Glut und Asche
er sie vermutlich nicht einmal gesehen hatte. »Das bin ich. Und ich habe auch vor es zu ble i ben.«
Frederic starrte ihn aus großen Augen an. Andrej reichte ihm das Messer mit dem Griff voran zurück und fügte mit einem Lächeln hinzu: »Und ich habe auch vor, noch eine Weile am Leben zu bleiben.«
»Dann bist du hier in der falschen Gegend«, sagte Frederic, während er das Messer mit so spitzen Fingern entgegennahm, als hätte er Angst, es könnte ihn beißen. »Hat dir in deiner vo r nehmen Unterkunft niemand gesagt, wie schnell man hier zu Schaden kommen kann?«
»Da sind sie viel zu vornehm, um über diesen Teil der Stadt auch nur zu sprechen«, antwortete Andrej lächelnd.
»Ich glaube, sie würden gerne verschweigen, dass es ihn überhaupt gibt.«
Eines der Mädchen schnaubte. »Ja, aber sie sind nicht zu vornehm, um hierherzukommen und -«
»Halt die Klappe, Bess«, unterbrach sie Frederic. Das Mä d chen funkelte ihn wütend an, senkte aber dann den Blick und schwieg gehorsam. Frederic hatte seine Bande offenbar im Griff. »Ich glaube nicht, dass unser vornehmer Gast so etwas hören will.«
»Woher willst du denn wissen, was ich hören will?«, erw i derte Andrej.
»War nur so eine Idee«, erwiderte Frederic. Seine Stimme wurde eine Spur verächtlichen »Aber wenn du dich dafür int e ressierst, können wir dir auch weiterhelfen. Ist aber nicht bi l lig.« Er grinste schmutzig. »Aber Bess ist auch jeden Penny wert, das verspreche ich dir. Einen Schilling.«
Andrej starrte erst ihn, dann das Mädchen an. Natürlich ve r stand er genau, was Frederic mit diesen Worten hatte sagen wollen. Aber ein Teil von ihm wollte es nicht verstehen.
»Wie alt bist du, Bess?«, fragte er schließlich.
Frederic antwortete an ihrer Stelle. »Zwölf«, log er.
»Eher sieben«, vermutete Andrej.
»Neun«, behauptete Frederic. »Aber sie ist sehr reif für ihr Alter, und wenn du willst, waschen wir sie auch. Ihr vornehmen Leute wollt es ja immer sauber, oder?«
»Keinen Tag älter als acht«, beharrte Andrej. »Und bevor du jetzt weiterfeilschst: Ich bin nicht interessiert. Deshalb bin ich nicht hier.«
»Und warum dann?«, fragte Frederic.
Andrej wollte antworten, doch dann fing sein feines Gehör ein Geräusch auf, das irgendwo in der Nacht erklang, viel zu leise, als dass Frederic oder einer der anderen es hören konnte, für ihn aber unüberhörbar. Etwas daran war beunruhigend, doch er wusste nicht was. Als er sich jedoch darauf zu konzentrieren versuchte, war da nichts. Er war nervös, das war alles.
»Was ist los?«, fragte Frederic. Andrej hatte schon zuvor bemerkt, was für ein ausgezeichneter Beobachter er war. Er an t wortete jedoch nicht gleich, sondern lauschte noch einmal in die Nacht hinaus. Nichts. Wahrscheinlich nur eine weitere Ra t te, die es vorzog, nicht ebenfalls zum Abendessen eingeladen zu werden, versuchte er sich selbst zu beruhigen.
»Nichts«, antwortete er verspätet.
»Natürlich nicht«, sagte Frederic abfällig. »Deshalb zuckst du auch bei jedem Geräusch zusammen.« Er überlegte. Aber nicht lange. »Jetzt versteh ich. Du bist auf der Flucht. Du läufst vor irgendwem davon.«
Wenn überhaupt, dann vor mir selbst, mein Junge. Oh ja, und natürlich vor...
»Wenn du ein Versteck suchst, dann können wir dir helfen«, sagte Frederic. Gier blitzte in seinen Augen auf. »Kostet aber eine Kleinigkeit. Ist vielleicht nicht ganz so vornehm, wie du es gewohnt bist, aber dafür sicher.«
»Du bist ein guter Beobachten mein Junge«, sagte Andrej. »Aber in diesem Punkt irrst du dich. Ich bin nicht auf der Flucht und will mich auch nirgendwo verstecken. Ganz im Gegenteil. Ich suche jemanden. Aber vielleicht könnt ihr mir dabei auch helfen.«
»Und wie?«
Als er das Geräusch erneut vernahm, nun sogar lauter, aber kein bisschen deutlicher, lauschte Andrej jetzt mit allen seinen Si n nen. Nichts.
»Du bist entweder ein ziemlich schlechter Lügner, Andrej Delany «, sagte Frederic , »oder ein ziemlicher Hasenfuß. Hier Ist niemand. Jedenfalls keiner, der hier nichts zu suchen hat.«
»Und woher willst du das so genau wissen?«, fragte Andrej. Allmählich begann Ihm dieser Junge fast unheimlich zu we r den.
»Well das hier unser Revier Ist«, antwortete Frederic g e wichtig. »Hier treibt sich keiner rum, ohne dass wir es merken.«
»Außer mir.«
Frederic zog es vor, diesen Einwand zu überhören. »Du suchst also jemanden«, sagte er. »Und wen?«
»Das weiß ich selbst noch
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