seine Existenz verlor.
In diesem einen Jahr hatte Alec Messer wichtige Arbeit für die Ägypter geleistet. Abends, wenn er im Bett lag, quälte ihn sein Gewissen. Um diese geistige Folter ertragen zu können, griff er immer häufiger zur Flasche. Er sehnte sich so sehr nach dem totalen Vergessen, wollte nichts mehr wissen von Ägypten, von dieser verfluchten Wüste, in die man ihn verschleppt hatte, von Bir el-Kubba – ja er wollte sogar sich selbst für alle Zeiten vergessen.
In England hatten sie keine Ahnung, wohin er verschwunden war.
Messer fragte sich hin und wieder, ob sie ihn heute überhaupt noch suchten oder ihn bereits als Verlustposten abgebucht hatten.
General Kareb hatte Wort gehalten. Was immer Alec Messer haben wollte, bekam er. Auch hübsche Mädchen, die man in Bir el-Kubba angesiedelt hatte, damit sie sich um die Männer kümmerten, die hier arbeiteten.
Drei Mädchen hatte Messer sich ausgesucht: die rassige schwarzhaarige Gina aus Rom, die blaßhäutige Loretta aus Liverpool, und die langbeinige Arlene aus Paris. Er verlangte nach ihnen in unregelmäßigen Abständen, wählte sie nach der jeweiligen Laune aus und versuchte in ihren Armen seinen Kummer zu vergessen. Manchmal gelang ihm das sogar.
Messer nahm wieder einen Schluck von seinem Whisky. Was war bloß aus ihm geworden. Er soff wie ein Loch und verkehrte mit Mädchen, die für die Liebe, die sie ihm schenkten, von General Kareb bezahlt wurden. War er nicht das heruntergekommenste Individuum, das es geben kann?
Da hockte er in diesem goldenen Käfig und prostituierte sich Tag für Tag. Für Whisky, für Kaviar, für hübsche Mädchen stellte er den Ägyptern seinen Geist zur Verfügung. O Gott, wie widerlich er doch war. Er fand sich einfach zum Kotzen.
Hastig leerte er den restlichen Whisky in seine Kehle. Er goß das Glas noch einmal voll und blickte dann auf seine Armbanduhr. Nervös nagte er an seiner Unterlippe. Mit dem vollen Glas begab er sich zum Fenster. Ungeduldig schaute er nach draußen.
»Wo bleibt sie denn?« fragte er ärgerlich.
Heute abend war Gina an der Reihe. Er hatte sie informieren lassen, und er war sicher, daß sie kommen würde. Jeder andere Freier mußte zurückstehen, wenn Alec Messer ein bestimmtes Mädchen haben wollte. Anweisung von General Kareb. Das ging so weit, daß sogar der General selbst auf Loretta, Gina oder Arlene verzichtete, wenn Messer sich für eine von ihnen entschieden hatte.
Vor dem Haus brütete eine schwarze Dunkelheit. Das Licht fiel auf ein paar rissige Palmenstämme und auf den sandigen Boden. Rechterhand lag das Haus des Generals. Dahinter wohnten die Mädchen. Und noch weiter hinten gab es den getarnten Eingang zu den unterirdischen Laboratorien…
Messer setzte sich. Abgesehen davon, daß Gina jedem gehörte, war sie kein schlechtes Mädchen. Er hatte mit ihr nächtelang über Rom gesprochen. Ebenso wie er mit Loretta über Liverpool geredet und mit Arlene im Geist einen Streifzug über die Champs Elysees gemacht hatte.
Gina, ein Mädchen, das etwas mit Alec Messer gemeinsam hatte: das Ende des Lebensweges in Bir el-Kubba. Fort von hier konnten sie beide nicht mehr.
Der Whisky begann allmählich zu wirken. Messer trank noch. Es klopfte. Er erhob sich und knurrte: »Na endlich.« Dann begab er sich zur Tür, um Gina einzulassen.
Als die Tür zur Seite schwang, fiel das Dielenlicht auf ein Mädchen, das Messer noch nie gesehen hatte. Auch sie hatte feurige Augen und langes, schwarzes Haar, aber sie war nicht Gina. Ihr blutrotes Kleid war ein hauchdünnes Etwas, das ihre Konturen hervorragend zur Geltung brachte. Sie hatte formvollendete Brüste und aufregend breite Hüften. Ihre Brauen verfügten über einen geradezu rätselhaften Schwung.
»Hallo«, sagte sie mit einer Stimme, die in Samt gebettet war. Ihr Lächeln war geheimnisvoll, irgendwie sphinxenhaft. Von ihren Augen ging eine zwingende hypnotische Kraft aus. Messer überlief unwillkürlich ein Schauer. Er hatte das Gefühl, sich vor diesem, bildhübschen Mädchen in acht nehmen zu müssen. Gleichzeitig fühlte er sich von ihr aber so unwiderstehlich angezogen, wie er es noch niemals erlebt hatte.
Sein Herz schlug aufgeregt gegen die Rippen. Heiser fragte er: »Wer bist du? Wo ist Gina?«
»Gina ist verhindert.«
»Was heißt das?«
»Sie fühlt sich nicht gut«, sagte das Mädchen.
»Was hat sie?«
Das bildschöne Mädchen hob gleichmütig die Achseln. »Ein allgemeines Unwohlsein. Das kann schon
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