Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gorgon (Horror Stories 1) (German Edition)

Gorgon (Horror Stories 1) (German Edition)

Titel: Gorgon (Horror Stories 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Keiser
Vom Netzwerk:
jedenfalls aus.
    Linda wartete bis zum Schulgong. Dann packte sie ihr Rechenheft wieder in die Tasche und verließ als Erste das Klassenzimmer. Sie ging immer als Erste, damit sie sich keine dummen Bemerkungen anhören musste.
    Obwohl diese deutlich weniger geworden waren in der letzten Zeit.
    Für den Rest des Tages hatte sie schulfrei.
    Da sie so schnell das Klassenzimmer verlassen hatte, war sie auch die Erste auf dem Schulhof, auf dem es jetzt noch völlig still war. Sämtliche Schüler befanden sich wahrscheinlich noch in ihren Unterrichtsräumen.
    In der Nähe des Schultores stand ein Mädchen, das sie vom Sehen kannte. Die Schülerin stand ganz ruhig da und hatte ihr Pausenbrot in der Hand. Linda hatte sie schon oft so dort stehen sehen und ab und zu auch gegrüßt.
    Sie winkte ihr zu, aber das Mädchen schien sie nicht zu sehen.
    Dann eben nicht.
    Linda schlenderte gelangweilt nach Hause. Auf den Straßen war wie gewohnt wenig los, eigentlich überhaupt nichts. Wieder musste sie an Jamie denken. Auch er war wegen seiner kleinen Körpergröße oft verspottet und sogar verprügelt worden, aber er war älter als sie und konnte damit wohl viel besser umgehen. Er hatte diese Schwierigkeiten in der Schule immer erduldet und darauf gewartet, dass er sie dann irgendwann hinter sich haben würde.
    Sie selbst hatte da nicht so viel Geduld gehabt.
    Das hatte unter anderem auch Kevin Summers erfahren müssen. Nachdem er sie mal wieder Freak genannt hatte, war sie wütend geworden. Und in diesem Moment hatte sie sich nichts sehnlicher gewünscht, als eine ganz bestimmte Sache.
    Und diesen Wunsch hatte sie in Kevins rundes, dummes Gesicht gebrüllt.
    Das war vor drei Tagen gewesen, und daran musste sie jetzt denken auf dem mittlerweile ziemlich hindernisreichen Nachhauseweg. In den letzten Tagen hatte sich auf ihrem Schulweg eine Menge Geröll angesammelt, und sie musste um viele Steinhaufen herum gehen. Einige Autos standen verbeult mitten auf der Straße.
    Mit Kevin hatte sie seit dem Vorfall kein Wort mehr gewechselt, aber auch ansonsten war nicht mehr viel gesprochen worden. Anfangs hatte sie noch Menschen auf der Straße und in der Schule getroffen, Eltern von Mitschülern, Polizisten und alle möglichen Leute.
    Aber das hatte inzwischen vollkommen aufgehört.
    Linda betrat die Bäckerei, an der sie jeden Tag vorbei kam, aber es schien niemand im Laden zu sein. Sie legte etwas Geld auf die Ladentheke (zu den Münzen, die dort bereits lagen), nahm sich einen Donut und setzte ihren Nachhauseweg fort.
    Der Donut schmeckte ein wenig alt.
    Sie schloss die Haustür auf und rannte sofort in die Küche. Dort blieb sie eine Weile stehen und betrachtete Jamie, der am Tisch saß und seinen Teller Cornflakes noch immer vor sich hatte. Er hatte wieder nicht aufgegessen. Sie nahm den Teller, untersuchte ihn genauestens und stellte fest, dass er überhaupt nichts gegessen hatte. Er saß einfach nur still da und starrte sie vorwurfsvoll an. Und sie stand einfach nur still da (mit seinem Teller in der Hand) und starrte zurück. Ihre Familie hatte sich verändert, und besonders wegen Jamie machte sie sich große Sorgen.
    Seit Wochen sprach niemand mehr mit ihr. Ihre Eltern, Jamie und ihre kleine Schwester Carla sagten kein Wort. Für ihren Mathematiklehrer Mr. Altman war sie einfach nur Luft. Und wie sehr hätte sie sich gewünscht, dass dieser Idiot Kevin sie mal wieder necken würde, aber auch er blieb stumm, stets mit vorwurfsvollem Blick.
    „Ich wünsche mir etwas“, hatte sie Kevin während der Mathematikstunde angebrüllt.
    Mr. Altmann hatte gerade eine ziemlich komplizierte Rechenaufgabe an die Tafel geschrieben und sich dann wieder hinter sein Pult gesetzt.
    „Ich wünsche mir, dass alle Menschen, die mir so komisch wie du in die Augen sehen, augenblicklich aufhören zu leben!“
    Mehr hatte sie nicht gesagt, aber das hatte schon gereicht. Sämtliche Blicke in der Klasse (auch der von Mr. Altman) waren anschließend auf sie gerichtet gewesen. Linda war aufgesprungen und weinend aus der Klasse gerannt, ohne sich noch einmal umzudrehen.
    Einer ihrer Mitschüler fiel kurze Zeit später seitlich von seinem Stuhl und zerbrach in der Mitte.
    Nachdem sie eine ganze Weile so dagestanden hatte, stellte sie den Teller mit den Cornflakes wieder an Jamies Platz auf den Tisch.
    Als sie mit dem Teller versehentlich an seine dort ruhende Hand stieß, brach Jamies Daumen ab, kullerte vom Tisch und fiel auf den Fußboden. Linda hob ihn auf

Weitere Kostenlose Bücher