Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Goldbrokat

Titel: Goldbrokat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
chinesische Übungen?«
    »Ja, die Mönche haben sie mich gelehrt. Sie haben mir geholfen zu gesunden, sowohl meinem Körper als auch meinem Geist.«
    »Es wirkt sehr ästhetisch.«
    »O ja, das ist auch ein Aspekt davon.« Er lächelte und legte
seinen leichten Seidenanzug ab, um die bereitliegende Gesellschaftskleidung anzuziehen. Er hatte nie irgendwelche Hemmungen gehabt, sich vor mir an- oder auszukleiden, und ich konnte seinen straffen Körper im Tageslicht bewundern. Eigentlich schade, dass wir jetzt gleich Gäste empfangen mussten.
    Aber vieles, auch mein Erlebnis mit George, musste erst einmal warten, bis wir das Zusammentreffen hinter uns gebracht hatten.
    So oder so.
    Ein wenig beklommen war mir schon zu Mute.
    »Vertrau mir,Tigerin«, sagte er und reichte mir seinen Arm.
    »Ja, Drago.«
    Gemeinsam schritten wir die Treppe hinunter zu dem Salon, in dem wir mit unseren Freunden Dragos offizielle Rückkehr feiern wollten. Hannah stand bereits mit Laura und Philipp am Fenster, sie unterhielten sich lebhaft mit George, was ich mit Genugtuung registrierte. Paula und Arnold Oppenheim begrüßten uns herzlich, ebenso Julia und Paul-Anton und die beiden älteren Waldeggs. Dann kam Tante Caro hereingeflattert, in einem neuen Kostüm, das an einen aufgeplusterten Wellensittich gemahnte, und stürzte sogleich auf mich zu.
    »Ich war ja wie vom Donner gerührt, Ariane.Wie vom Donner gerührt, als Hannah mir berichtete, dass dein geliebter Gatte selig doch noch unter den Lebenden weilt. Warum hast du nur darüber geschwiegen, Kind? Man hätte doch ganz anders von dir gedacht! Und diese Schneiderei, das wär doch alles nicht nötig gewesen!«
    »Sie wusste es nicht, weil ich ihr keine Nachricht habe zukommen lassen«, sagte Drago an meiner Seite und verbeugte sich knapp. Sehr knapp. Ich lernte ja diese Feinheiten an ihm allmählich zu deuten.
    »Später erzähle ich dir davon, Tante Caro, jetzt lass uns erst einmal auf Dragos Rückkehr anstoßen.«
    Ein Kellner machte mit einem Tablett mit Champagnergläsern die Runde, und als alle versorgt waren und eben auf den
erfreulichen Anlass anstoßen wollten, betrat der letzte Gast den Raum.
    Korrekt gekleidet, doch mit wirrem Blick und einem leichten Zucken der linken Wange stand Guillaume de Charnay in der weit geöffneten Doppeltür und sah sich im Raum um. Ich spürte, wie Dragos Aufmerksamkeit sich ihm zuwandte, und rückte ein klein wenig näher an ihn heran.
    »Willkommen, Herr Stubenvoll. Schön, dass Sie Zeit gefunden haben, an unserer kleinen Feier teilzunehmen«, begrüßte er Charnay mit seidenglatter Stimme.
    Auch Tante Caro begann mit einem ekstatischen Begrüßungsgezwitscher und wollte auf ihn zugehen. Doch Charnay stieß sie grob zur Seite und machte einen Schritt zu uns hin.
    Ich legte meinen Arm, wie einst bei unserer Verlobung, auf Dragos und setzte mein süßestes Lächeln auf.
    »Wieder einmal zu spät, Monsieur!«
    Das Zucken in seinem Gesicht nahm zu, und Drago schob mich sanft hinter sich. Ich machte ihm Platz. Meine Rolle war gespielt; was jetzt kam, war die Angelegenheit zwischen den beiden Männern.
    »Kusan!«, zischte Charnay.
    »Der nämliche, Stubenvoll!«
    »Nennen Sie mich nicht so!«
    »Nicht? Schämen Sie sich Ihrer Abkunft, Stubenvoll? Verständlich eigentlich. Ihr altes Heim in der Bechergasse ist wirklich eine heruntergekommene Bleibe.«
    Wut flackerte in Charnays Augen auf. Kaum bezähmbare Wut. Der Wahnsinn hatte ihn seines Verstandes schon beraubt.
    »Sie? Sie waren das?«
    »Aber natürlich, Stubenvoll. Dachten Sie denn, ich überließe mein Weib Ihrer Obhut? Einem Feigling und Dieb? Das habe ich schon damals in Münster zu verhindern gewusst.«
    Drago hatte erreicht, was er wollte.
    Charnay stürzte mit einem Schrei auf ihn.
    Drago machte eine kleine Wendung, und die geballte Faust
Charnays flog ins Leere. Dabei brachte ihn sein eigener Schwung ins Straucheln. Ich zog mich noch ein Stückchen weiter zurück, denn dieser Kampf hatte gerade erst begonnen.
    Schnaubend vor Zorn fing Charnay sich wieder und ging erneut auf Drago los. Ich hörte unsere Gäste aufschreien, als er wie ein Stier, Kopf voran, losstürmte.
    Er lief erneut ins Leere.
    Stolperte gegen einen Tisch.
    Verkrallte sich in die Tischdecke und zerriss sie.
    Tatsächlich, er zerriss eine schwere Damastdecke wie ein Stück Papier.
    Mir wurde Angst. Der Mann entwickelte Kräfte wie ein Berserker.
    Wieder ging er auf Drago los. Etwas glitzerte in seiner Hand.
    Ein

Weitere Kostenlose Bücher