Goettersterben
unwillige Geste, und auch Abu Dun warf ihm einen fast beschwörenden Blick zu, zog sehr behutsam den Säbel aus dem Gürtel und ließ sich mit einem leisen Ächzen in die Hocke sinken. Seine Gelenke knackten hörbar. Noch vorsichtiger legte er die Waffe auf den Boden, bewegte Grimassen schneidend die verletzte Schulter und stand dann noch umständlicher wieder auf, und wie ganz selbstverständlich griff er aus der Bewegung heraus nach der Fackel des Kanoniers und fuhr dann blitzschnell herum, wie um sie dem Unsterblichen hinter sich ins Gesicht zu stoßen. Der schwarzgesichtige Riese reagierte zehnmal schneller, als ein Mensch es gekonnt hätte, warf den Kopf zurück und stieß Abu Dun zugleich die flache Hand mit solcher Gewalt gegen die Brust, dass man seine Rippen knacken hörte. Abu Dun torkelte haltlos zurück und stürzte, aber zuvor führte er seinen Angriff zu Ende, der nicht dem Unsterblichen gegolten hatte. Die Fackel berührte das Zündloch der Kanone, die sich mit einem ungeheuren Krachen entlud und zugleich einen gewaltigen Satz nach hinten machte, mit dem sie Abu Duns Bewacher von den Füßen riss, der daraufhin auf den Boden geschleudert wurde.
Und damit begann das Inferno.
Die King Georgeerwiderte das Feuer, noch bevor die einzelne Kanonenkugel traf, und noch bevor die Breitseite aus sechsunddreißig Geschossen in der EL CID einschlug und er selbst zu Boden stürzte, hörte er auf der anderen Seite das infernalische Brüllen einer zweiten, nicht minder gewaltigen Salve.
Die EL CID wurde von Thors Hammer getroffen, halb aus dem Wasser gehoben und von einem zweiten, noch gewaltigeren Hieb zurück und in Stücke geschlagen. Planken zerbarsten. Feuer und tödliche Splitterregen erfüllten die Luft, und ein Chor aus Schmerz- und Todesschreien mischte sich in das Brüllen der Explosionen und das nicht enden wollende Splittern and Bersten von Holz, das dumpfe Dröhnen einer weiteren Kanone, die inmitten des Infernos von selbst losging, und das Zischen des Wassers, das durch die splitternden Wände eindrang. Andrej rollte herum, riss Gunjir aus dem Gürtel und schlug nach etwas Weißem und Tödlichem, das sich über ihn beugen wollte. Er traf und spürte selbst, dass er dem Unsterblichen kaum mehr als einen Kratzer zufügte, aber die Angst vor der Götterklinge ließ seinen Gegner zurückprallen, und mehr brauchte er nicht. Torkelnd kam er in die Höhe, fiel sofort wieder auf die Knie, als der Boden unter ihm sich weiter wie ein bockendes Wildpferd gebärdete, und drosch gleichzeitig weiter mit dem Götterschwert um sich. Er traf nichts, verschaffte sich aber die Luft, die er brauchte, um endgültig aufzustehen. Rings um ihn herum starb das Schiff. Ein Drittel des Decks stand in Flammen, der Rest war ein Wust aus rauchenden Trümmerstücken und blutigem Fleisch, kochendem Wasser und purem Leid, und überall starben und schrien Männer. Abu Dun grub sich gerade fluchend unter einem Trümmerberg hervor und fluchte dann noch lauter, als er sich ausgerechnet an einem heißen Geschützlauf hochzuziehen versuchte, und Andrej musste schon wieder um sein Gleichgewicht kämpfen, als das Schiff erneut unter einer ganzen Serie schwerer Einschläge erbebte. Mehr Feuer und ein weiterer Hagel tödlicher Splitter erfüllten die Luft, und irgendwo über ihnen explodierte etwas mit so unvorstellbarer Gewalt, dass sich die Decke wie unter einem Faustschlag durchbog. Die Hitze war so gewaltig, dass er kaum atmen konnte. Überall waren Rauch und Flammen, und die Welt schien nur noch aus Schreien und dem Gestank des Todes zu bestehen. Er konnte nur noch zwei oder drei Schritte weit sehen, alles jenseits dieser Distanz war ein reines Chaos aus Feuer und hektisch tanzender Bewegung und Tod in allen nur vorstellbaren Variationen. Selbst Abu Dun war für einen Moment verschwunden. Als er aus der brodelnden Wand aus Rauch und Feuer heraustaumelte, war sein Gesicht schon wieder blutüberströmt. Er hatte seine Schlinge verloren, und ein Teil seines Mantels brannte. Er schien es nicht einmal zu merken.
»Raus hier!«, brüllte er – jedenfalls deutete Andrej das hektische Verziehen seines Mundes so, denn der Höllenlärm der Schlacht übertönte einfach jeden anderen Laut. Er nickte, um Abu Dun zu signalisieren, dass er verstanden hatte, ignorierte aber sein hektisches Gestikulieren und fuhr herum, um nach Loki zu suchen. Der einarmige Gott war genau wie er und alle anderen von den Füßen gerissen worden, und es musste ihn entweder
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