Glückliche Ehe
die nicht bereit für einen Kuss waren. »Ich bin hier.« Er presste den Mund auf ihren, stieß vor allem auf Zähne.
Ihr Gesicht entspannte sich. Ihre Schultern lockerten sich. Sie lächelte, schloss die Lippen und spitzte sie, die Augen geschlossen, suchend – selbst für den skeptischen Enrique war klar, dass sie ihn suchte.
Er küsste sie, und als ihre Lippen sich trafen, schnurrte sie wohlig. Als er sich von ihr löste, machte sie zufrieden »Mmm« und spitzte wieder die Lippen. Er küsste sie wieder, legte die Arme um ihre mageren Schultern, und sie schnurrte und schnurrte vor Vergnügen.
Als er sie losließ, seufzte sie erleichtert und lehnte sich aufs Bett zurück. Er half ihr, ließ sie auf die Matratze hinab und arrangierte den Tropfschlauch so, dass er nicht unter sie geriet.
Sie krümmte sich nicht wieder zusammen. Sie lag auf demRücken, mit geschlossenen Augen, ganz gestreckt, als bettete sie sich zur letzten Ruhe. Er zog das Decklaken über sie und griff sich dann das Handtuch, um sich wieder zu bedecken. Ihre Atmung hatte sich verändert und ging jetzt schnell und flach. So begann die letzte Phase, das hatte die Hospizärztin ihnen erklärt. Bald würde Margaret ins Koma fallen. Er sah seine Schwester an: Ihr Gesicht war tränenüberströmt. »Sie wollte dich«, sagte Rebecca erschüttert. Die Hospizpflegerin berührte ihn leicht an der Schulter, als schlüge sie ihn zum Ritter.
Er hatte sich die ganze Zeit getäuscht. Margaret hatte sich von ihm verabschieden wollen. Und sie hatte es getan, auf beredte Art. Sie hatte es – trotz aller Hindernisse, die ihr die Natur und die Menschenwelt in den Weg stellten – geschafft, ihm zu sagen, dass ihre Liebe und seine überlebt hatten.
*
Rasch, so rasch, binnen einer Minute, schneller noch, binnen Sekunden, binnen einer einzigen Sekunde überkam Enrique die Erregung. Er war trunken von ihrer Berührung und versank in ihren meerblauen Augen. Er wusste nicht mehr, dass Neujahr war. Er wusste nicht mehr, dass die Sonne schien oder dass er Lauchomelette zum Brunch gegessen hatte. Er hatte vergessen, wie sie hieß, erinnerte sich nicht mehr an den Parkettboden. Er hatte vergessen, Angst zu haben.
Sie war unter ihm. Er begriff nicht, wie sie es geschafft hatte, ihn auf sich zu befördern, ohne ihn hochzuhieven. Ihr lächelndes Gesicht war alles, was er sah, und es wurde seine Welt. Er folgte ihren Augen wie einem Kompass oder dem Pendel eines Hypnotiseurs. Sie ließ sein Glied nicht los. Sie zeigte ihm den Weg, und ehe er dazu kam, sich zu überlegen, was schiefgehen konnte, sprach sie.
»Du wirst das nicht können«, sagte sie.
»Ich … nicht …?«, stammelte er überrascht.
»Weil du, wenn du in mir bist, nie wieder wegkommst.«
»Nein?«, fragte er verwundert wie ein Kind.
»Nein, nie mehr«, sagte sie und zog ihn sachte zu sich. Er spürte ihre Wärme an seinem Glied und hatte schreckliche Angst, zu verschwinden. »Wenn du das jetzt tust, bist du gefangen.«
»Wirklich?«, sagte er grinsend.
Eine Hand landete auf seinem Hintern und drängte ihn weiter, und da war keine Wand, kein Hindernis mehr, nur das Meer Margaret, das heiße Bad ihrer Liebe, in das er eintauchte. Sie brachte ihren Mund an sein Ohr, ihr Atem war warm, ihre kühlen Hände hielten ihn und dirigierten ihn ganz in sie hinein. »Du kommst nie wieder weg. Du wirst mit mir zusammenziehen, wir werden heiraten und Kinder bekommen. Du bleibst jetzt für immer hier«, flüsterte sie, und in ihrem Ozean ließ er die Angst aus seinem Herzen entweichen, atmete die Verzweiflung seiner Seele aus und dachte freudig: Ich bin zu Hause! Ich bin zu Hause! Gott sei Dank, ich bin zu Hause!
DANK
Ohne Tamar Coles, Susan Bolotins, Ben Cheevers und Michael Vincent Millers beständige Ermutigung wäre ich nie über die ersten Kapitel dieses Romans hinausgekommen. Und ohne Donna Redels Freundlichkeit und Verständnis hätte ich die Überarbeitung nie geschafft. Es ist üblich, dass Schriftsteller ihren Agenten und Lektoren danken. Das scheint einerseits klug, andererseits selbstverständlich. Aber Glückliche Ehe wäre nie erschienen und hätte mich erst recht nie so stolz machen können, wären Lynn Nesbit und Nan Graham nicht gewesen. Sie haben viel mehr getan, als wie üblich exzellente Arbeit zu leisten, sie haben alles aufgeboten, um mir entscheidend zu helfen. Nans penibles Lektorat kann ich gar nicht genug würdigen. Eine große Hilfe in allen Phasen, die mein Manuskript bis zum Erscheinen
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