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die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin

die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin

Titel: die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Smith-Ready
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1. KAPITEL
    D er Hund würde nicht sterben.
    Sicher, er war krank und schon kein Welpe mehr gewesen, als Rhias erste Erinnerung vor mehr als fünf Wintern den Horizont ihres Bewusstseins erhellt hatte. Er lag vor dem Feuer, hatte seinen schweren grauen Kopf in ihren Schoß gelegt und starrte ausdruckslos in die Flammen. Behutsam streichelte sie die drahtigen Haare an seinen Flanken. Sein Fleisch fühlte sich kalt an, und seine Rippen traten deutlich hervor. Selbst sein stockender Atem roch abgestanden wie ein halb geöffnetes Grab.
    Alles deutete darauf hin, dass Boreas die Morgensonne nicht mehr erblicken würde. Und dennoch ...
    Ihre Mutter Mayra stand vom Tisch auf und kam zu ihnen. Ihre Schritte raschelten leise auf dem Teppich aus Wolfshaut. Eine irdene Schale und ein blassgrünes Tuch in der Hand, kniete sie sich neben Rhia.
    „Das wird ihm auf seiner Reise nach Hause die Schmerzen nehmen.” Sie zeigte Rhia den Inhalt der Schüssel – etwas Flüssigkeit, nicht mehr, als in die hohle Hand eines Kindes passte. Das war nicht genug.
    Mayra breitete das Tuch über die Schüssel und begann zu singen. Leise und sanft rief sie ihren Schutzgeist Otter an, um die Wirkung der Medizin zu steigern.
    Rhia schloss die Augen und versuchte, Angst und Trauer aus ihren Gedanken zu vertreiben. Die Schutzgeister konnten am besten wirken, wenn die Anwesenden ihnen aus dem Weg gingen.
    Durch ihre geschlossenen Lider bemerkte Rhia, wie ein goldenes Licht aufglimmte, das die Farbe der Sonne an einem Herbstnachmittag hatte. Ein leises Plätschern und Mayras geflüsterter Dank verrieten ihr, dass Otter den Hilferuf erhört hatte. Als das Licht verblasste, öffnete Rhia die Augen und sah in die ihres Hundes. Tränen tropften auf seine Schnauze.
    Mayra tauchte das Tuch in die halb volle Schüssel, um es zu tränken. Sie saßen da und horchten auf die einzigen Geräuschen im Raum – das angestrengte Schnaufen des Hundes und das Knistern der Funken in der steinernen Feuerstelle.
    Dann hörte Rhia, wie Tropfen in die Schüssel fielen, als ihre Mutter das Tuch auswrang. Kein Tropfen durfte verschwendet werden, so viel wie möglich musste der Hund schlucken, um Erleichterung zu erfahren.
    Selbst in seinem hohen Alter und mit dem gekrümmten Rücken war Boreas viel größer als Rhia. Stand er auf den Hinterbeinen, konnte er ihr die Pfoten auf den Kopf legen. Ein Jahr zuvor, als Rhia sich von einer Krankheit erholte, die ihre Muskelkraft schwinden ließ und ihr alle Kraft aus den Gliedern saugte, hatte Boreas zugelassen, dass sie seinen starken Rücken und seine Beine als Krücke benutzte. Und jetzt, in kalten Nächten wie dieser, wenn der Wind und die Wölfe draußen vor den Wänden aus Baumstämmen heulten, kuschelte sie sich neben seinem pelzigen Leib zusammen, eine seiner Vorderpfoten über ihre Schultern gelegt, und schlief warm und beschützt ein.
    „Halt seinen Kopf, Liebes.”
    Rhia fasste unter Boreas’ Schnauze und hielt sie hoch. Plötzlich atmete er heftig aus, es klang beinah wie ein Husten. Eine schwere Last schien von ihm abzufallen. Ein Geräusch wie das eilige Flattern schwerer Flügel erklang. Rhia stockte der Atem, und sie schaute sich um.
    „Was ist los?”, fragte ihre Mutter.
    Rhia sah in das verhärmte, durch Wind und Feuer gerötete Gesicht ihrer Mutter.
    „Es ist noch nicht an der Zeit”, erwiderte sie.
    „An der Zeit für was?”
    „Dass er geht.”
    Zärtlich sah Mayra ihre Tochter an. „Ich weiß, du wünschst dir, es wäre noch nicht so weit, aber ...”
    „Er ist noch nicht bereit.” Sie unterdrückte ein Schluchzen und bemühte sich, mit fester Stimme zu sprechen. „Die Welt ist noch nicht bereit.”
    Mayra kniff die Augen zusammen. „Warum sagst du das?” Rhia schaute nach Nordwesten, in die Richtung, aus der der Wind wehte. „Er nimmt einen Wolf mit sich, wenn er uns verlässt.”
    Mit bebender Stimme flüsterte ihre Mutter: „Woher weißt du das?”
    „Ich weiß es einfach.” Sie blinzelte, und ihre letzte Träne fiel, dieses Mal auf ihr Handgelenk. Jetzt aufzuhören bedeutete, die Magie ihrer Mutter zu verschwenden – eine Magie, die sie selbst eines Tages zu besitzen hoffte. Aber etwas, das nicht genau aus ihr selbst kam, bat sie um das Leben des Hundes. „Bitte, lass ihn nicht sterben, Mama. Warte bis zum Morgen, und du wirst sehen. Ich verspreche es.”
    Mayras Augen leuchteten im Feuerschein, als sie Rhia mit einem Blick betrachtete, in dem mehr lag als nur Mitgefühl. Ihr Blick war

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