Göttin der Rosen
Reich geopfert werden musste, würde Sevillana sterben und nicht Mikado. Er musste nur eine Möglichkeit finden, die flüchtige Empousa ins Reich der Rose zurückzuholen. Es musste eine Möglichkeit geben. Sevillana war geflohen – also konnte sie auch zurückkommen. Er drückte Mikado fester an sich. Das war seine Antwort. Er würde Mikado nicht opfern, sondern gegen ihre Vorgängerin austauschen und sie dann sicher in ihre Heimat zurückbringen. Natürlich bedeutete das, dass er sie verlieren würde, und er würde sie ewig vermissen, aber das musste er ertragen. Zu wissen, dass sie durch seine Hand sterben musste – das war unerträglich. Wenn sie ging, verlor er seine Liebe. Wenn er sie opferte, verlor er seine Seele.
Er würde Mikado nicht opfern und seine Seele nicht verlieren. Er hatte seine Antwort, und er verfügte über die Macht des Sohnes eines Titanen. Er würde seine ganze, nicht unbeträchtliche Magie einsetzen, um sein Ziel zu erreichen. Heute Nacht würde er das Wunder von Mikados Liebe in vollen Zügen genießen, und er würde nicht an die endlosen einsamen Morgendämmerungen denken, die ihm bevorstanden.
Mikki stand am Höhleneingang, kaute ein Stück Brot und spähte hinaus in den nebligen Morgen. Als Asterius sich hinter sie stellte, lehnte sie sich an ihn.
»Regen«, sagte er, und es klang überrascht. »Hier regnet es nicht oft.«
»Das habe ich veranlasst. Ich habe es dem Wasser-Elementar befohlen, als ich gestern den Zauber für Gesundheit und Schutz gewirkt habe. Ab jetzt wird es an jedem vierten Morgen ein Weilchen regnen. Das ist gut für die Rosen und auch für das Reich. Regnerische Vormittage sind beruhigend – perfekt, um auszuschlafen und die Seele zu regenerieren.« Ohne sich aus seinen Armen zu befreien, wandte sie sich zu ihm um. »Leider habe ich gestern nicht daran gedacht, den Dienerinnen zu sagen, dass sie freihaben, wenn es regnet. Vermutlich fragen sich die vier Elementare schon längst, warum ich sie noch nicht zur Arbeit gerufen habe. Und da letzte Nacht zum ersten Mal seit langer Zeit den Männern Zugang in unser Reich gewährt werden konnte, wette ich, dass zumindest ein paar von ihnen beim Warten ziemlich müde sind. Ich muss nach ihnen sehen. Was hast du vor?«
»Das Gleiche wie jeden Morgen. Ich überprüfe die Rosenmauer und schaue, dass alles in Ordnung ist. Dann sammle ich Garn für die Traumweberinnen.« Er streichelte ihre Wange. »Aber heute Morgen erledige ich meine Pflichten mit deinem Duft auf meiner Haut und der Erinnerung an dein Lächeln, deine Berührung, deinen Geschmack im Herzen.« Er lächelte. »Manche Leute sagen, dass Regen dunkel und trostlos ist, aber für mich ist dieser Morgen hell und voller Verheißung.«
»Ein unverbesserlicher Romantiker. Wer hätte das gedacht?« Mikki zupfte an seinem Lederharnisch. »Küss mich, dann können wir uns auf den Weg machen.« Sie fragte sich, ob er jemals den Ausdruck verwunderten Glücks verlieren würde, der auf seinem Gesicht erschien, wenn sie ihn mit einer Berührung oder – wie jetzt – mit einem Kuss überraschte. Sie hoffte von Herzen, dass er bleiben würde. »Kannst du dir die Zeit nehmen, mit mir zu Mittag zu essen?«
Er küsste sie noch einmal, ehe er antwortete. »Selbstverständlich. Du brauchst mich nur zu rufen.«
»Und heute Abend?«
»Auch da werde ich wie immer deinem Befehl gehorchen, Empousa«, sagte er, und seine dunklen Augen funkelten schelmisch.
»Das sagst du jetzt, aber sehen wir mal, wie es in einem Jahr oder so aussieht«, neckte sie ihn und zog kokett eine Augenbraue in die Höhe. Zu ihrer Überraschung verschloss sich sein Gesicht, und seine Augen verloren ihr Funkeln.
»Ich werde deiner nie überdrüssig werden, Mikado, und auch nicht deiner Befehle. Nicht einmal, wenn wir bis in alle Ewigkeit zusammen sein könnten.«
Auf einmal wurde ihr das Herz schwer. Wie hatte sie vergessen können, dass er unsterblich war? Sie würde altern, er nicht. Sie würde sterben, er nicht. Nein! Darüber wollte sie jetzt nicht nachdenken, nicht jetzt, wo ihre Liebe gerade erst erblühte. Sie hatten es verdient, dieses süße, berauschende Gefühl neuer Liebe auszukosten – in dieser Hinsicht unterschieden sie sich nicht von jedem anderen Paar. Auf gar keinen Fall würde sie den Beginn ihrer Liebe mit düsteren Gedanken verderben, Gedanken an eine Zukunft, in der sie als faltige alte Frau, auf seinen ewig starken Arm gestützt, in den Gärten umherhumpelte. Würde er sie
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