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Goetterdaemmerung - Roman

Goetterdaemmerung - Roman

Titel: Goetterdaemmerung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: El mir Bourges
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lagen auf dem Tisch; sie streifte gerade ein Armband in Form einer diamantenbesetzten Schlange übers Handgelenk.
    «Wollten Sie ausgehen?», fragte Karl von Este.
    «Ja», erwiderte sie, «ich wollte zur Probe», und dabei winkte sie unbekümmert ab, wie um auszudrücken, dass es nichts Unwichtigeres gebe.
    «Es stimmt also», bemerkte der Herzog, der sich erhob, «Sie haben ein Engagement.» Und plötzlich das Eis brechend, ergriff er das Wort und sah ihr dabei direkt in die Augen, während er im Stehen beide Hände auf den Tisch legte: «Nun gut! Ich bin gekommen, um Sie zu bitten, künftig nur noch für mich zu singen.»
    Sie schien ungerührt, und nur eine leichte Röte zeugte in der langen, nun folgenden Pause von ihrer Gemütsbewegung. War es die Freude über den Triumph? Hatte sie gewagt, sich vorzunehmen, dass Karl von Este eines Tages ihr gehören würde? Groß, elegant, mit hochmütiger und distinguierter Miene und dem Anflug einer hoheitsvollen Haltung gewährte sie nun dem Herzog ein sphinxhaftes Lächeln aus ihren blauen, eindringlichen und abgründigen Augen. Sie antwortete schlicht: «Es ist Eurer Hoheit bekannt, dass sie verlangt, meine Zukunft zu opfern.»
    Sie stand vor ihm, als wollte sie ihn mit Blicken durchbohren. Woraufhin der Herzog ihre Hand ergriff und auf den Handrücken küsste.
    «Das weiß ich», erwiderte er, «und so meine ich es auch. Sie werden, solange wir auf die Rückreise nach Blankenburg warten, in meinem Palast wohnen»; und nachdem er sich, als sei das damit beschlossene Sache, erhoben hatte, schaute er sich etwas im Zimmer um und sagte der Belcredi Artigkeiten, blieb bisweilen stehen, um Schatullen zu öffnen oder um die Kränze zu betrachten, von denen einige an der Wand hingen. Einer, den sie in Neapel erhalten hatte, war über und über mit roten Korallen besetzt, worüber der Herzog scherzte; dann, nach kurzem Schweigen, setzte er sich wieder, bat um eine Feder, kritzelte fünf oder sechs Worte auf ein weißes Blatt, hob den Kopf und fragte: «Wie hoch ist Ihre Abstandszahlung?»
    «Fünfzigtausend Franc, Monseigneur.»
    Er unterschrieb, setzte unten die Adresse hinzu: «Seine Durchlaucht Baron James de Rothschild», zeigte der Sängerin den Vertrag, dann sagte er, während er Hut und Stock an sich nahm: «Benutzen Sie ab jetzt kein Nelkenextrakt mehr. Ich kann diesen Geruch nicht ertragen; also, adieu, meine Liebe; in weniger als drei Tagen wird Ihre Wohnung bereit sein.»
    Während der ganzen Fahrt lachte er in einem fort in seinen Bart hinein und machte sich innerlich lustig über den guten Streich, den er diesen gaffenden Parisern spielte. Was für ein Aufsehen, was für Spekulationen das Verschwinden der Belcredi auslösen würde! Es hatte dieser Idee und einer wie auch immer gearteten despotischen Eifersucht der Öffentlichkeit gegenüber bedurft, um den Herzog aus seiner Apathie zu reißen. Bei seiner Heimkehr überraschte ihn die dort herrschende Unordnung und Verwirrung sowie die aufgeregt versprengte Dienerschaft.
    «Nun? Was ist denn passiert?»
    Und da Karl zusammenhanglose Worte stammelte, stürzte der Herzog zu seinen Wohnräumen, denn er befürchtete ein schreckliches Unglück: César krank oder der Wellensittich tot? Fassungslos waren dort all seine Kinder versammelt, sitzend oder stehend, und sogar Augusta hatte die Augen voller Tränen, die von Zeit zu Zeit über ihre Wangen flossen. Graf Franz hielt einen Brief, den er instinktiv zu verbergen suchte, als sein Vater eintrat.
    «Geben Sie das her!», sagte der Herzog und las.
    Die lange Depesche des Grafen von Oels enthielt den Text des Vertrages zwischen Preußen und Blankenburg. Prinz Wilhelm war zum Herzog ernannt oder, um es diplomatischer auszudrücken, aufgefordert worden, sich um die Regierungsgeschäfte des Herzogtums zu kümmern.
    «Diese Räuber!», murmelte Karl von Este und wurde ungewöhnlich blass.
    Es war eine kalte Wut, ein trockener Schmerz. Drei Tag lang sagte er kein Wort, war dem Tode nah, besiegt, vernichtet. Der Italiener las ihm die Gazetten, die Depeschen des Grafen von Oels vor und die arme Hoheit tröstete sich mit dem Unglück anderer. Hannover hatte es ebenso getroffen wie das Herzogtum Nassau und das Großherzogtum Hessen, sie alle waren Preußen zugeschlagen, Bremen und Hamburg verloren ihre Privilegien als freie Städte. Bayern und Württemberg unterzeichneten katastrophale Verträge, und das infolge der Abtretung Venetiens geschrumpfte Österreich musste überdies sehr

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