0245 - Verdammt und begraben
Er hatte keine Lebende vor sich, sondern eine lebende Tote, eine Vampirin, die sich vom Blut der Menschen ernährte.
Und er war gekommen, um sie zu vernichten!
Zunächst einmal mußte er sich von dem Schreck erholen, denn er hätte nie gedacht, daß ihm ein unbekleidetes Wesen gegenübertreten würde. Es stieg aus dem Sarg. Dabei beeilte es sich nicht einmal sehr, denn es hatte Zeit genug.
Die Bewegungen der Wiedergängerin konnte man mit dem Wort gemessen umschreiben, sie war sich ihrer Beute sicher und fixierte sie aus gierigen Augen.
Der Kapitän hatte seine Taschenlampe so gelegt, daß der breite Strahl die Gestalt auch noch erfaßte, als sie aus dem Sarg stieg und sich dann nach rechts abwandte, um im Halbdämmer des Lagerraums eine bessere Angriffsposition einzunehmen.
Die Frau gehörte noch nicht lange zu den Blutsaugern. Nach dem roten Lebenssaft gierte sie jedoch. Der Trieb war über sie gekommen, als sie aus dem langen Schlaf erwachte und feststellen mußte, daß sich bei ihr einiges verändert hatte.
Die menschliche Existenz lag für sie meilenweit zurück. Jetzt gab es nur noch die dämonische.
Allein sie zählte!
Vor ihr stand ein Mensch. Sie sah ihn, sie hörte ihn, sie roch ihn.
Jeder Mensch roch. Vielleicht war es der feine Blutgeruch, den er ausströmte und den nur Vampire wahrnehmen können.
Sie bewegte sich.
Noch immer geschah dies langsam, denn sie war sich ihrer Sache sicher. Aber sie hatte etwas vergessen.
Kapitän Romanescu war nicht unbewaffnet in den Lagerraum gegangen. Er besaß zwar kein Kreuz, auch keinen angespitzten Eichenpfahl, dafür jedoch ein Mittel, das auch Vampire stark abschreckte.
Knoblauch!
Eine Knoblauchstaude hatte er sich aus der Küche geholt, und damit wollte er die Untote vernichten.
Bisher hatte sie nur den Menschen gerochen, doch als sie weiter vorschritt, da nahm sie einen anderen Duft wahr.
Einen für sie ekligen, widerlichen, abstoßenden Geruch.
Knoblauch!
Sie blieb stehen und ihr Gesicht verzerrte sich zu einer häßlichen Grimasse.
Zum erstenmal in seinem Leben vernahm der Mann das Fauchen einer Blutsaugerin. Das Geräusch hätte auch ein Tier ausstoßen können, so ähnlich hörte es sich an.
Aber es war die Vampirin!
Romanescu atmete schneller. Stoßweise drang die Luft aus seinem Mund. Er begann zu zittern, denn er ahnte, daß jetzt etwas Entscheidendes auf ihn zukam.
Er hatte die Untote freigelassen, und er mußte für ihre Vernichtung sorgen.
Obwohl er so sehr unter Streß stand und er auch Angst hatte, war ihm das Zögern seiner Gegnerin nicht entgangen. Er interpretierte es als Furcht, und diese Deutung gab ihm Mut.
Er mußte es schaffen!
Gleitend bewegte er sich voran. Selten in seinem Leben hatte das Herz so heftig geschlagen. Der Mann schälte sich aus dem fahlen Zwielicht, und ein heller Schein traf sein Gesicht, als er in den Streubereich der Lampe geriet.
Er durchquerte ihn mit einem Schritt. Plötzlich fühlte er sich besser, er hatte die Angst überwunden, und er wußte plötzlich, daß er es schaffen konnte.
Zuerst hob er seinen rechten Arm. In der Hand hielt er die Knoblauchstaude. Die einzelnen Knollen befanden sich dicht beieinander, sie schienen zusammenzukleben, bildeten aber keine Kette, sondern nur eine etwa armlange Schnur.
Sie mußte reichen!
Romanescu stammte aus Rumänien. Er hatte natürlich schon von Vampiren gehört. Fast alle seiner Landsleute schworen darauf, daß es sie auch gab, nur gesehen hatte sie kaum jemand, und wenn, dann war dieser Zeuge ebenfalls in den meisten Fällen zum Blutsauger geworden.
Und das wollte Romanescu nicht!
Er schlug zu.
Es war eine Bewegung, die er nicht einmal mit einem Zucken der Augenlider signalisiert hatte. Die Kette war ziemlich lang, und die Untote befand sich nicht allzu weit von ihm entfernt, so daß eine gute Chance bestand, sie zu treffen.
Die Staude wirbelte auf die Vampirin zu.
Beide Hände riß sie in die Höhe, schützte somit ihr Gesicht, aber nicht Unterarme. Da klatschte die Staude gegen.
Das Wesen zuckte zurück, als hätte man es mit einem feurigen Strahl bestrichen.
Sie schüttelte den Kopf, das Gesicht verfärbte sich, sie starrte auf ihre Hände und wankte nach hinten.
Romanescu setzte nach. Er hatte plötzlich die Oberhand bekommen, und er merkte, daß er es schaffen konnte. Der Knoblauch vernichtete diese verfluchten Blutsauger.
Die Vampirin war zwar getroffen worden, sie spürte auch heiße Schmerzen, aber sie war nicht kampfunfähig. Und
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