Göttin der Rosen
überhaupt stützen? Würde er sie dann noch wollen? Schluss jetzt! Ich tue genau das, was ich mir gerade geschworen habe, nicht zu tun . Mikki rang sich ein Lächeln ab.
»Ich hab es nicht ernst gemeint, ich wollte dich nur ein bisschen auf den Arm nehmen, Asterius. Aber da du die Sache mit den Befehlen erwähnt hast – ich freue mich schon darauf, dich heute Abend zu mir zu befehlen.« Rasch warf sie einen Blick über die Schulter zurück in die gemütliche Höhle, die ebenso von seiner Präsenz erfüllt war wie von seinen exquisiten Kunstwerken. »Eigentlich würde ich lieber zu dir kommen.«
»Irgendwann müssen wir ja auch den Rundgang nachholen, den ich dir versprochen habe.«
»Tja, dann ist das ein Tagesordnungspunkt für heute Abend. Aber nur einer …«
Der leichte Regen veränderte die Gärten, wusch sie mit einem Wasserfarbenpinsel und verwandelte die Realität in ein impressionistisches Gemälde. Mikki kam zu dem Schluss, dass ihr das gefiel. Es passte zum Thema – verträumt.
Ursprünglich hatte sie vorgehabt, direkt zum Palast zu gehen und die Elementare zu sich zu rufen – die armen Mädchen ärgerten sich wahrscheinlich über sie, vor allem, wenn eine von ihnen einen tollen Mann aus ihrem Bett geworfen hatte, um den Dienst bei der Empousa anzutreten –, aber dennoch wanderte sie eine Weile umher und vertiefte sich in die neblige Magie der Rosen. Heute Morgen schien es ihnen besserzugehen, und auch als Mikki langsam nach Süden schlenderte, blieb die fast schon gewohnte Übelkeit aus. Wo gestern nur schwache Knospen gewesen waren, entdeckte sie sogar ein paar kräftige lavendelfarbige Floribunda, die sie als voll aufgeblühte Angel-Face-Rosen identifizierte. Erneut lächelte Mikki. Voller Stolz verlieh sie sich in Gedanken den Namen Göttin der Rosen .
Und sie gab sich Tagträumen von Asterius hin. Sie fühlte sich wundervoll wund an Stellen, die sie schon fast vergessen hatte. Fast ein Jahr war es her, seit sie das letzte Mal Sex gehabt hatte, aber so etwas wie Sex mit Asterius hatte sie ohnehin noch nie erlebt. Sein Körper … die Mischung aus Mann und Tier war einfach faszinierend und unglaublich verlockend. Aber was sie am verführerischsten fand, war die Freiheit, die sie bei ihm erlebte. Sie konnte sich ganz ungehemmt ihrer eigenen Wildheit hingeben, wenn sie zusammen waren, und fest darauf vertrauen, dass er sich nicht von ihr abwandte. Er war ihr ebenbürtig, seine Leidenschaft kam der ihren gleich. Und er kannte sie, er sah in ihre Seele. Asterius, Minotaurus, Wächter – er wusste, was es bedeutete, ein Außenseiter zu sein. Jetzt hatten sie endlich ihre Heimat gefunden – beieinander.
»Der Regen war eine kluge Idee, Empousa.«
Mikki blieb fast das Herz stehen, als sie Hekates Stimme hörte. »Himmel Herrgott nochmal, Ihr habt mich fast zu Tode erschreckt!« Dann fiel ihr ein, mit wem sie redete. Sie räusperte sich und wandte sich mit wildklopfendem Herzen zu der Göttin um. »Entschuldigt bitte, Hekate.« Mikki knickste, wie sie es schon sooft bei den Dienerinnen gesehen hatte. Die Göttin saß auf einer Marmorbank dicht hinter ihr. »Ihr habt mich überrascht, aber ich hätte nicht so mit Euch sprechen dürfen.«
Aber Hekate winkte ab. »Meine Empousa darf sich Freiheiten herausnehmen, die anderen nicht erlaubt sind.« Sie deutete auf den Platz neben sich. »Komm, setz dich zu mir.«
Mikki versuchte, ihre Nervosität zu ignorieren, und nahm neben der Göttin Platz. Die großen Hunde, die ihre Herrin wie üblich begleiteten, ignorierten Mikki gänzlich. Heute war Hekate in die Farben der Nacht gekleidet – Schwarz, Tiefblau und Grau. Sie hatte sich wieder als die hinreißende Frau mittleren Alters manifestiert, und die winzigen Regentropfen auf ihren Haaren glitzerten wie Edelsteine.
»Der Zauber für Schutz und Gesundheit, den du gestern gewirkt hast, war gut durchdacht. Ich stimme mit deinem Instinkt überein. Der Regen erfrischt die Rosen und das ganze Reich. Außerdem war es eine schöne Überraschung, der Erde zu befehlen, dass sie diese kleinen Insekten herbeischaffen soll, und der Wind hat sich gefreut, sie hierherzutragen« – die Göttin hielt inne und lachte ihr musikalisches Lachen –, »obwohl man die rot-schwarzen Tierchen im Nebel gar nicht sieht.«
»Marienkäfer ernähren sich von Blattläusen, und Rosen hassen Blattläuse«, erklärte Mikki, ein bisschen überwältigt von Hekates überschwänglichem Lob.
»Die Rosen gedeihen wieder. Ich bin sehr
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