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Goetterdaemmerung - Roman

Goetterdaemmerung - Roman

Titel: Goetterdaemmerung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: El mir Bourges
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II
    Schleppend und mit allerhand Zwischenhalten und Unterbrechungen entfernte sich Karl von Este, nachdem er Frankfurt erreicht hatte, von seinem Herzogtum. Dort hatte er unvermittelt seine Bediensteten und Kinder verabschiedet, welche ihn in seinem Pariser Palais erwarten würden; als Gefolge behielt er nur ein paar Küchendomestiken, wie Koch, Eismacher, Kellermeister, und, ihm in der Chaise gegenüber, Arcangeli, der aufgrund einer immer deutlicher markierten Gönnerschaft Seiner Hoheit vom Kutscher zum Vertrauten aufgestiegen war. Die Hoheit zeigte sich allerdings überaus missgestimmt. Eine drückende Julihitze erfüllte die geschlossene Berline 35 und der Herzog versuchte ihr entgegenzuwirken, indem er sich den ganzen Tag über mit Früchten vollstopfte; Melonen, Trauben, Kirschen und Mandelpfirsiche spülte er mit literweise Bier herunter. Ein feuriger Wind drang durch das heruntergeklappte Schirmleder und die Sonne ließ die gefirnisste Chaise inmitten der kreidigen Ebenen der Champagne glühen. Dann schlug das Wetter um in anhaltende Schauer; dazu kamen ein ewig fahler und grauer Himmel, von Schlamm überzogene Wege und die Scheiben hinabrinnender Regen. Der Herzog ließ nun oft anhalten, aber dank Trinkgeldern, Flüchen und Peitschenhieben erreichten sie eines Morgens gegen sieben Uhr die Hauptstadt und die Avenue des Champs-Élysées.
    Er stieg aus, küsste Otto und Claribel, grüßte Franz, Hans Ulrich und Christiane, die zu seinem Empfang herbeigeeilt waren, und stellte ihnen Arcangeli als ersten Kammerdiener vor, was nur zu deutlich den kometenhaften Aufstieg und Beginn der Herrschaft eines Günstlings anzeigte; dann betrat Karl von Este seine Gemächer und ließ sich zu seinem Bett geleiten, das er zehn Tage lang nicht mehr verließ.
    Er stand spät auf, seufzte, wimmerte, befahl dem Italiener, niemanden, wer immer es auch sei, zu ihm zu lassen und die Vorhänge geschlossen zu halten. Im Zwielicht, das ihm nicht missfiel, wirkte das prächtige Schlafzimmer noch ruhiger: seine altgoldenen Fransen, seine dunklen flämischen Hautelisse-Tapeten 36 und das von einer Balustrade eingefasste Baldachinbett mit den gedrehten Säulen. Auf einem Tisch stand zu jeder Zeit und immer in Reichweite eine vollständige Mahlzeit bereit: Austern, Kaviar, Crevetten, dazu eine dieser getrüffelten holländischen Pasteten, Poires tapées 37 , Kalbskeulenschnitten mit bitteren Pomeranzen; sodann in einem Eiskübel aus Silber alle Sorten von Früchten, Bier, Schokolade, Champagner, große mit tausenderlei Süßigkeiten übervolle Bonbonnieren aus Perlmutt und Elfenbein. Der Herzog naschte unaufhörlich an diesem und jenem. Er pickte zwei oder drei Bissen heraus, doch wollte sich kein rechter Appetit einstellen, und es wurde ihm schwer, die Brocken hinunterzuschlucken. Matt streichelte er César, stopfte den Sittich mit Zwiebackstückchen, fiel erschöpft auf sein Bett zurück und wiederholte unaufhörlich, er habe noch nie einen heißeren und schlimmeren Sommer erlebt.
    Unterdessen ließ sich Arcangeli weitere Vergnügungen einfallen: mechanisches Spielzeug, in Rosenöl erstickte Schmetterlinge, von Fröschen gezogene Wägelchen, auf Flanell gesäte Kresse, Hyazinthen, die in Wasser wuchsen. Als unvergleichlicher Pantomime imitierte er sämtliche Bewohner des herzoglichen Haushaltes, die starren Bewegungen des Grafen von Oels, den kehligen Akzent von Mister Smithson, das leichte Lispeln der Wienerin Augusta. Wahrhaftig, ein drolliger Günstling, der für die Mitwirkung bei einer Gauklerparade wie geschaffen schien! Mit der Ausgelassenheit eines Affen tauchte er überall gleichzeitig auf, mal saß er auf der Rückenlehne eines Sessels, mal lief er auf allen vieren; dann wieder Hopser, tausend Verrenkungen, Sprünge, große Gesten, Gejohle. Unterdessen schlug der Herzog in seinem Schlafrock aus weißem Satin mit roten Schleifen und für die Nacht aufgewickeltem Haar die Zeit tot, indem er goldene Galonstreifen auszupfte oder Bilder in Teile zerschnitt, die er anschließend mischte, wahllos herauszog und anders zusammensetzte. Das behelmte Haupt des Herrn von Bismarck fand sich so zufällig auf den Schultern einer Schmierenkomödiantin wieder und Seine Hoheit geriet außer sich vor Freude ob solcher lächerlichen Umkehrungen.
    Trotzdem zweifelte Karl von Este, dem Arcangeli schamlos angebliche Triumphe der österreichischen Armee vorgaukelte, nicht im Geringsten an seiner baldigen Rückkehr nach Blankenburg. Obwohl er lange von

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