Göttin des Lichts
helfen, ihre individuellen Visionen in ein gemütliches, geschmackvolles Zuhause zu verwandeln. Während Eddie Mineralwasser in ein kristallenes Weinglas goss, dachte Pamela an die allererste Klientin von Ruby Slipper, Samantha Smith-Siddons. Ms. Smith-Siddons – vormals Mrs. Smith-Siddons – hatte sich vorgenommen, das 750 -Quadratmeter-Haus, aus dem sie Mr. Smith-Siddons gerade hinausgeworfen hatte, zu renovieren und ganz neu zu gestalten. Sie hatte ihren Mann beim Sex mit seiner einundzwanzigjährigen Sekretärin erwischt, und zu allem Überfluss hatte Mr. Smith-Siddons auch noch Frauenunterwäsche, rote Pumps und eine blonde Perücke getragen – ein Umstand, der einen Großteil seiner Kundschaft (Mr. Smith-Siddons war Besitzer einer der größten Bestattungsunternehmens-Ketten in Colorado) zutiefst verstört hätte, wäre er in einer unschönen Scheidung ans Tageslicht gekommen. Doch Mr. Smith-Siddons’ Vorliebe für Frauendessous wurde nicht erwähnt, und Ms. Smith-Siddons wurde für ihr taktvolles Schweigen mit einer großzügigen Scheidungsvereinbarung belohnt. Als sie Ruby Slipper einstellte, hatte sie Pamela erklärt, dass sie keine Farbe wollte, sondern nur unterschiedliche Weißabstufungen. Als Begründung hatte sie angegeben, sie wolle ganz von vorne anfangen und mit dem unbefleckten Weiß den Schmutzfleck ihrer Ehe sozusagen ungeschehen machen. Ohne sich von dieser bizarren Maßgabe einschüchtern zu lassen, hatte Pamela sich statt auf Farben auf Textur konzentriert, hatte abgelagerte geweißte Holzböden und schäbig-schicke Armaturen verwendet und minimalste Spuren von Rosé, Perlweiß, Zinngrau in Schnee-, Champagner- und Mondlicht-Schattierungen gemischt. Das Resultat war so spektakulär gewesen, dass es Ruby Slipper den ersten Artikel im
Architectural Digest
einbrachte.
Wenn sie Ms. Samantha Smith-Siddons’ steriles, fast farbloses Haus in ein Meisterwerk verwandeln konnte, schaffte sie das Gleiche ganz sicher auch bei Eddies fixer Einkaufszentrums-idee.
»Ich muss Ihnen noch einmal sagen, Pamela, wie beeindruckt ich von Ihrer Arbeit an Judiths Boudoir war.« Eddie lachte leise in sich hinein, und seine Körperfülle bebte, als wäre sie aus Wackelpudding. »Die emporsteigende Venus, toll. Ich hätte nie gedacht, dass Judiths ziemlich eigentümliche Gestaltungsidee am Ende so hübsch aussehen würde. Charles meint, es stört ihn nicht einmal, in einem Bett zu schlafen, das aussieht wie eine riesige Muschel, und alles in Pastelltönen und unverkennbar weiblich. Jedes Mal, wenn Judith aus ihrer hinreißenden Badewanne steigt, glaubt er – ob er es nun will oder nicht –, dass er mit einer Göttin ins Bett geht.«
»Es war eine Herausforderung, aber es hat alles gut geklappt.« Pamela nippte an ihrem Mineralwasser und erinnerte sich daran, dass die Herausforderung damals vor allem darin bestanden hatte, einen Einrichtungsstil, den Judith für glamourös und für eine Art Verbeugung vor dem alten Hollywood hielt, so weit abzumildern, dass alles nicht nur bordellartig und kitschig wirkte. Judith stand auf protzig und grell, und Pamela hatte es geschafft, das Projekt in etwas zwar Üppiges, aber Geschmackvolles umzuwandeln. Charles und Judith Lollman waren mit ihrer Arbeit so zufrieden gewesen, dass sie eine große Party veranstaltet hatten, um ihre neue Schlafzimmer-Suite vorzuführen. Charles Lollman produzierte nicht nur einige der erfolgreichsten Primetime-Fernsehsendungen, sondern war außerdem Science-Fiction- und Fantasy-Fan. Einer der zahlreichen Gäste, die er für die Soiree hatte einfliegen lassen, war der Fantasy-Autor E. D. Faust, und Eddies Anruf war die erste von mehreren Empfehlungen gewesen, die sich aus diesem erfolgreichen Job ergeben hatten.
»Eine Herausforderung …« Eddie ließ sich das Wort auf der Zunge zergehen, als wäre es ein leckeres Gebäck. »Mögen Sie Herausforderungen, Pamela?«
Sie straffte die Schultern und hielt seinem Blick stand. »Ich finde, Herausforderungen machen das Leben erst richtig interessant«, antwortete sie mit einem Lächeln.
»Ah, die korrekte Antwort.« Eddies Lächeln erinnerte Pamela an den Grinch, der Weihnachten gestohlen hat.
»Entschuldigen Sie bitte, Sir«, meldete sich Roberts kultivierte Stimme in diesem Augenblick. »Soll ich Sie zum Vordereingang des Palace bringen oder bevorzugen Sie den VIP -Zugang zum Forum?«
»Zum Forum, Robert, zum Forum bitte. Und rufen Sie James an. Sagen Sie ihm, wir treffen uns
Weitere Kostenlose Bücher