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Goldbrokat

Titel: Goldbrokat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Tranchiermesser!
    Diesmal war es kein Ausweichen. Es war eine geradezu federleichte Bewegung, und das Messer flog durch den Raum.
    Charnay änderte seine Taktik. Er sprang auf mich zu.
    Ich taumelte rückwärts gegen einen Sessel, er streckte die Arme aus und krallte seine Hände um meinen Hals, ehe ich überhaupt gewahr wurde, wie mir geschah.
    Ebenso schnell wurde ich von ihm befreit, und Drago sagte: »Entschuldige, Tigerin, das war nicht so vorgesehen.«
    Charnay saß mit wackelndem Kopf auf dem Boden. Jemand rief, man habe die Gendarmen alarmiert. Zwei Hotelbedienstete traten näher und wollten Charnay aufhelfen, um ihn vor die Tür zu setzen. Der aber fuhr auf und schlug wild um sich. Die beiden jungen Männer flohen stolpernd aus dem Raum.
    Ich glättete meine Jacke und zupfte an meinen gezausten Locken.
    Charnay gab unartikulierte Laute von sich, Schaum stand vor seinem Mund, und der blanke Irrsinn stand in seinen Augen. Unsere Gäste wichen schreckensbleich an die Wände zurück, und Drago schritt ein.Was genau er mit dem Tobsüchtigen
machte, konnte ich nicht recht verfolgen, nur dass der Tanz, den ich noch vor Kurzem an ihm bewundert hatte, hier in seiner gewalttätigsten Form aufgeführt wurde. Und doch – er spielte nur mit Charnay. Der, in seinem Wahn nicht mehr empfänglich für Schmerzen, hielt in seinem Wüten nicht inne. Ein ums andere Mal bekam auch Drago seine Schläge zu spüren, aber er konnte ihn noch immer auf Abstand halten. Ich fragte mich, warum er es tat.
    Aber dann, als die zwei Gendarmen in den Saal gestürmt kamen, fuhr Dragos Arm vor, und seine Fingerspitzen trafen Charnays Brust. Es sah aus, als habe er mit einem angespitzten Holzpfahl zugestoßen, und genauso war die Wirkung.
    Der Wahnsinnige brach auf dem Boden zusammen.
    Der zweite Mann, der heute vor meinen Füßen lag.
    Die uniformierten Beamten blieben etwas verdutzt vor Charnay und mir stehen.
    »Ihr Diener, meine Herrn Gendarme!«, sagte Drago.
    »Ähm, wir haben Befehl, eine Schlägerei zu unterbinden.«
    »Natürlich. Nehmen Sie Herrn Stubenvoll bitte mit. Ich empfehle Ihnen, ihn gut zu fesseln, er wird sich aufsässig zeigen. Ach ja, und ziehen Sie einen Irrenarzt hinzu. Ich fürchte, er hat den Verstand verloren.«
    Das Trümmerfeld im Raum und Dragos gelassene Worte schienen die schlichten Gemüter der Beamten zu verwirren. Sie starrten den am Boden liegenden Charnay hilflos an, der eine von ihnen begann, Notizen zu machen, der andere die Umstehenden zu befragen. Der Hoteldirektor hingegen, der ebenfalls Zeuge des Geschehens war, wusste klüger zu handeln. Er wies die beiden Bediensteten an, den Störenfried mit starken Gardinenleinen zu binden und in eine Besenkammer zu sperren, und erklärte: »Ich habe bereits einen Arzt benachrichtigt, Herr Kusan. Sie haben recht, das war die Tat eines Wahnsinnigen.«
    »Danke. Setzen Sie das, was zerstört wurde, bitte auf meine Rechnung.«

    Schweigen herrschte, bis Charnay entfernt und die Gendarmen gegangen waren. Nur hier und da raschelte leise ein Seidenrock.
    Mein Sohn Philipp war der Erste, der seine Stimme wiederfand.
    »Beim wilden Nick, Papa, das war eine prima Keilerei!«
    Antonia Waldegg brach in schallendes Gelächter aus, und erleichtert fingen nun auch die anderen Gäste wieder an, sich zu regen. Ich aber hatte nur Augen für Drago.
    Was war er für ein Anblick! Sein Ärmel war an der rechten Schulter ausgerissen, in seinem Mundwinkel trocknete ein Fädchen Blut und seine Haare standen ihm in wilden Locken um den Kopf. Aber er legte seinem Sohn die Hand auf die Schulter und grinste ihn an. Philipp erwiderte das Grinsen, und beide zeigten ihren schiefen Zahn.
    Mein Herz begann in einem wilden CanCan zu galoppieren.
    Er aber wandte sich an die Umstehenden und bat: »Meine Damen und Herren, darf ich Sie nach diesem unerquicklichen Zwischenspiel im Nebenraum zu einem Büfett führen?«
    Zugegeben, die Gemüter waren erregt, und wir hatten Dutzende von Fragen zu beantworten. Ich beantwortete sie so wahrheitsgemäß wie nötig, während George Drago eine neue Jacke brachte und er sich mit einem feuchten Tuch das Blut aus dem Gesicht wischte. Dann erzählte auch Drago von den Hintergründen, die zu Charnays Überschnappen geführt hatten.
    »Ich verstehe ja, dass Sie einen berechtigten Zorn auf Charnay hatten, Herr Kusan«, meinte Paul-Anton über einem Teller Räucherlachs nachdenklich. Überhaupt hatte er sich an dem wilden Geschnatter nicht beteiligt, sondern sich

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