Goldmacher (German Edition)
bei einer Fünfzig-Gramm-Tagesproduktion vor.
»Das macht uns so leicht keine Goldmine nach! Sie müssen sich beeilen, meine Herren, wenn Sie dabei sein wollen«, rief der General am Ende seiner Rechnung enthusiastisch, »allerdings sind für Stufe 1 bereits alle Anteilsscheine gezeichnet«, schränkte er ein, »ebenso für Stufe 2, unsere Hundert-Gramm-Produktion. Für Stufe 3, bei der wir fünfhundert Gramm produzieren wollen, sind aber noch Volumen frei.« Damit wies er auf den Diplomingenieur und auf Dr. Willinger: »Diese beiden Herren werden Ihre Fragen bei einem kleinen Imbiss beantworten«, sagte er und verabschiedete sich mit einer knappen Verbeugung für dringende Geschäfte. Dr. Tausch zog sich in seine Kabine zurück, und Diplomingenieur Lowicki führte die kleine Gruppe der Besucher den Hügel hinunter zum alten Landhaus.
Dr. Willinger, der vorausgeeilt war, empfing die Interessenten im modernen Anbau, einem großzügig gestalteten Wintergarten. Dort erwartete sie eine opulente Brotzeit mit aufgeschnittenem Braten und verschiedenen Sorten Käse. Es standen auch Bierkrüge bereit und ein Korb mit salzbestreuten Brezen. Bewegt davon, Zeuge des Menschheitstraums der Goldherstellung geworden zu sein, griff jeder erst einmal zum Bierkrug, man prostete sich zu. Dann setzte man sich und speiste, während Dr. Willinger geduldig die aufgeregten Fragen zur Höhe der geplanten Investitionen und dem Erwerb von Anteilsscheinen beantwortete, erklärte Diplomingenieur Lowicki die geplante technische und zeitliche Umsetzung der Produktionsstufe 3. Und während man aß und trank und sich informierte, versicherte man sich immer wieder überschwänglich, Zeuge eines Wunders geworden zu sein, das jedoch eben auf keinem Wunder beruhte, sondern auf reiner Naturwissenschaft.
Wie die meisten der Interessenten entschloss sich auch Johann Bluhm, Anteilsscheine der Stufe 3 zu zeichnen. Allerdings entschied er sich, angesichts seines Vorhabens, an die Bluhm’sche Papierfabrik eine Druckerei anzugliedern, im Gegensatz zur Mehrzahl der Interessenten für eine größere Summe.
Auf dem Weg zurück in die niedersächsische Heimat konnte er es kaum erwarten, Katharina in ihre unmittelbar bevorstehende glänzende gemeinsame Zukunft einzuweihen. Doch wie enttäuschte es ihn, als er sie, während er von der Goldproduktion berichtete, die Stirn runzeln sah und bei der Nennung des Namens des doppelten Doktors auflachen hörte. Schließlich unterbrach sie ihn mit einem furiosen Blitzen in den Augen und fragte, ob denn der Willinger den Verstand verloren hätte. Erst als er den General als Begründer des Unternehmens und bedeutende Namen bisheriger Anteilseigner nannte, beruhigte sie sich etwas, wollte nun aber von ihm bestätigt wissen, dass er auf keinen Fall selbst die Absicht hege, Anteile zu erwerben.
Johann wagte nicht, ihr die volle Investitionssumme für die von ihm bereits gekauften Anteilsscheine zu gestehen. Er nannte nach einigem Zögern einen wesentlich geringeren Betrag. Den allerdings habe er gezeichnet.
Katharina wurde blass, murmelte Heilige-Mutter-Gottes, bekreuzigte sich und flüsterte, einer, der Gold mache, ob nun Doktor der Chemie und Doktor der Physik, müsse mit dem Teufel im Bunde stehen. Von Johann ließ sie sich versprechen, die Beteiligung sofort wieder zu verkaufen, notfalls das ganze Teufelswerk, selbst bei Verlust, zu vernichten. Sich mit dem Teufel einzulassen bringe Unglück. Johann schwieg. Er war Protestant und glaubte nicht an den Teufel, ganz im Gegensatz zu seiner streng katholischen Frau.
Drei Jahre wartete Johann vergebens auf die versprochene Gewinnausschüttung, dann konnte er den Konkurs nicht länger verhindern. Die Finanzierung der Anteilsscheine über einen Bankkredit war eine zu hohe Belastung für die Papierfabrik geworden, das Unternehmen war, obwohl sich die allgemeine Wirtschaftslage weiterhin stabilisierte, unaufhaltsam in rote Zahlen geraten. Johann musste seiner Frau die volle Wahrheit gestehen.
Zuerst glaubte Katharina seinen Worten nicht. Doch mit dem Konkurs der Fabrik konfrontiert, kreisten ihre Gedanken dann nur noch darum, wie sie, um ihre Familie vor dem Absturz in die Armut zu bewahren, dem Teufel in der Person des Goldmachers, so ihr Name für den Dr. Tausch, das Geld für die Anteilsscheine wieder entwenden könnte. Auch wenn Anton noch immer ihr ganzes Entzücken war, über ihr Vorhaben, dem Teufel ein Schnippchen zu schlagen, versank sie in ein grübelndes Schweigen, und
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