Göttin des Lichts
dröhnende Stimme.
Pamela fuhr zusammen. Aus dem Halbdunkel beugte sich ein Mann zu ihr und streckte ihr seine fleischige Hand entgegen, die sie automatisch ergriff. Im selben Augenblick erstrahlten die Kristalllüster an beiden Seiten der Limousine in hellem Licht.
»Wie Sie sich ja denken können, bin ich E. D. Faust. Aber nennen Sie mich bitte Eddie.«
Inzwischen hatte Pamela einigermaßen die Fassung wiedergewonnen. Sie lächelte freundlich und erwiderte seinen Händedruck. Was sie an E. D. Faust vor allem wahrnahm, war sein Umfang. Als er sie engagiert hatte, war sie sofort in den nächsten Buchladen gegangen und hatte mehrere seiner Bücher erstanden, aber die Autorenfotos wurden ihm nicht einmal ansatzweise gerecht. Er füllte die Bank ihr gegenüber komplett aus und erinnerte sie an Orson Welles oder den alternden Marlon Brando. Er hatte einen auffallend spitzen Haaransatz, von dem aus seine dichten schwarzen Haare zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden waren. Sowohl sein schwarzes Seidenhemd als auch seine Hose und die glänzenden Lederstiefel waren schwarz. Selbst unter der beträchtlichen Fettschicht erkannte man seine markanten Gesichtszüge, doch sein Alter war undefinierbar – Pamela wusste nur, dass er zwischen dreißig und fünfzig sein musste. Aufmerksam und mit einem Funkeln in den Augen beobachtete er, wie sie ihn taxierte, und sie hatte das Gefühl, dass er es nicht nur gewohnt war, im Mittelpunkt zu stehen, sondern es auch genoss.
»Freut mich, Sie endlich kennenzulernen, Eddie. Und bitte nennen Sie mich Pamela.«
»Mach ich.« Abrupt tippte er mit dem als Drachenkopf geformten Knauf seines schwarzen Stocks gegen die halb heruntergekurbelte Glasscheibe, die den Passagierbereich der Limousine vom Chauffeur trennte. »Sie können losfahren, Robert.«
»Sehr wohl, Sir.«
Gleich darauf löste sich der Wagen vom Bordstein und reihte sich in den Verkehr ein.
»Ich hoffe, Ihre Reise war nicht allzu ermüdend, Pamela«, eröffnete Eddie das Gespräch.
»Nein, nur ein kurzer Flug von Colorado Springs.«
»Dann hätten Sie also nichts dagegen, unverzüglich mit der Arbeit zu beginnen?«
»Nein, im Gegenteil – es würde mich freuen. Heißt das, Sie haben eine Entscheidung getroffen, in welchem Stil Sie sich Ihr Haus vorstellen?«, erkundigte Pamela sich eifrig. Wenn dieses exquisite Auto ein Hinweis auf Eddies Geschmack und sein Budget war … Ihr schwirrte der Kopf schon vor Ideen. Ein richtiges Vorzeigeprojekt! Sie würde ein auserlesenes Ferienparadies für den König der Fantasy-Literatur erschaffen.
»Aber ja doch. Ich weiß genau, was ich möchte, und habe es hier, in dieser magischen Stadt, gefunden. Sie brauchen es nur zu kopieren.« Eddie klopfte wieder an die Scheibe. »Robert, fahren Sie uns zum Caesars Palace.«
2
»Caesars Palace? Ist das nicht ein Casino?«
Die Falten in Eddies Gesicht vertieften sich, und er lächelte. »Genau deshalb sind Sie perfekt für diesen Job, Pamela. Sie waren noch nie in Vegas und sehen alles mit unvoreingenommenem Blick, mit Augen, die das einmalige Ambiente würdigen und aufgreifen können. Und ja, Sie haben recht – Caesars Palace ist zugleich Hotel und Casino. Eigentlich ist es aber – abgesehen von ein paar Elementen des Hotel-Pools, die ich auch haben möchte – nicht der Palast, auf den sich Ihr Augenmerk richten sollte, sondern vielmehr möchte ich Sie bitten, sich ganz auf das umwerfende Einkaufszentrum zu konzentrieren, das sich daran anschließt. Das Forum enthält genau die Magie, die ich mir wünsche und die ich gerne von Ihnen reproduzieren lassen möchte.«
»Ein Einkaufszentrum?« Hatte sie richtig gehört? Warum wollte er ein Ferienhaus – oder überhaupt irgendein Haus –, das einem Einkaufszentrum ähnelte?
»Sie werden sehen, meine Liebe. Sie werden sehen.« Eddie deutete mit seinem dicken Zeigefinger auf einen silbernen Behälter, der mit Eis und mehreren Flaschen gefüllt war. »Möchten Sie sich mit etwas Champagner oder Mineralwasser erfrischen?«
»Mineralwasser, gerne.« Pamela hatte das Gefühl, dass sie für das, was ihr bevorstand, einen klaren Kopf brauchte.
Ein Einkaufszentrum-Feriendomizil. Das war nun wirklich ein sonderbares Vorhaben. Nicht, dass Pamela grundsätzlich etwas gegen sonderbare Projekte hatte. Vor drei Jahren hatte sie ihre eigene Design-Firma gegründet, und es gehörte für sie zu den größten Freuden der Selbstständigkeit, sich um ungewöhnliche Kunden zu kümmern und ihnen zu
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