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Gletscherkalt - Alpen-Krimi

Gletscherkalt - Alpen-Krimi

Titel: Gletscherkalt - Alpen-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan König
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S. rast mit Schülerin ins Verderben« – »Das tragische Ende
einer (verbotenen) Liebesnacht« – »Tragödie nach Tête-à-Tête mit Schülerin –
Innsbrucker Reifenhändler S. überlebt schwer verletzt« – so und ähnlich
lauteten die Headlines und die Zwischenüberschriften am ersten Tag. Und was in
den Lauftexten stand, war eine Mischung aus Bericht und Spekulation, immer
wieder unter die Gürtellinie zielend. Leicht konnte man den Eindruck gewinnen,
dass nicht der fürchterliche Unfall und der Tod des Mädchens die eigentliche
Nachricht waren, sondern das Verhältnis des reifen Mannes mit der Schülerin,
die ansonsten, so die Zeitung, »unauffällig gewesen ist, keinen Freund gehabt hat
und bei den Klassenkameradinnen eher als graue Maus galt«.
    Es war eine üble Geschichte.
    *
    Staatsanwalt Dr. Magnus Kröninger war
außer sich. Er hatte am Morgen den noch nach Druckerschwärze riechenden
»Tiroler Stern« auf den Tisch bekommen. Das Foto auf der Titelseite war groß.
Es war nicht zu übersehen.
    Seine Sekretärin erschrak. So hatte sie den
jungen Staatsanwalt, für den sie seit gut eineinhalb Jahren arbeitete, noch
nicht kennengelernt. Im Allgemeinen schien er seine Emotionen gut im Griff zu
haben.
    »Welches Arschloch hat dieses Bild gemacht und an
dieses Schmierblatt gegeben?«
    Kröninger leitete bei diesem Verkehrsunfall mit
Todesfolge die Ermittlungen. Er hasste es, wenn die Medien während laufender
Ermittlungen auf gleichem Wissensstand mit der Polizei waren – oder ihr gar
noch voraus. Und noch mehr hasste er es, wenn Texte oder gar Bilder
veröffentlicht wurden, wodurch die Würde betroffener Menschen verletzt werden
konnte.
    »Schaun S’ nicht so belämmert«, schnauzte er die
Sekretärin an. »Ich will alle Beamten, die am Unfallort waren, hier in meinem
Büro. Und zwar innerhalb der nächsten halben Stunde.«
    Es ging nicht ganz so schnell, wie Kröninger es
eingefordert hatte – zwei der vier Beamten, die am Unfallort gewesen waren,
hatten gerade einen Einsatz. In einem Vorstadt-Beisl war es zwischen
notorischen Trinkern zum Streit und zu handgreiflichen Auseinandersetzungen
gekommen.
    Aber nach eineinhalb Stunden waren dann alle da.
Sie konnten glaubwürdig versichern, dass nicht einer von ihnen ein solches Foto
gemacht habe. Foto ja, aber nur zum Zwecke der Dokumentation des Unfalls.
Niemand hatte ein Bild an die Presse gegeben. Und es hatte auch keiner von
ihnen beobachtet, dass einer der Sanitäter oder der Notarzt … Und als dann das
Bergungsfahrzeug mit der Seilwinde kam, da waren die Verunglückten ja längst
abtransportiert.
    Kröninger glaubte den Polizisten. Keiner von
ihnen suchte seinem strengen Blick auszuweichen. Keiner zeigte Anzeichen
unangebrachter Nervosität. Er glaubte ihnen und schickte sie weg, zurück an
ihre Arbeit.
    »Machen Sie den Chefredakteur dieses Schmutzblattes
ausfindig. Ich will ihn sprechen.« Er war noch immer wütend. »Stimmt nicht«,
fügte er hinzu. »Ich will ihn nicht sprechen. Was ich wirklich will, ist ihm
mit Anlauf in seinen platt gesessenen Arsch treten.«
    Zehn Minuten später hatte er ihn in der Leitung.
Marius M. Hellwage.
    Ein Deutscher, dachte Kröninger. Mir bleibt auch
nichts erspart. Ein arroganter Deutscher.
    Er wusste, dass es ein Vorurteil war. Aber nach
Fairness oder Neutralität war ihm an diesem Tag nicht zumute.
    Kröninger verzichtete auf jegliche
Höflichkeitsform, sagte weder Guten Tag noch Bitte und Danke. »Ich will wissen,
vom wem das Foto stammt, das heute Ihre geschmacklose Titelseite ziert.«
    Die mühsam unterdrückte Wut war ihm anzuhören.
    Doch der Chefredakteur ließ sich davon nicht
beeindrucken.
    »Ihnen wird bekannt sein«, sagte er mit einer
Stimme, der ein leises Lächeln zu entnehmen war, »dass es so etwas wie
Informantenschutz gibt …«
    Kröninger schwieg. Er musste ein paar Sekunden
lang darüber nachdenken, wie er mit diesem arroganten deutschen
Journalistenarschloch umgehen sollte.
    Dann sagte er, sehr leise und dabei sehr drohend:
»Dieses Foto kann nur entstanden sein, bevor die Rettungskräfte eingetroffen
sind. Als die Sanitäter, die Polizei und die Feuerwehrleute kamen, war niemand
außer den Unfallopfern da.«
    Er schwieg wieder eine Sekunde. Auch am anderen
Ende der Leitung keine Regung.
    »Ich nehme an, dass Sie nicht Chefredakteur
geworden wären«, sagte er dann schärfer, »wenn Sie nicht genug
Journalistenverstand hätten, um zwei und zwei zusammenzählen zu können …«
    Hellwage

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