Go West - Reise duch die USA
einlud, an dem ich aber eine schöne kleine gedrehte Muschel fand. Wir schlenderten am Strand entlang, an dem uns kaum ein Mensch begegnete. Irgendwann setzten wir uns in den Sand und schauten einem Fregattvogel zu, der weit über uns seine Kreise zog.
Als wir Hunger verspürten, suchten wir uns einen candy store und stopften uns mit Süßigkeiten voll. Mit neuer Energie nahmen wir unsere Wanderung durch die Straßen wieder auf und liefen geschlagene drei Stunden lang durch Key West, bis uns die Füße wehtaten und wir uns ein schönes Restaurant am Mallory Square suchten, wo wir eine wagenradgroße Pizza verdrückten. Es ging uns einfach nur gut. Nichts störte. Keine Sorge um irgendwas.
Als die Sonne untergegangen war, gingen wir zu Captain Tony’s Saloon und tranken leckere alkoholfreie Cocktails. Die meisten Touristen gehen ja ins Sloppy Joe’s , wahrscheinlich, weil es besser als Hemingways Stammkneipe beworben wird. Aber Tony’s beansprucht diesen Titel ebenso für sich, und manche sagen, dass es der wahre Aufenthaltsort des alten Meisters war, der, wo er sich mal nach einer Renovierung ein altes Pissoir unter den Nagel gerissen und zur Katzentränke umgebaut hat. Das Sloppy Joe’s heute ist ein quirliges Touristenlokal, in dem Fernsehbildschirme von der Decke hängen und in dem nicht die Spur Atmosphäre von der alten Zeit herüberkommt. Tony’s kommt dem sehr viel näher. Es waren gerade mal drei, vier Leute da und ein Gitarrenspieler, der vor sich hin zupfte und unseren melancholischen Zustand vertiefte. Gina, Liz, der Barkeeper und ich waren plötzlich hundert Jahre alt, philosophierten vor uns hin und laberten dusseliges Zeugs.
Diese Theke war wie ein Ort in der Unendlichkeit, eine Oase in der Wüste des Ablaufs aller Dinge, und ich war an diesem Abend unsterblich.
Key West ist nicht schön, aber wunderbar.
***
Die restliche Zeit auf der Insel und damit auch in Amerika ließen wir dahinfließen. Wir verzichteten auf den Besuch weiterer Attraktionen, bummelten durch die Straßen, saßen am Meer, tranken Eistee und futterten uns durch die regionalen Spezialitäten. Abends saßen wir auf der Veranda, ließen unsere Gedanken treiben und winkten den Leuten zu, die vorbeischlenderten. Es war ein wundervoller Abschluss unserer Reise. Ich werde zurückkehren an diesen Ort. Vielleicht an alle Orte, die wir besucht haben. Und Gina und Liz nehme ich mit.
Dann kam der Samstag unserer Heimreise. Bis zum allerletzten Moment saßen wir im Schaukelstuhl, so lange, bis die Zeit drängte und wir aufbrechen mussten. Ich wünschte mir, diesen Moment anhalten zu können. Es schmerzte, gehen zu müssen. Das Einzige, was uns aufrechthielt, war die Aussicht auf eine Rückkehr. Vielleicht sogar im kommenden Jahr, und vielleicht wieder mit Liz.
Unsere Freundin, die uns so ans Herz gewachsen war, fuhr uns zum Flughafen von Miami. Die zwei Stunden, die uns noch blieben, verbrachten wir etwas befangen in einem Starbucks. Wir wollten uns nicht trennen, aber es war unausweichlich.
Dann war es so weit. Wir umarmten Liz und verabschiedeten uns.
»Macht’s gut, Ladies «, sagte sie lächelnd.
»Du auch.«
Wish we were there …
Über die Autorinnen
Die Zwillinge Sandy und Gina Rau haben während ihrer Schulzeit eine Reise durch die USA gemacht. Nach dem Abitur waren sie dann ein Jahr als Backpacker in Australien unterwegs und haben sich entschlossen, Australierinnen zu werden. Gina hat einen Master of Science in Biologie gemacht und erforscht das Verhalten von Opossums, Sandy studiert Fashion Design. Die beiden leben in Adelaide, Australien.!
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