Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt
ihm die Schläuche in den Hals rammten, drückte Dad meine Hand, nur einmal ganz fest. Da brach ich zusammen, innerlich und äußerlich.
Bevor sie seine Box mit der blauen Flüssigkeit füllten, hob Dad die Hand, den kleinen Finger zu mir gestreckt. Ich schlang meinen eigenen kleinen Finger um seinen. Ich weiß, dass er mir auf diese Weise versichern wollte, dass alles okay war. Fast hätte ich es ihm geglaubt.
Ich schluchzte so sehr, als sie seine Kryobox fluteten, dass ich nicht sehen konnte, wie sein Gesicht unter der Flüssigkeit verschwand. Dann senkten sie den Deckel ab, stießen ihn in seine Leichenhallen-Kühlkammer, und durch die Ritzen quoll eine weiße Dampfwolke.
»Kann ich ihn sehen?«, fragte ich.
Ed und Hassan sahen sich an. Hassan zuckte mit den Schultern. Ed drückte den Hebel der kleinen Tür wieder herunter und zog den durchsichtigen Schuhkartonsarg heraus.
Und da war Dad. Die schimmernde Flüssigkeit war zum Klotz gefroren, und ich wusste, dass Dad es ebenfalls war. Ich legte eine Hand auf das Glas und wünschte, es gäbe einen Weg, seine Wärme durch das Eis zu fühlen, aber ich riss sie schnell wieder weg. Das Glas war so kalt, dass es brannte. In dem kleinen elektrischen Kästchen, das Hassan am Deckel angeschlossen hatte, blinkten grüne Lichter.
Er sah unter dem Eis nicht mehr aus wie mein Dad.
»Und?«, sagte Ed. »Machst du es auch oder willst du auf die Party verzichten?« Er schob Dads Schuhkartonsarg zurück in sein kleines Fach in der Wand.
Als ich Ed ansah, waren meine Augen so voller Tränen, dass sein Gesicht verschwamm und er fast aussah wie ein Zyklop. »Ich …«
Mein Blick wanderte zum Ausgang, vorbei an all dem Gefrierkram auf der anderen Seite des Raums. Hinter der Tür waren meine Tante und mein Onkel, die ich liebte, mit denen ich glücklich leben konnte. Und da war Jason. Und Rebecca und Heather und Robyn und all meine anderen Freunde. Und die Berge, die Blumen und der Himmel. Die Erde. Hinter dieser Tür war die Erde. Und das Leben.
Aber mein Blick wurde zu den kleinen Türchen in der Wand zurückgezogen. Hinter diesen Türen waren meine Momma und mein Dad.
Ich weinte beim Ausziehen. Der einzige Junge, der mich bisher nackt gesehen hatte, war Jason; nur dieses eine Mal, als ich erfuhr, dass ich alles auf der Erde hinter mir lassen würde, einschließlich ihm. Ich hasste den Gedanken, dass die letzten Typen, die mich auf diesem Planeten nackt sahen, Ed und Hassan waren. Ich versuchte, mich mit Händen und Armen zu bedecken, aber die beiden zogen sie weg, um mir die Infusionen anzulegen.
Und, oh Gott, es war viel schlimmer, als es bei Mom ausgesehen hatte. Oh, Gott. Oh, Gott . Es war kalt, aber gleichzeitig brannte es auch. Ich spürte, wie sich meine Muskeln verkrampften, als der blaue Glibber in mein Blut floss. Mein Herz wollte schlagen , wollte gegen meinen Brustkorb hämmern, aber der blaue Glibber ließ es genau das Gegenteil tun und laaaangsamer werden, sodass es statt klopfklopfklopf nur noch klopf … klopf … machte
… klopf …
…
…
… klopf …
…
Ed riss meine Lider auf. Plopp! Kaltes gelbes Zeug lief in meine Augen und verklebte sie wie Kaugummi. Plopp!
Jetzt war ich blind.
Einer von beiden, vermutlich Hassan, tippte mir aufs Kinn, und ich öffnete gehorsam den Mund. Anscheinend nicht weit genug, denn die Schläuche rammten meine Zähne. Ich machte den Mund weiter auf.
Und dann wurden mir die Schläuche mit Wucht in den Hals gestopft. Sie fühlten sich nicht so biegsam an, wie sie ausgesehen hatten; eher wie ein eingefetteter Besenstiel, den sie mir in die Kehle stießen. Ich würgte und würgte. Ich schmeckte außer dem Plastik der Schläuche noch Galle und Kupfer.
»Einfach schlucken!«, schrie mir Ed ins Ohr. »Entspann dich!«
Leicht gesagt.
Ein paar Augenblicke später, nachdem es überstanden war, kribbelte es in meinem Magen. Ich spürte, wie an den Kabeln in mir gezupft und gezogen wurde, als Hassan die kleine schwarze Box mit der Außenseite meines eigenen Schuhkartonsargs verband.
Geräusche. Der Schlauch.
»Keine Ahnung, wieso sich jemand darauf einlässt«, sagte Hassan.
Stille.
Metallische Töne – der Schlauch, der aufgedreht wurde. Kalte, eiskalte Flüssigkeit platschte auf meine Oberschenkel. Ich wollte die Hände bewegen, um mich da unten zu bedecken, aber mein Körper war zäh wie Sirup.
»Weiß nicht«, sagte Ed. »Hier sind die Dinge auch nicht gerade rosig. Seit der ersten Wirtschaftskrise klappt
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