Göttin der Rosen
hätte sie die Mädchen getröstet, ihnen gesagt, dass sie keine Angst hatte, und sie gebeten, Asterius von nun an besser zu behandeln. Denn Mikki wusste ohne jeden Zweifel, dass sie im Sterben lag.
31
Aber Asterius weigerte sich, sie auf diese Art zu verlieren – ausgerechnet an den Hass, wo Mikado doch Liebe, Verlangen, Freundlichkeit und Akzeptanz in sein Leben gebracht hatte, also alles, was das Gegenteil von Hass war. Er nahm sie auf den Arm und wandte sich den verstörten Elementaren zu.
»Lass sie uns zum Brunnen tragen, Wächter«, schlug Gii mit tränenerstickter Stimme vor. »Dort waschen wir sie und bringen sie dann in Hekates Tempel, wo wir für ihre Seele zur Göttin beten können.«
»Sie ist nicht tot«, sagte er und stieß ein warnendes Knurren aus, als Gii sich ihm nähern wollte.
»Noch nicht, aber die Wunde ist tödlich. Bald wird ihr Geist in Hades’ Reich eingehen«, sagte Nera leise.
»Nein! Es ist nicht ihre Bestimmung, heute zu sterben!«
»Die Schicksalsgöttinnen haben es anders entschieden«, widersprach Aeras sanft.
»Dann trotze ich den Schicksalsgöttinnen!«
»Wächter, was willst du tun?«, fragte Floga.
»Ich werde mein Geburtsrecht in Anspruch nehmen.« Mikados schlaffen, blutüberströmten Körper in den Armen, wollte er sich an den vier Frauen vorbeidrängen, aber Gii legte ihm sanft die Hand auf den Arm. Als er sie zornig anfunkelte, begegnete sie unerschrocken seinem Blick und sagte: »Wie können wir dir helfen?«
Nur einen kurzen Moment zögerte er. »Kommt mit in den Tempel. Vielleicht kann die Macht der vier Elementare helfen, dass meine Bitte bei Chronos Gehör findet.«
Ohne zu warten, ob sie ihm folgten, eilte Asterius mit donnernden Hufen über den Marmorweg zu Hekates Tempel. Er versuchte, nicht daran zu denken, wie still Mikado war und wie viel Blut sie schon verloren hatte. Das Biest rannte einfach.
Drei Stufen auf einmal nehmend, überwand er die Tempeltreppe, kam vor Hekates heiliger Flamme mit einem Ruck zum Stehen, warf sich auf die Knie und legte Mikado behutsam neben die Flamme. Hinter sich hörte er die Dienerinnen in den Tempel laufen; rasch nahmen sie ihre Plätze in dem gewohnten Kreis um ihn herum ein.
»Lebt sie noch?«, fragte Gii leise.
Asterius blickte auf seine Geliebte hinunter. Ihre Augen waren geschlossen, ihr Gesicht war totenbleich. Noch immer floss Blut aus dem langen, schmalen Schnitt, der sich über ihren Hals zog, während ihre Brust sich nur schwach in flachen, mühsamen Atemzügen hob und senkte.
»Ja, sie lebt«, antwortete er.
»Dann tu, was du kannst, Wächter. Wir möchten nicht noch eine Empousa verlieren, bevor das Schicksal es fordert«, sagte Gii.
Er hob den Blick und sah ihr in die Augen. »Dann ruft eure Elemente und bildet den heiligen Kreis.«
»Du liebst sie, nicht wahr?«, fragte Floga plötzlich.
Sein Blick wanderte zu ihr. »Ja, ich liebe sie.«
»Und wirst du sie retten, indem du sie uns entführst?«, fragte die Dienerin des Feuer-Elements.
»An Beltane wird die Empousa des Reichs ihrem Schicksal zugeführt. Das schwöre ich euch«, antwortete er.
»Obwohl du sie liebst?«, hakte Aeras nach.
»Gerade eben hast du mich mit Selbstsucht kämpfen sehen. Es ist nicht das erste Mal, dass ich diesem Traumdieb gegenüberstand. Diesmal habe ich gewonnen. Ich werde die Träume der Menschheit nie mehr für meine eigenen opfern.« Er sah wieder zu Mikado und berührte zärtlich ihre Wange.
»Du bist keine Bestie«, stellte Gii leise fest.
»O doch«, antwortete er, ohne die Dienerin der Erde anzuschauen, »aber ich bin auch ein Mann, und Mikados Liebe hat den Mann in mir stärker gemacht.«
»Dann werden die vier Elemente dir helfen, deine Liebe zu retten.« Gii nickte Aeras zu. »Beginne du, Dienerin der Luft.«
Aeras breitete die Arme aus. »Ich rufe den Wind in den heiligen Kreis!« Sofort bewegte sich die Luft.
Wie in einer elektrischen Kettenreaktion breitete Floga die Arme aus und umarmte ihr Element. »Komm zu mir, Feuer!«
»Wasser! Ich rufe dich zu mir!«, fuhr Nera fort.
»Erde! Ich rufe dich, den Kreis zu vollenden und die Kräfte unseres Wächters, den wir darin beschützen, zu vervielfältigen«, sagte Gii.
Augenblicklich fühlte Asterius die Macht der Elemente auf seiner Haut. Er senkte den Kopf und hob die mit dem Blut seiner Geliebten befleckten Hände. Mit einer von Luft, Feuer, Wasser, Erde und auch von dem Biest in ihm verstärkten Stimme rief er zu den entfernten Gefilden des Himmels
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