GK352 - Miß Zombie
einmal war. Der Tag ist wohl nicht mehr fern, wo es mich im Stich lassen wird.«
»Das glaube ich nicht. Sie gehören zu jenem Menschenschlag, der nicht so leicht umzubringen ist.«
Wir setzten unseren Weg fort und erreichten die Eremitage. Grau und rissig waren die Steine, aus denen die Mauern bestanden.
In den Fugen und Ritzen wuchsen Gras Und Moos.
»Der Eingang ist hier, Mr. Ballard«, sagte Mailer.
Wir gelangten zu einer finsteren Öffnung, aus der uns eine eisige Kälte entgegenströmte.
Chuck Mailer wies darauf. »Irgend jemand hat die Mauer, die wir errichteten, abgetragen. Irgend jemand muß Hannah Hunter aus ihrem steinernen Totenbehälter geholt haben. Oder kann sie sich von selbst erhoben haben, Mr. Ballard?«
»Ich möchte mich jetzt noch nicht festlegen. Prinzipiell kann ich dazu nur folgendes sagen: Es gibt so gut wie nichts, was den Mächten der Finsternis unmöglich ist.«
Ich holte meine Kugelschreiberlampe aus der Jacke. Für ihre Größe gab sie erstaunlich viel Licht. Ich schaltete sie ein. Der bleiche Lichtfinger tastete über die Steinstufen, die nach unten führten.
»Besser, Sie warten hier auf meine Rückkehr, Mr. Mailer«, sagte ich.
»Kommt nicht in Frage, Mr. Ballard. Ich fürchte mich nicht. Ich will dabei sein, wenn Sie sich im Inneren der Eremitage umsehen. Sie wissen, vvas ich einmal für Hannah Hunter empfunden habe. In meinem ganzen Leben habe ich keine Frau angesehen, denn ich fühlte mich seelisch mit Hannah vereint. Selbst über ihren Tod hinaus.«
»Na schön. Dann kommen Sie. Aber bleiben Sie in meiner Nähe.«
Wir gingen die breiter werdenden Stufen hinunter. Ich hatte ein eigenartiges Gefühl, das ich nicht beschreiben kann. Meine Nerven strafften sich. Sie spannten sich bis zum Zerreißen.
Erwartete ich einen Angriff?
Mir kam vor, als wäre ich mit Chuck Mailer nicht allein in der Eremitage. Aber das konnte natürlich auch Einbildung sein.
Als wir das Ende der Treppe erreicht hatten, flüsterte Mailer: »Jetzt nach rechts, Mr. Ballard.«
Ich wandte zunächst den Strahl meiner Lampe in diese Richtung. Durch einen spitzen Mauerbogen fiel der Schein in einen großen Raum, in dessen Mitte ein grober Sarkophag stand.
Gänzlich schmucklos war der steinerne Totenbehälter. Ich sprach Chuck Mailer darauf an, und der Alte sagte: »Hannah liebte Schlichtheit und Einfachheit. Deshalb ließ ihr Vater keinerlei Verzierungen anbringen.«
Ein schwerer Steindeckel lag auf der steinernen Truhe. Mir fiel nicht sofort auf, daß der Deckel nicht korrekt auf dem Totenbehälter lag.
Erst als ich näher trat, bemerkte ich es. Der Deckel ragte links zwei Zentimeter über die Kante. Es waren genau die zwei Zentimeter, die rechts fehlten. Jemand schien den Deckel zur Seite gerückt, sich anschließend aber nicht die Mühe gemacht zu haben, ihn wieder an seinen richtigen Platz zu schieben.
Ich drückte Mailer meine Stablampe in die Hand. »Halten Sie mal.«
»Was haben Sie vor, Mr. Ballard?«
»Ich werde mich auf die Suche nach schwarzmagischen Kräften begeben.«
»Wie stellen Sie das denn an?«
Ich zeigte dem Alten meinen magischen Ring. »Damit kann ich böse Strahlungen entdecken.«
Vorsichtig näherte ich mich der ersten Wand. Gewissenhaft tastete ich sie mit meinem magischen Ring ab. Nichts.
Ich ging zur nächsten Wand weiter. Auch hier gab mein magischer Ring keine Warnenden Impulse an mich ab.
Als auch die beiden verbleibenden Wände sich als »sauber« erwiesen hatten, atmete ich etwas erleichtert auf.
»Was nun?« fragte Chuck Mailer gepreßt. Seine Hand, die die Stablampe hielt, zitterte. Dadurch zitterte auch der Lichtstrahl.
Oben orgelte der Wind unheimlich, Aus dem Gemäuer, das uns umgab, schien ein geisterhaftes Raunen und Wispern zu dringen.
Ich wies auf den Sarkophag. »Ich muß da einen Blick hineinwerfen.«
Mailer zog die Luft geräuschvoll durch seine Krummnase ein. »Ich werde Ihnen helfen, den Deckel zur Seite zu rücken, Mr. Ballard.«
Wir packten gleichzeitig an. Mailer war schwach. Er strengte sich mächtig an, vermochte den Deckel jedoch nicht so weit zur Seite zu schieben wie ich. Eine dreieckige Öffnung entstand.
Das Licht meiner Lampe war irgendwohin gerichtet. »Leuchten Sie in den Sarkophag!« verlangte ich.
»Ja«, krächzte Chuck Mailer. »Ja…«
Der Strahl senkte sich in die Tiefe des Totenbehälters.
Plötzlich passierte es.
In der Steintruhe entstand ein körperloses Flirren und Flimmern. Es schoß aus der dreieckigen Öffnung
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