Glaub an das Glueck, Annabelle
dich!“
„Wirklich?“, fragte Annabelle, begeistert von der Vorstellung, ihn nicht verlassen zu müssen, um ihre Arbeit zu beenden. Nach einer kurzen Dusche schlüpfte auch Stefano in seine gewohnte Arbeitskleidung, bestehend aus Jeans und T-Shirt. Er führte Annabelle durch einen Nebeneingang zu einer etwas abgelegenen Garage, wo er ihr die Tür eines ziemlich ramponierten 1950er Willys Jeeps öffnete.
„Nettes Vehikel“, befand sie mit einem anerkennenden Pfiff. „Nicht zu protzig, eher bodenständig.“
„Freut mich, dass er dir gefällt.“ Stefano startete den Motor und manövrierte den Jeep geschickt zwischen den Trucks und Horden fremder Menschen hindurch. Erst als sie unbehelligt auf der Straße angekommen waren, die direkt nach Algares führte, atmete er auf.
Für Annabelles Geschmack erreichten sie das malerisch am Fuß einer grünen Hügelkette gelegene Dorf viel zu schnell. Kaum tauchten die ersten, weiß getünchten Häuser mit blühenden Vorgärten vor ihnen auf, wurden sie von einer johlenden Gruppe Kinder verfolgt. Immer wieder hörte Annabelle Stefanos Namen.
„Sie laufen uns hinterher und rufen nach dir“, wunderte sie sich.
Lächelnd schaute er in den Rückspiegel. „Ich weiß.“ Auf einem kleinen Platz vor einer Kirche parkte er den Jeep und empfing die Rasselbande, die sie inzwischen eingeholt hatte, mit weit ausgebreiteten Armen. „Hola, mis amigos!“
Langsam stieg auch Annabelle aus, zückte wie in Trance ihre Kamera und hielt das fröhliche Treiben um ihn herum fest. Während Stefano einem bezopften Mädchen zuhörte und auf Spanisch antwortete, zauste er nebenbei den dunklen Schopf eines kleinen Jungen, der sich vertrauensvoll an sein Bein schmiegte, und nickte einem größeren Bengel zu, der ebenfalls versuchte, seine Aufmerksamkeit zu gewinnen.
Diese warme, familiäre Seite von Stefano Cortez kannte sie noch nicht, obwohl er mit seinen Stalljungen auch eher kameradschaftlich als autoritär umging. Und dann dieses schmucke, pittoresk anmutende Dorf mit den sorgsam renovierten alten Straßen und gastfreundlichen Menschen.
Sie kam gar nicht aus dem Staunen heraus. Dies sollte Algares sein, das vor zehn Jahren noch als einer der ärmsten Orte Spaniens gegolten hatte? Sie konnte gar nicht aufhören, Fotos zu machen, besonders von Stefano. So gelöst und authentisch wie hier hatte sie ihn bisher noch nicht gesehen.
Nachdem sie quasi jedes einzelne Haus besucht hatten, nahm Stefano Annabelles Arm und dirigierte sie in Richtung einer romantischen, zweistöckigen Taverne. „Du wirkst erschöpft, Querida . Lass uns kurz einkehren und eine Erfrischung zu uns nehmen.“
Unversehens spürte sie einen bitteren Geschmack im Mund.
Wenn ich mir eine Geliebte nehme, miete ich zu dem Zweck ein Hotelzimmer in der nächsten Ortschaft …
„Nur auf einen schnellen Drink, bevor wir nach Santo Castillo zurückfahren. Im Innern kannst du auch ein, zwei Bilder machen“, lockte er. „Diese Gaststätte ist eine Art Sehenswürdigkeit und wird von allen sehr geschätzt.“
„Darauf könnte ich wetten“, murmelte sie bissig und machte ein Foto von der malerischen Fassade, ehe sie ihm folgte. Tapfer biss sie die Zähne zusammen und setzte sich zu Stefano, der zielsicher einen kleinen Tisch am Fenster angesteuert hatte. Mit wie vielen Frauen hatte er hier wohl schon gesessen, bevor er sie mit nach oben aufs Zimmer genommen hatte? Und wie viele würden mit ihm hier sitzen, nachdem sie abgereist war?
„Wie immer, Señor ?“, fragte der freundliche Kellner beflissen.
„Sí“ , erwiderte Stefano lächelnd. „Und die Señorita nimmt …“
„Ich habe keinen Durst“, sagte Annabelle steif.
„Komm schon, irgendetwas musst du trinken, nur ein Glas“, drängte er.
„Was trinkst du denn?“
„Ein Bier.“
„Dann nehme ich auch eins.“
Stefano gab die Bestellung an den Kellner weiter. „Kann ich die neuen Bilder sehen, die du gemacht hast?“, fragte er dann völlig überraschend.
Nervös biss Annabelle sich auf die Unterlippe. „Wirst du mir auch ernsthaft deine Meinung sagen?“
„Wenn du das möchtest … selbstverständlich.“
Zögernd händigte sie ihm ihre Digitalkamera aus, nachdem sie den Modus ‚Bilderschau‘ eingestellt hatte. Während Stefano ruhig alle Fotos der Reihe nach betrachtete, auch die, die sie in den letzten Tagen gemacht hatte, wurde Annabelle immer zappeliger. Sie selbst liebte die neuen Bilder. Sie waren so … voller Leben und Leidenschaft,
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