Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Glennkill: Ein Schafskrimmi

Glennkill: Ein Schafskrimmi

Titel: Glennkill: Ein Schafskrimmi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Swann
Vom Netzwerk:
dienstliches Guinness sozusagen. Es verdarb ihm den ganzen Spaß an der Sache. Ausgerechnet hier, in diesem gottverlassenen Glennkill. Ausgerechnet bei diesem dämlichen Schafswettbewerb, eingekeilt zwischen Touristen und Einheimischen, alle natürlich in Festtagslaune. Die Stimmung gefiel ihm nicht. Ausgelassen war schön und gut, doch die Leute hier waren entschieden zu ausgelassen. Wahrscheinlich kam es ihm aber auch nur so vor, weil er selber keinen Spaß an der Sache hatte.
    Er hätte nie zur Polizei gehen sollen. Nicht mit dem Namen. In Galway hatten sie einen Watson, den ließen sie auch nie in Ruhe, aber bei ihm erst … Blöde Sprüche waren noch das Wenigste. Alle aussichtslosen Fälle landeten auf seinem Schreibtisch. Mit dummen Sprüchen. Es war nicht seine Schuld, dass er die schlechteste Erfolgsquote im ganzen County hatte. Und keine Aussicht auf Besserung. Nicht mit Angelegenheiten wie dieser hier. George Glenn. Gleich am Anfang hatte er gewusst: Wenn es nicht die Familie war, kriege ich das nie raus. Die Familie bestand aus dieser hübschen rundlichen Rothaarigen. Natürlich mit Alibi. Dann kam die Sache mit der Erbschaft raus. Er hatte sich vorgenommen, einfach die Erben zu verhaften. Besser als gar keine Verhaftung, hatte er sich gedacht. Laufen lassen konnte man sie ja nachher immer noch.
    Aber jetzt! Er konnte doch schlecht eine Herde Schafe verhaften. Um ehrlich zu sein, er konnte keine Schafe mehr sehen. Da war er beim Smartest-Sheep-of-Glennkill-Contest natürlich an der falschen Adresse.
    Mitten in der Festhalle des Mad Boar hatten sie eine hölzerne Plattform aufgestellt. Keine Treppen, die hinaufführten, sondern Rampen. Alles für das Viehzeug. Dahinter standen die Schäfer mit ihren Champions. Wer von ihnen vor Aufregung den penetranteren Gestank verbreitete, war schwer zu sagen. Vielleicht waren auch die Touristen schuld. Manche waren in der Sommerhitze mit dem Rad gekommen. Das roch man natürlich. Was wollte er eigentlich noch hier? Wartete er darauf, dass der Mörder sich im Suff freiwillig stellte? Dass die Schafe ihm den einen, entscheidenden Hinweis lieferten? Eigentlich wollte er nur nicht zurück ins Büro, zur Ablage mit den ungelösten Fällen, das war das ganze Geheimnis. Lieber noch ein bisschen weiterermitteln.
    Jetzt wurde es still. Stiller jedenfalls. Die Schafe blökten natürlich lustig weiter. Nicht besonders smart. Ein dürrer Mann stieg auf die Plattform. Wenn das der Wirt sein sollte, sprach das nicht gerade für das Essen hier. Da hätte er schon eher dem Dicken im Rollstuhl eine Mahlzeit abgekauft. Waren die beiden nicht bei denen dabei gewesen, die die Leiche gefunden hatten? Richtig. Baxter und Rackham.
    Ein verschwiegener Bursche, dieser Baxter, hatte er sich damals gedacht, als er ihn befragt hatte. Aber jetzt sprach der Wirt schon minutenlang in die Menge hinein: Der heilige Patrick … Yeats und Swift … Tradition … Tradition … Glennkill ist stolz auf seine Schafe. Zum Abgewöhnen! Und das Guinness war auch schon leer.
    Endlich war der dürre Wirt fertig. Der Wettbewerb eröffnet. Jetzt wurde es wirklich still. Erwartungsvoll. Sogar die Schafe hatten aufgehört zu blöken.
    Mitten in diese Stille hinein fiel das Klopfen an der Eingangstür. Noch vor einer Minute hätte es nicht die geringste Wirkung gehabt, aber jetzt zog es alle Augen zur Tür. Ein bisschen unsinnig, an eine Kneipentür zu klopfen. Wahrscheinlich gehörte es zu diesem blödsinnigen Zeremoniell hier. Aber niemand im Saal rührte sich. Erneutes Klopfen. Eigentlich klang es mehr so, als würde jemand mit einem harten Gegenstand gegen die Tür donnern. Keine Reaktion. Erst beim dritten Klopfen erbarmte sich jemand. Große Nase. Mit dem hatte er auch gesprochen. Father … irgendwas. Der Pfarrer hier.
    Der Pfarrer ging zur Tür und zog sie mit einem Lächeln auf. Aber dann missriet das geistliche Lächeln. Erstarrte. Verzerrte sich ins Entgeisterte. Entsetzt starrte das Pfarrersgesicht auf das, was da auf ihn wartete.
     
    *
    Als sich die Tür endlich öffnete, wären sie am liebsten wieder davongelaufen. Sie hätten nie gedacht, dass es so viele Menschen auf der Welt gab; mehr als damals auf ihrer Weide, sogar mehr, als unter der Linde Platz gefunden hatten. Und der Gestank. Die Gerüche der Einzelmenschen hatten sich zu einem riesigen Sammelgeruch zusammengetan, fettig und rauchig, sauer, ranzig und ungeheuer fremd. Der üble Gestank legte sich um ihre Nüstern wie Öl und nahm ihnen alle

Weitere Kostenlose Bücher