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Goldmarie auf Wolke 7

Goldmarie auf Wolke 7

Titel: Goldmarie auf Wolke 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Engelmann
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dem ultrakurzen Schottenrock herunter. Obenrum trug sie eine weiße Bluse und eine knallrote Krawatte, an den Füßen College-Schuhe. Ein energisches »Guten Morgen!« aus Herrn Schneiders Mund beendete das Thema und ab da waren wir beide vollauf damit beschäftigt, uns auf Sozialkunde zu konzentrieren. Oder beziehungsweise ich war damit beschäftigt. Julia zubbelte so lange an ihrer schwarzen Wollstrumpfhose herum, bis sie eine Laufmasche hatte. »Na toll. Jetzt kann ich direkt heimgehen«, murmelte sie und ich grinste still in mich hinein. Jeder, der Julia kannte, wusste, dass sie nie das Haus verließ, ohne ein Paar Reservestrümpfe und andere Notfallutensilien dabeizuhaben. Weshalb ihre Taschen auch immer die Größe eines Kleiderschranks hatten.
    »Frau von Menkwitz, alles in Ordnung bei Ihnen? Sitzt das Haar heute nicht, oder haben Sie versehentlich den falschen Lippenstift aufgetragen?«, fragte Herr Schneider in eisigem Tonfall.
    Unser Sozialkundelehrer hatte Julia auf dem Kieker, seit er sie zum ersten Mal gesehen hatte, und ließ keine Gelegenheit aus, um sie das spüren zu lassen.
    »Herr Schneider …«, begann Julia und setzte sich kerzengerade hin. OMG – was hatte sie denn jetzt vor?! »Sie unterrichten doch Sozialkunde, nicht wahr?« Der Lehrer nickte irritiert, alle Mitschüler hielten den Atem an. Es war so still im Klassenraum, dass man eine Fliege surren hörte. »Finden Sie es denn besonders sozial, wenn Sie mich hier auf eine so persönliche Weise vorführen?«
    Krabummm lag meine Federtasche auf dem Boden und ich wurde feuerrot. Auch Herr Schneider mutierte augenblicklich zum Feuerlöscher und ich sah seine Halsschlagader pochen. Die Sekunden, die nun folgten, erschienen mir wie Minuten – wenn nicht gar Stunden. Noch immer war es totenstill und ich wagte nicht, das Täschchen aufzuheben. In meiner Fantasie wurde Julia zum Direktor zitiert, flog von der Schule, bekam daraufhin keinen Ausbildungsplatz, demzufolge auch keinen Job und endete in kläglicher Armu. . . »Sehr gut gekontert, liebe Julia, Hut ab«, lachte da Herr Schneider plötzlich schallend los. Er kriegte sich gar nicht wieder ein, sodass wir alle mit einfielen. Alle, außer Julia, die jetzt guckte wie ein Auto. Nur wer sie so gut kannte wie ich, nahm den feinen Schweißfilm wahr, der sich auf ihrer Oberlippe gebildet hatte, ein untrügliches Zeichen für Angst.
    »Da hast du ja noch mal Glück gehabt«, wisperte ich, als die Stunde zu Ende war, und wir unsere Sachen packten, um zum Chemielabor zu gehen. »Das kannst du laut sagen«, japste Julia und folgte mir. »Einen kurzen Moment lang dachte ich, das war’s – jetzt gibt’s richtig Ärger. Aber andererseits fand ich, dass es an der Zeit war, dem Schneider mal zu zeigen, was Sache ist. Schließlich habe ich weder den Unterricht gestört noch sonst was Schlimmes gemacht. Das bisschen Quatschen kann er mir nun echt nicht vorwerfen! Und ich habe nicht vor, den Rest meiner Schulzeit dafür zu büßen, dass er irgendeinen Komplex gegenüber Leuten hat, die besser gestellt sind als er.«
    »Klingt gut!«, ertönte es auf einmal neben uns.
    »André, da bist du ja«, säuselte Julia und schenkte ihm ihr bezauberndstes Lächeln. Ich ging ein paar Schritte schneller, um die beiden alleine zu lassen. »Du musst nicht davonlaufen, Marie«, grinste André und sah dabei so umwerfend aus, dass ich Julia einen Moment lang verstehen konnte, auch wenn der Franzose an sich nicht mein Typ war. Er war mir eine Spur zu glatt, zu gut angezogen, zu sehr Pariser Charmeur, zu sehr Klischee. Ich mochte es lieber, wenn jemand durch und durch echt war, ein bisschen edgy . Lieber Ecken und Kanten als langweilige Perfektion.
    Ich war deshalb leider auch sehr wählerisch und überlegte es mir immer dreimal, ob ich mich in irgendetwas hineinstürzte oder nicht.
    »Halt, stopp, warte auf mich!«, rief Julia lautstark über den Gang, ihr Tête-à-tête war an unterschiedlichen Unterrichtsplänen gescheitert. André war zwei Jahrgänge über uns und ging demzufolge nicht in unsere Kurse.
    »Ich bin ja so was von aufgeregt«, zwitscherte Julia, offenbar war der Zwischenfall mit Schneider bereits Schnee von gestern.
    Im Augenblick gab es nichts Wichtigeres als das, was André gesagt, oder nicht gesagt hatte. Jede noch so kleine Silbe wurde gedreht, gewendet, aufwendig analysiert und kommentiert. Julias ganzes Glück hing von dem morgigen Date ab. Ich hoffte und betete, dass am Freitag auch wirklich alles

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